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Totengleich

Totengleich

Titel: Totengleich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tana French
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Abby lachte bloß und sagte: ›Mit dem Heißluftballon‹, und schob ihm einen Stuhl hin. Und nach kurzem Zögern setzte er sich und knurrte, ›Sorry.‹ Und das war’s.«
    Daniel lächelte zu dem Blatt hinunter, ein intimes kleines Lächeln, so zärtlich und staunend wie das eines Liebhabers. »Wie haben wir es bloß miteinander ausgehalten? Abby, die wie ein Wasserfall redete, um ihre Schüchternheit zu kaschieren, Justin, halb erstickt unter der seinen, Rafe, der die Leute links und rechts anblaffte, und ich. Ich war furchtbar ernst, ich weiß. Eigentlich hab ich erst in dem Jahr gelernt zu lachen … «
    »Und Lexie?«, fragte ich sehr leise. »Wie habt ihr sie gefunden?«
    »Lexie«, sagte Daniel. Das Lächeln spielte auf seinem Gesicht wie Wind auf Wasser, wurde breiter. »Weißt du, dass ich mich nicht mal erinnern kann, wann genau wir sie kennengelernt haben? Abby kann es vermutlich, du solltest sie fragen. Ich hab nur noch in Erinnerung, dass sie in den Wochen nach unserem Abschluss einfach immer da war.«
    Er legte das Blatt sachte neben sich auf die Bank und wischte sich die Finger mit seinem Taschentuch ab. »Es hat mich schon immer sprachlos gemacht«, sagte er, »dass wir fünf uns überhaupt gefunden haben – obwohl es so unwahrscheinlich war, obwohl jeder von uns einen so dicken Schutzpanzer trug. Abby hat einen Großteil dazu beigetragen, klar. Ich habe nie herausgefunden, welcher Instinkt sie so zielsicher geleitet hat, sie weiß es wahrscheinlich selbst nicht, aber du kannst dir vorstellen, warum ich seitdem ihrem Urteil vertraue. Dennoch, wir hätten uns so beängstigend leicht verpassen können, wenn ich oder Abby nur eine Stunde später zur Immatrikulation erschienen wären, wenn Rafe nur ein kleines bisschen barscher gewesen wäre und uns damit vergrault hätte. Verstehst du jetzt, warum ich an Wunder glaube? Ich hab mir oft vorgestellt, dass sich damals die Zeit umgedreht hat, dass der Schatten unseres zukünftigen Ichs zu dem entscheidenden Augenblick zurückgeglitten ist und jedem von uns auf die Schulter geklopft hat, geflüstert hat: Sieh mal, da, sieh hin! Der Mann da, die Frau da: Die sind für dich; das ist dein Leben, deine Zukunft, die da nervös in der Warteschlange steht, den Teppichboden volltropft, an der Tür herumlungert. Lass sie dir nicht entgehen. Wie sonst hätte so etwas passieren können?«
    Er bückte sich und sammelte unsere Kippen von den Steinplatten auf, eine nach der anderen. »In meinem ganzen Leben«, sagte er schlicht, »sind diese vier Menschen die einzigen, die ich je geliebt habe.« Dann stand er auf und ging über den Rasen zum Haus. Er hielt die Flasche und das Glas in einer Hand und die Zigarettenkippen in der geöffneten anderen.

20
    Als die anderen zurückkamen, hatten sie noch immer schwere Lider und Kopfschmerzen und schlechte Stimmung. Der Film war ein Reinfall gewesen, sagten sie, irgend so ein Schwachsinn mit einem von den Baldwin-Brüdern, der pausenlos vermeintlich komische Missverständnisse erlebte, und mit einer Frau, die aussah wie Teri Hatcher, es aber nicht war. Das Kino war voll mit Jugendlichen gewesen, die deutlich jünger als erlaubt waren und die ganzen zwei Stunden damit zugebracht hatten, sich gegenseitig zu simsen und knisterndes Zeug zu futtern und gegen Justins Rückenlehne zu treten. Rafe und Justin redeten sehr offensichtlich noch immer nicht wieder miteinander, und Rafe und Abby jetzt offenbar auch nicht mehr. Das Abendessen – die Reste von der Lasagne vom Vortag, oben knusprig und unten angebrannt – verlief in angespanntem Schweigen. Niemand hatte sich die Mühe gemacht, einen Salat zu machen oder den Kamin anzuzünden.
    Als ich schließlich kurz davor war loszuschreien, blickte Daniel auf und sagte in aller Ruhe: »Übrigens, Lexie, ich wollte dich um einen Gefallen bitten. In meinem Montagskurs würde ich gern Anne Finch besprechen, aber ich bin in der Materie nicht mehr ganz fit. Würde es dir was ausmachen, mir nach dem Essen ein bisschen auf die Sprünge zu helfen?«
    Anne Finch hat ein Gedicht aus der Perspektive eines Vogels geschrieben, sie tauchte hier und da in Lexies Dissertationsnotizen auf, und da der Tag nun mal nur vierundzwanzig Stunden hat, war das praktisch alles, was ich über sie wusste. Rafe hätte so eine Nummer aus reiner Gehässigkeit abgezogen, nur um mich zu piesacken, aber Daniel öffnete den Mund niemals ohne einen triftigen Grund. Unsere kurze seltsame Allianz im Garten war zu Ende. Er wollte

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