Totengeld
stellte den Wecker. Dann fiel ich ins Bett.
Kirchenglocken läuteten.
Erschrocken öffnete ich die Augen.
Mein Hirn tastete.
Manas.
Ich griff nach dem Handy. Schaltete die Glocken aus. Schaute auf die Uhr.
7:45.
Zitternd zog ich Kampfanzug und Stiefel an, schnappte mir mein Toilettenköfferchen und ging den Gang hinunter.
Kurz über die Zähne und durch die Haare. Mit verschiedenen Bürsten.
Um null-achthundert öffnete ich die Tür nach draußen. Die Sonne war eine tief stehende weiße Scheibe in einem makellos blauen Himmel. Reif überzog das Gras wie Zuckerglasur.
Mensforth stand unten an der Treppe mit einer gefütterten, braunen Jacke über dem Arm.
»Guten Morgen.« Mit weißem Atem vor dem Mund.
»Guten Morgen. Soll ich meine Sachen mitnehmen?«
»Ja, Ma’am.«
Ich holte Reisetasche und Rucksack und polterte die Treppe hinunter.
»Nehmen Sie die da.« Mensforth hielt mir die Jacke hin.
»Glauben Sie, dass es so kalt wird?«
»Lieber haben und nicht brauchen als brauchen und nicht haben.«
»Das hat meine Mutter immer gesagt.«
»Meine auch.«
Wir lächelten beide. Ich zog die Jacke an.
»Danke.«
»Danken Sie Uncle Sam. Hunger?«
»O ja.«
»Gehen wir in die Kantine.«
Ein anderer Junge in Uniform saß jetzt hinter dem Steuer des Transporters. Knochendürr und mit kurz geschorenen Haaren.
Unterwegs unterrichtete Mensforth mich über die bevorstehenden Reisearrangements.
»Ihr Flug ins Einsatzgebiet startet mittags, was Abriegelung um null-neunhundert bedeutet. IBA kriegen Sie auf dem Flugfeld.«
Individual Body Armor. Meine persönliche Panzerweste. Darauf freute ich mich schon ganz besonders.
Der Junge bog ein paarmal nach links und nach rechts ab, dann hielt er vor einem Gebäude, das aussah wie ein Flugzeughangar.
Mensforth und ich zeigten die Ausweise und wurden in die Kantine eingelassen. Nachdem wir uns an einer der unzähligen Hähne die Hände gewaschen hatten, gingen wir in den Hauptraum. Die Luft roch schwer nach warm gehaltenem Essen. Würstchen. Corned Beef aus der Dose. Tortillas. Speck.
Soldaten in Kampfanzügen und Arbeiter in Zivil füllten sich ihre Tabletts an heißen und kalten Stationen, Salat-und Sandwichbars, Grills und Kühlregalen für Milchprodukte. Männer und Frauen aller Dienstgrade aßen zu Hunderten an langen Tischreihen.
Mensforth gab mir einige Anweisungen, die ich nicht richtig verstand, und ließ mich dann allein. Ich ging zu einem Büfett, an dem eine größere Schlange anstand.
Mein Instinkt war richtig gewesen. Große Metallbehälter boten normales mittelwestliches Essen an – Eier, Speck, Toast, Kartoffelrösti. Ich lud mir den Teller voll, stellte Saft und Kaffee dazu und fand dann einen freien Platz an einem Tisch neben einem Limonadenkühlschrank.
Weiter unten auf der Gegenseite fiel mir ein Mann in einer Uniform auf, die ich nicht kannte. Franzose? Pole? Neben ihm saß eine gut Zwanzigjährige mit einer Waffe von der Hälfte ihres Körpergewichts.
Das Klappern von Tabletts, das Klirren von Besteck und das Summen von Gesprächen wetteiferten mit Football-Übertragungen, die eine nach der anderen aus zahlreichen Bildschirmen an den Wänden drangen. Hin und wieder durchbrach das Stakkato von Gelächter den Lärmteppich.
Mensforth fand mich, und wir aßen schweigend. Sie hatte sich einen Burrito mit einer Art Käseüberzug ausgesucht. Nach dem Frühstück räumten wir unsere Tabletts weg und gingen zum Flugfeld.
Die Flugvorbereitung fand in einem weiteren hangarähnlichen Gebäude statt, in dem Fernseher ebenfalls Football brachten.
Soldaten saßen dicht zusammengedrängt auf Bänken, entweder mit geschlossenen Augen oder an einem Handy oder einem anderen Gerät, oder stumm auf einen der Fernseher starrend. Ich wunderte mich, als ich sie so sah. Ist Sport das neue Opium des Volkes?
Andere lümmelten auf ihren Kleidersäcken oder schliefen an die Wände gelehnt. Ob Männer oder Frauen, alle sahen wachsam aus. Und argwöhnisch.
Mensforth führte mich in einen Nebenraum mit Regalen und Körben voller Panzerwesten.
Persönliche Schutzausrüstung hat den Zweck, die eigene Person zu schützen. Was nicht heißt, dass sie einem auch passt. Vor allem wenn man zum weiblichen Geschlecht gehört.
Schutzwesten für die Verwendung über der Kleidung gibt es in vier Farben – waldgrüne Tarnung, Wüstentarnung, Universaltarnung und Kojotenbraun, das Kaki des Marine Corps. Mensforth gab mir eine Universalweste Größe S. Ich zog meine Jacke aus
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