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Totengeld

Totengeld

Titel: Totengeld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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Blanton lächelte und zeigte dabei übereinanderstehende obere Schneidezähne. »Texanerin, wissen Sie.«
    Da ich nicht wusste, wie ich darauf reagieren sollte, schwieg ich.
    Hinter Blanton sah ich, dass die Männer Welsted zuhörten und übereifrig nickten. In weniger als einer Minute war sie wieder da.
    »Fahren wir zu Ihrem Quartier.« Ohne auf eine Antwort zu warten, ging Welsted davon.
    Blanton zuckte die Achseln und nahm, trotz meines wiederholten Protests, meine Tasche.
    Wir stiegen in einen Transporter, dessen Fahrer von den beiden in Manas nicht zu unterscheiden war. Nach einer kurzen Fahrt und einer langen Sicherheitskontrolle erreichten wir einen Stützpunkt, der in der Dunkelheit von dem, den ich vor ein paar Stunden in Kirgisistan verlassen hatte, kaum zu unterscheiden war.
    Mit einem großen Unterschied.
    Hier würde ich nicht den Luxus eines Zweibettzimmers genießen. Keine Toilette gleich nebenan auf dem Gang.
    Mein Quartier bestand aus der einen Hälfte einer Hütte oder, genauer gesagt, einer Sperrholzkiste mitten in einem Gewirr von identischen Kisten auf einer Kiesfläche aus kiwi-großen Steinen. Der Innenraum, vielleicht zweieinhalb mal drei Meter groß, enthielt zwei Pritschen, zwei schnell zusammengenagelte Nachtkästchen, einen hölzernen Kleiderschrank, in dem sich eingeschweißte Pakete mit Trinkwasserflaschen stapelten, und einen Tisch voller staubiger Magazine und uralter Ausgaben von Stars and Stripes. Und erstaunlicherweise einen PC, der allerdings aussah wie zwanzig Jahre alt.
    Das waren die guten Nachrichten. Die schlechten?
    Die sanitäre Einrichtung war ein knöchelstauchendes Footballfeld entfernt.
    Nachdem Welsted mich informiert hatte, dass für morgen null-neunhundert eine Besprechung mit der Standortführung angesetzt war, verabschiedete sie sich.
    »Wollen Sie was zwischen die Zähne?«, fragte Blanton.
    Ich war zwar erschöpft, hatte aber seit dem Frühstück nichts anderes gehabt als Müsliriegel und Cola light.
    »Aber sicher.«
    Ich stellte meine Sachen ab. Unterwegs erzählte ich ihm von Katy. Er versprach, sie für mich ausfindig zu machen.
    Ein schneller Burger und Fritten, und ich war wieder in meiner Sperrholzkiste.
    »Frühstück um null-achthundert?«
    »Ich finde den Weg dorthin.«
    »Bei Tageslicht sieht alles anders aus.«
    »Sicher. Dann würde ich mich über eine Begleitung freuen.« Was ich wirklich tat.
    »Vielleicht sollte ich Ihre Kontaktdaten haben, falls es eine Planänderung gibt?«
    Ich gab ihm meine Handynummer und meine E-Mail-Adresse.
    Nach einem schnellen Ausflug zur Toilette stellte ich den Wecker, legte meine Taschenlampe aufs Nachtkästchen und fiel ins Bett.
    Das waren meine letzten Gedanken:
    Bis morgen früh wirst du nicht pinkeln.
    Warum die Spannung zwischen Welsted und Blanton?
    Stiefelgetrampel auf Sperrholz weckte mich. Hinter der Trennwand zu meiner Linken Männerstimmen. Über mir kreischten Flugzeuge.
    Ich schaute auf die Zeitanzeige meines iPhone.
    6:50. Wie lange hatte ich geschlafen? Nicht lange genug.
    Ich schaute mich um, hoffte, dass ich die triste Kammer am Abend zuvor unterschätzt hatte. Hatte ich nicht.
    Nackte Wände, Linoleumboden, hier und dort angeheftete, sich aufwölbende Poster und Fotos. Kein Fenster. Eine Steckdose pro Bett. Eine typische Unterkunftshütte. Schnell auf-und wieder abgebaut. Mit einer Haltbarkeit von drei bis fünf Jahren.
    Ich zog mich an, nahm Toilettenköfferchen und Taschenlampe in die Hand und machte mich auf meinen Hundertmetermarsch.
    Und erhielt meinen ersten atemberaubenden Blick auf Bagram.
    Berge erhoben sich in einem Kreis um mich herum, hoch und gebieterisch, die schneebedeckten Gipfel strahlend weiß vor einem Himmel zwischen Dämmerung und Tageslicht.
    Während ich an den Reihen der Hütten vorbeiknirschte, dachte ich an Katys E-Mail-Bemerkungen. Nicht gerade das Hilton, hatte sie gesagt, aber besser als Zelte. Ihr Hauptproblem war das Ungeziefer gewesen. Man durfte keine Schokoriegel herumliegen lassen. Keine halb ausgetrunkenen Limonaden. Ich musste lächeln bei der Vorstellung, dass meine Tochter täglich ihre Unterkunft putzte.
    Und merkte dabei, dass ich mich suchend umschaute. Zwei schlanke Beine auf der Treppe. Ein blonder Pferdeschwanz, der in einer Kabine verschwand.
    Konnte ich im Umkleidebereich auf Katy treffen? In der Kantine? Unterwegs auf einer Straße?
    Beim Duschen lenkte ich mich ab, indem ich mir in Erinnerung rief, was ich vor meinem Abflug über Bagram in Erfahrung

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