Totengeld
»Ich bin völlig durchgeknallt.«
Ohne ein weiteres Wort gingen wir nach draußen und fuhren davon.
Und das war’s.
In den nächsten zehn Tagen sollte ich nichts über das Mädchen mit der pinkfarbenen Handtasche und der pinkfarbenen Haarspange erfahren, das im Kühlraum der Leichenhalle lag.
ZWEITER TEIL
16
Als ich am Samstagmorgen aufwachte, umschlang mich die Bettdecke wie eine Boa Constrictor. Ich hatte mich wohl im Traum hin und her geworfen, doch ich erinnerte mich an nichts.
Birdie war nirgends zu sehen.
Ich hielt mir den Wecker vor die verklebten Augen. 8:45.
Wenn das Frühstück zu spät kommt, nagt mein Kater entweder an meinen Haaren oder scheppert mit einem Keramikgefäß, in dem auf meiner Frisierkommode eine Seidenpflanze steht. Er ist gut. Beide Strategien nerven mich so sehr, dass ich aufstehe.
Merkwürdig, dass Bird mich heute nicht zum Aufwachen gequält hatte. Noch zu träge nach der Hafergrütze mit Eiern?
Aber am Abend zuvor hatte ich auf dem Nachhauseweg seine Lieblingsspeise gekauft. Iams-Katzenfutter. Er wusste nicht, dass ich ihm die kalorienreduzierte Version gab.
Ich stützte mich auf einen Ellbogen und schaute mich um.
Kein Kater.
Dann roch ich Kaffee.
Und hörte leise Musik. Good Day Sunshine ?
Verwirrt zog ich einen Trainingsanzug an und ging nach unten.
Auf dem Tisch im Esszimmer stand eine Schachtel mit Donuts. Servietten. Teller und Besteck. Butter und Marmelade.
Im Arbeitszimmer sangen die Beatles, dass sie lachen müssen.
Ich schob mich durch die Pendeltür zur Küche.
Pete stand an der Anrichte und goss Saft aus einem Karton in Gläser.
»Zuckerschnäuzchen.« Großes Pete-Grinsen. »Ich habe dich doch nicht aufgeweckt, oder?«
Gibt es auf diese Frage eine nicht sarkastische Antwort? Mir fiel keine ein.
»Was machst du denn hier?«
Und dann Panik.
Die man mir offensichtlich ansah.
»Keine Angst.« Pete hob beschwichtigend die Hand. »Katy geht es gut.«
»Hast du mit ihr gesprochen?«
»Es geht ihr gut.«
»Das ist keine Antwort.«
Pete verstaute den Karton im Kühlschrank und wandte sich wieder mir zu. Ein Grinsen kräuselte seine Mundwinkel, als er meinen Aufzug und die zerzausten Haare sah.
»Fang erst gar nicht an«, warnte ich ihn mit zusammengekniffenen Augen.
»Womit?« Voll jungenhafter Unschuld.
»Es ist viel zu früh für eine Fashion-Kritik.«
»Du siehst klasse aus, Zuckerschnäuzchen.«
»Nenn mich nicht so.«
»Hier.« Pete hielt mir ein Glas entgegen. »Das ist voller Vitamine.«
»Du klingst wie Anita Bryant.« Doch den Orangensaft nahm ich.
»Sie hatte recht.« Pete trank einen Schluck. Und führte aus: »Was die Orangen angeht. Prost.«
Pete klopfte mit seinem Glas an meins. Wir tranken beide unseren Saft aus.
»Wo ist Bird?« Ich stellte mein Glas ins Spülbecken.
»Verdauungsschlaf nach der Pastete.«
»Du hast ihm Pastete gegeben?«
»Entspann dich. Es war Hühnerleber, keine Gans.«
»Der Tierarzt hat ihm Diät verordnet.«
»Das hat er nicht gesagt.«
Ich verdrehte noch immer die Augen, als der Kater hereinkam. Pete hob ihn hoch.
Birdie schnurrte wie eine Ducati bei hundert km/h. Er mag meinen Ex. Immer schon.
»Weißt du, dass du ausgeraubt wurdest?«
»Was?« Ich schaute mich schnell in der Küche um.
»Dein Kühlschrank ist leer geräumt.«
»Bist du mal wieder witzig.«
»Ernsthaft. Er ist leer.«
»Ich hatte die letzten Tage ziemlich viel zu tun.«
»Die Fahrerflucht?«
»Hm. Bist du deswegen hier? Um nachzusehen, ob ich auch richtig esse?«
»Madam.« Mit großer Geste deutete er auf die Tür. »Sollen wir für Kaffee und Törtchen nach nebenan gehen?«
»Ich lasse mich nicht in dein Hochzeitsdrama mit hineinziehen.«
»Deswegen bin ich nicht hier.«
Wir gossen uns beide Kaffee ein, tröpfelten Sahne dazu und gingen ins Esszimmer. Pete setzte sich mir gegenüber an den Tisch.
»Butter und Marmelade?« Ich hob fragend eine Augenbraue.
»Man weiß ja nie.«
»Doch. Bei Donuts schon.«
Ich nahm mir einen mit Schokoladenüberzug und Streuseln.
Pete nahm sich kein Gebäck. Rührte seinen Kaffee nicht an.
»Wer zuerst kommt, mahlt zuerst«, sagte ich fröhlich. »Du hättest mehr mit Schokolade kaufen sollen.«
»Die sind alle für dich.«
»Was, keine Blumen?«
Das war ein alter Witz zwischen uns. Pete lachte nicht.
Na gut.
Während ich wartete, dass mein Ex zur Sache kam, fiel mir eine andere Möglichkeit ein.
»Gibt es ein Problem mit der Scheidung? Habe ich eins der Formulare
Weitere Kostenlose Bücher