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Totengleich

Totengleich

Titel: Totengleich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tana French
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letzter Gedanke . Ich konnte nicht mal sagen: Bitte . Ich konnte bloß dasitzen, auf dem Futon, eine Hand ausgestreckt, ohne zu atmen, und inständig hoffen, dass ich nicht zu lange gewartet hatte.
    Sam fuhr sich mit einer Hand über den Mund. »Eines muss ich wissen«, sagte er. »Willst du dich wieder zur Undercoverabteilung versetzen lassen?«
    » Nein «, sagte ich. »Gott, nein. Nie im Leben. Das hier war was anderes, Sam. Das war eine einmalige Sache.«
    »Mackey hat gesagt –« Sam stockte, schüttelte angewidert den Kopf. »Dieses Arschloch.«
    »Was hat er gesagt?«
    »Ach, jede Menge Schwachsinn.« Sam ließ sich aufs Sofa fallen, als hätte jemand seine Drähte gekappt. »Einmal Undercover, immer Undercover, du würdest wiederkommen, jetzt wo du Blut geleckt hättest. So was in der Art. Ich könnte nicht … Ein paar Wochen lang war schon schlimm genug, Cassie. Wenn du wieder ganz zur Undercover gehen würdest … Das schaff ich nicht. Das halte ich nicht aus.«
    Ich war zu müde, um richtig wütend zu werden. »Frank hat Unsinn erzählt«, sagte ich. »Das kann er nun mal am besten. Er würde mich gar nicht in seiner Abteilung haben wollen, selbst wenn ich wollte – und ich will nicht. Er wollte bloß verhindern, dass du mich überredest, aus dem Fall auszusteigen. Er hat sich gedacht, wenn du glaubst, ich bin da, wo ich hingehöre … «
    »Klingt einleuchtend«, sagte Sam, »ja.« Er blickte nach unten auf den Couchtisch, wischte mit den Fingerspitzen Staub von der Platte. »Dann bleibst du also im DHG? Sicher?«
    »Wenn ich nach gestern noch einen Job habe, meinst du?«
    »Das gestern war Mackeys Schuld«, sagte Sam, und trotz der ganzen Erschöpfung sah ich, wie Zorn in seinem Gesicht aufflackerte. »Nicht deine. Dieser ganze Mist geht hundertprozentig auf Mackeys Konto. Die vom DIA sind keine Schwachköpfe. Die werden das einsehen, genau wie jeder andere.«
    »Es war nicht nur Franks Schuld«, sagte ich. »Ich war da, Sam. Ich habe zugelassen, dass die Sache aus dem Ruder läuft, ich habe zugelassen, dass Daniel eine Schusswaffe in die Hände kriegt, und dann habe ich ihn erschossen. Das kann ich nicht auf Frank abwälzen.«
    »Und ich hab zugelassen, dass er seine irrwitzige Scheißidee überhaupt erst in die Tat umsetzt, und damit muss ich leben. Aber er hatte die Leitung. Wer so etwas anleiert, muss auch die Verantwortung für die Folgen übernehmen. Wenn er versucht, dir den Schwarzen Peter zuzuschieben –«
    »Das wird er nicht«, sagte ich. »Nicht sein Stil.«
    »Ich finde, das ist genau sein Stil«, sagte Sam. Er schüttelte den Kopf, vertrieb den Gedanken an Frank. »Darum kümmern wir uns, wenn es passiert. Aber angenommen, du hast recht, und er haut dich nicht in die Pfanne, um seinen Arsch zu retten, bleibst du dann im DHG?«
    »Vorläufig ja«, sagte ich. »Aber auf lange Sicht … « Ich hatte nicht mal gewusst, dass ich es sagen würde, ich hätte nie damit gerechnet, dass es mir je über die Lippen kommen würde, aber sobald ich die Worte hörte, hatte ich das Gefühl, als hätten sie seit jenem leuchtenden Nachmittag mit Daniel unter dem Efeu darauf gewartet, dass ich sie fand. »Ich vermisse das Morddezernat, Sam. Ich vermisse es wahnsinnig, die ganze Zeit. Ich will zurückkommen.«
    »Ja«, sagte Sam. Er legte den Kopf nach hinten und atmete tief durch. »Ja, das hab ich mir schon gedacht. Dann ist das mit uns also zu Ende.«
    Liebesbeziehungen zwischen Kollegen im selben Dezernat sind nicht erlaubt – wie O’Kelly es elegant formuliert, kein Gebumse auf dem Dienstkopierer. »Nein«, sagte ich. »Sam, nein, das muss es nicht. Selbst wenn O’Kelly bereit wäre, mich wieder zu nehmen, es könnte Jahre dauern, bis eine Stelle frei wird, und wer weiß, wo wir dann stehen? Vielleicht leitest du dann schon längst dein eigenes Dezernat.« Er lächelte nicht. »Wenn es so weit kommt, halten wir die Sache mit uns erst mal geheim. Das passiert andauernd, Sam. Das weißt du. Barry Norton und Elaine Leahy –« Norton und Leahy sind seit zehn Jahren im Betrugsdezernat und wohnen seit acht Jahren zusammen. Sie tun so, als hätten sie eine Fahrgemeinschaft gebildet, und bis hinauf zu ihrem Superintendent tun alle so, als wüssten sie von nichts.
    Sam schüttelte den Kopf wie ein großer Hund, der gerade aufwacht. »So will ich das nicht«, sagte er. »Ich wünsche den beiden nur das Beste und so, aber ich will was Reelles. Vielleicht wärst du damit zufrieden, so zu leben wie die zwei –

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