Totengeld
Maschinengewehren zu, die Hügelflanke mit Feuer zu belegen. Sie pflügten den Hügel auf, und Eggers feuerte mehrere Stöße aus seinem M249. In diesem Augenblick hörte Eggers rechts von sich Schreie, die er als »Allah Akbar« interpretierte, und er hörte, dass der Lieutenant das Feuer eröffnete. Er drehte sich um und sah, wie die zwei Einheimischen in einem schrägen Winkel und mit ruckartigen Bewegungen zwischen dem Lieutenant und dem Haus taumelten, weg von der Einschlagstelle der Granate.
Als Eggers die Einheimischen sah, waren sie fünfzig bis zwanzig Meter von dem Lieutenant entfernt und wurden durch die Wucht der Kugeln zur Seite geschleudert. Als sie mit dem Gesicht nach unten zu Boden stürzten, warf Lieutenant Gross das Magazin seines M16 aus und steckte ein neues hinein. Eggers drehte sich, um wieder den Hügel unter Beschuss zu nehmen, doch kein Feind erwiderte das Feuer. Die Schützen an den Maschinengewehren hielten weiter die Hügelflanke unter Beschuss. Lieutenant Gross befahl Feuereinstellung, und es wurde still.
Lieutenant Gross beorderte seine Männer zu den Fahrzeugen zurück und ging mit dem Sanitäter zu den Verwundeten. Eggers untersuchte die beiden Einheimischen, und beide waren tot. Eine erste Durchsuchung erbrachte keinen Hinweis auf Waffen oder Sprengstoff an den oder in der Nähe der Leichen.
Der Sanitäter befand die Verwundeten für stabil, dennoch bedurften sie dringend medizinischer Versorgung. Lieutenant Gross entschied, dass ein Transport mit einem Fahrzeug schneller wäre, als auf einen Evakuierungshubschrauber zu warten, brach deshalb die Mission ab, ließ die Verwundeten in den Siebentonner laden und raste nach Delaram zurück. Die toten Afghanen wurden den Dorfbewohnern überlassen.
Ich hörte auf zu lesen, um aufzustehen und mich zu strecken und mir vorzustellen, was für ein höllisches Chaos in diesen wenigen Minuten geherrscht haben musste. Dann wandte ich mich wieder dem Bericht des Gunnery Sergeant zu. Im Wesentlichen hatte Sharp das Folgende herausgefunden.
Nur Gross und Eggers sahen, dass die Afghanen beschossen wurden, wobei Eggers die ersten Sekunden fehlten. Anfangs waren die beiden kooperativ gewesen und schienen keine Gefahr darzustellen. Nur Gross und Eggers hörten, dass die Männer etwas schrien. Gross behauptete, die Afghanen wären auf ihn zugestürzt. Nur Gross schoss auf sie. Es war unbestritten, dass die Männer unbewaffnet waren.
Sharp ging besonders auf Eggers’ Aussage ein und fasste sie sehr detailgenau zusammen:
Eggers war sehr erregt und dachte, beiden Einheimischen sei in den Rücken geschossen worden. Dachte, sie würden von der Explosion davonlaufen, nicht auf Gross zu. Warum dann ein Magazin mit dreißig Schuss auf diese Männer abfeuern? Das feindliche Feuer kam vom Hügel. Eggers meinte, den jüngeren Einheimischen von einer früheren Durchsuchung des Dorfes zu kennen. Der Junge hatte freundlich gesinnt gewirkt. Dorfbewohner hatten ihm gesagt, dass Übeltäter das Dorf infiltrieren, auf Patrouillen schießen und dann wieder verschwinden würden. Eggers war sicher, dass die Toten Nichtkombattanten waren.
Ich las den Bericht des Kompaniekommandanten Wayne Hightower, erfuhr aber nichts Neues. Eine Aktennotiz eines Special Agent des NCIS zitierte Hightower mit der Bemerkung, er habe als Vorgesetzter Lieutenant Gross nie einen Freibrief für die Erschießung von Zivilisten ausgestellt, und er habe seinen Vorgesetzten detailliert über den Vorfall berichtet.
Aus einer Aussage des Bataillonskommandanten Lieutenant Colonel Walter Roberts erfuhr ich, dass Roberts den kommandierenden Offizier von RCT-G Colonel Craig Andrews informiert hatte. Roberts hatte außerdem Lieutenant Gross seines Postens als Zugführer enthoben und ihn in die Etappe versetzt. Roberts bemerkte, dass der Gross-Fall das Potenzial hatte, sich zu einem schwerwiegenden Problem auf Regierungsebene zu entwickeln. Er empfahl, dass die Untersuchung »streng nach den Vorgaben des Gesetzes« durchgeführt werde.
Ich las eine Direktive von Andrews, die Sache Gross solle für Ermittlungen wegen einer möglichen Verbrechensanklage an das örtliche Büro des NCIS übergeben werden.
Ich stand auf, streckte mich und rollte die Schultern. Dann nahm ich mir die Ermittlungsakte des NCIS vor.
Zwei Dinge fielen mir sofort auf. Erstens war sie für einen Vorfall, der möglicherweise zu einer Verbrechensanklage führen konnte, bemerkenswert dünn. Zweitens war der Special Agent, der die
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