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Totengeld (German Edition)

Totengeld (German Edition)

Titel: Totengeld (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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dieAugen.
    Wieder wurde ich vom Klingeln desTelefons geweckt. Im Zimmer war es inzwischen dunkel.
    »Hallo?«
    Schweigen.
    »Hallo?«
    Das Schweigen klang hohl, als würde jemand lauschen. Oder den Hörer abdecken.
    Klick.
    Ebenfalls Entschuldigung,Arschloch.
    Ich ging den Gang hinunter, zog mir aus demAutomaten eine Cola light und fuhr meinen Laptop hoch.Während ich Fotos in eine PowerPoint-Präsentation kopierte, kehrten meine Gedanken immer wieder zu Gross zurück.
    Würden die Knochen, die ich in der afghanischenWüste ausgegraben hatte, über sein Schicksal entscheiden?

26
    Der Gerichtssaal war spartanisch: ein erhöhter Richtertisch hinten in der Mitte, dieTische vonVerteidigung undAnklage einander gegenüber, der Zeugenstand neben dem Richtertisch mit Blick in den Gerichtssaal, derTisch des Protokollführers vor dem Zeugenstand, eine leere Geschworenenbank und schließlich einige Plätze für Zuschauer.
    DerVorsitzende derAnhörung, Lieutenant Colonel Frank Keever, war grauhaarig und gepflegt und wirkte wie jemand, der sich nichts gefallen ließ. Major Christopher Nelson hatte einen blonden Bürstenschnitt und einen offensichtlich sehr langen Oberkörper. DerAnkläger wirkte im Stehen viel kleiner als im Sitzen.
    Ein Mann und eine Frau waren die einzigenAnwesenden in den drei Zuschauerreihen. Die Einzigen, die Zivilkleidung trugen. Eifriges Notieren deutete darauf hin, dass die beiden Journalisten waren.
    Als ich eintraf, saß Lieutenant John Gross bereits, den R ücken steif, die Finger auf derTischplatte verschränkt. Er war gebaut wie eine Bulldogge, kompakt, aber kräftig, mit einem Gesicht wie behauener Granit. Die Bügelfalten waren messerscharf. Jedes Haar war an seinem Platz.
    Pünktlich um 9:30 eröffnete Keever dieAnhörung und fragte Hawthorn, ob er mit der Beweisführung derVerteidigung fortfahren wolle.
    Ich wurde in den Zeugenstand gerufen.
    Gross’ Blick folgte mir, als ich den Saal durchquerte.Ansonsten bewegten sich an ihm kein Muskel, kein Haar und keineWimper.
    Hawthorn begann mit einerAufzählung meiner R eferenzen. Einige Fragen waren dieselben wie bei derAuswahl der Geschworenen vor zweiWochen in Charlotte.
    Hawthorn erwähnte, dass ich einen Doktortitel inAnthropologie und die Zulassung desAmerican Board of ForensicAnthropology hatte, einer Gruppe mit weniger als hundert Mitgliedern. Ich erklärte, dass ich keine Ärztin bin, sondern spezialisiert auf die Untersuchung skelettalen Materials, und dass ich bei der Bewertung menschlicher Überreste eng mit Pathologen zusammenarbeite.
    Hawthorn erwähnte meine frühereArbeit für JPAC und meineVertrautheit mit dem Militärischen. Er wies darauf hin, dass der Großteil meiner Arbeit den Zwecken der Anklage und nicht derVerteidigung diene.
    Ich bestätigte, dass ich eben ausAfghanistan zurückgekehrt war, wo ich die Exhumierung der Leichen vonAbdul Khalik Rasekh undAhmadAliAqsaee überwacht und im Krankenhaus der BagramAir Force Base die skelettalenAutopsien durchgeführt hatte.
    Gross beobachtete mich mit der Intensität eines Katers, der einen Spatzen imVisier hat. Hin und wieder zuckte sein linkes Unterlid.
    Dann kam Hawthorn zur Sache.
    Hawthorn: »Zu welchen Schlüssen, wenn überhaupt, gelangten Sie in Bezug auf die Eintritts- undAustrittspunkte der Kugeln?«
    »Im Falle von Mr. Rasekh zu keinen. Im Falle von Mr.Aqsaee kam ich zu dem Ergebnis, dass die Kugeln ihn im Bereich der Brust getroffen hatten und am R ücken wieder ausgetreten waren.«
    Keine R eaktion von Gross. Bis auf das Lidzucken.
    Hawthorn: » Warum konnten Sie bei Mr. Rasekh keine Geschossbahnen bestimmen?«
    »Die Zerstörung der Knochen war zu beträchtlich, um Eintritts- oderAustrittspunkte bestimmen zu können.«
    Hawthorn: »Aber bei Mr.Aqsaee konnten Sie solche Punkte bestimmen?«
    »Ja.«
    Hawthorn: »Bitte beschreiben Sie die Befunde, die Sie zu dieserAnsicht führten.«
    »Da gab es mehrere. Defekte an zwei Rippensegmenten, an Knochensplittern, dieTeile des Brustbeins gewesen waren, und an einemWirbel demonstrierten alle klassische Bruchmuster für Schusswunden in einer Flugbahn von vorne nach hinten. Metall- und Knochenfragmente, die ich auf R öntgenaufnahmen entdeckt habe, stützen diesen Befund. Mr.Aqsaee wurde in die Brust geschossen.«
    Gross blieb absolut bewegungslos, sein Gesicht war eine steinerne Maske.
    Hawthorn: »Können Sie kurz erklären, was passiert, wenn eine Kugel auf Gewebe trifft?«
    Ich umriss für das Gericht nun möglichst fachjargonfrei

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