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Totengrund

Totengrund

Titel: Totengrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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Portionspackungen Kaffeeweißer und eine Schachtel Hundetrockenfutter hervor. Dann schüttelte er eine Handvoll der Pellets heraus und warf sie Bear zu. Anschließend hielt er Maura die Schachtel hin.
    »Hundefutter?«, fragte sie.
    »Für ihn ist es gut genug.« Rat deutete mit einem Nicken auf den Hund, der sein Abendessen begeistert hinunterschlang. »Besser als ein leerer Magen ist’s allemal.«
    Aber nicht viel besser, dachte sie, als sie resigniert in einen Brocken biss. Für eine Weile war das einzige Geräusch in der Höhle das Mahlen der drei Kiefer. Maura starrte den Jungen über die zuckenden Flammen hinweg an.
    »Wir müssen eine Möglichkeit finden, uns zu stellen«, sagte sie.
    Er kaute weiter mit grimmiger Konzentration, nur darauf bedacht, seinen Magen zu füllen.
    »Rat, du weißt genauso gut wie ich, dass sie hinter uns her sein werden. Wir können hier draußen nicht überleben.«
    »Ich sorge schon für Sie. Wir schaffen das.«
    »Indem wir uns von Hundefutter ernähren? Und uns in Schneehöhlen verkriechen?«
    »Ich weiß da einen Platz oben in den Bergen. Da können wir den ganzen Winter bleiben, wenn’s sein muss.« Er hielt ihr die Plastik döschen mit Kaffeeweißer hin. »Da. Als Dessert.«
    »Sie werden nicht aufgeben. Nicht, wenn das Opfer ein Polizist ist.« Ihr Blick fiel auf das Bündel, das die Waffe des toten Deputys enthielt. Rat hatte sie in einen Lappen eingeschlagen und in eine dunkle Ecke geschoben, als wäre sie eine Leiche, vor deren Anblick ihm graute. Sie dachte an einen Polizistenmörder, dessen Leichnam sie obduziert hatte. Er ist plötzlich durchgedreht und auf uns losgegangen – muss auf Drogen gewesen sein . So hatte die Version der Polizisten gelautet. Doch die Blutergüsse am Rumpf des Toten, die Platz- und Schnittwunden im Gesicht und auf der Kopfhaut hatten ihr eine andere Geschichte erzählt. Töte einen Polizisten, und du wirst dafür bezahlen , das war die Lektion, die sie daraus gelernt hatte. Sie betrachtete den Jungen, und vor ihrem inneren Auge sah sie ihn plötzlich auf dem Obduktionstisch liegen, misshandelt und blutig geschlagen von den Fäusten rachsüchtiger Gesetzeshüter.
    »Nur so haben wir eine Chance, sie zu überzeugen«, sagte sie. »Nur wenn wir uns gemeinsam stellen. Sonst werden sie denken, dass wir diesen Mann mit seiner eigenen Pistole ermordet haben.«
    Die nüchterne Einschätzung ihrer Lage schien ihn tief zu treffen; er senkte den Kopf, und das Trockenfutter fiel ihm aus der Hand. Sie konnte sein Gesicht nicht erkennen, doch im Schein des Feuers sah sie, wie er zitterte, und sie wusste, dass er weinte.
    »Es war ein Unfall«, versuchte sie, ihn zu trösten. »Das werde ich ihnen sagen. Ich werde ihnen sagen, dass du nur versucht hast, mich zu schützen.«
    Seine Schultern bebten noch heftiger, und er schlang die Arme um den Leib, als wollte er seine Schluchzer ersticken. Bear winselte und rückte näher, legte seinen mächtigen Kopf auf die Knie des Jungen.
    Maura streckte die Hand aus und berührte seinen Arm. »Wenn wir uns nicht stellen, sieht es so aus, als wären wir schuldig. Das verstehst du doch, oder?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Ich werde dafür sorgen, dass sie mir glauben. Ich schwöre, ich werde nicht zulassen, dass sie dir die Schuld an der Sache geben.« Sie schüttelte ihn. »Rat, vertrau mir dieses eine Mal.«
    Er riss sich von ihr los. »Lassen Sie das.«
    »Ich denke doch nur daran, was das Beste für dich ist.«
    »Sagen Sie mir nicht, was ich zu tun habe.«
    »Irgendjemand muss es ja tun.«
    »Sie sind nicht meine Mutter!«
    »Nun, gerade im Moment könntest du eine Mutter gebrauchen!«
    »Ich habe eine!«, schrie er. Er hob den Kopf, und auf seinen Wangen schimmerten Tränen. »Und was hat es mir genützt?«
    Darauf wusste sie keine gute Antwort. Schweigend sah sie zu, wie er verschämt die Tränen abwischte. Helle Streifen blieben auf seinem rußverschmierten Gesicht zurück. Während der letzten Tage hatte er sich stets tapfer bemüht, ein Mann zu sein. Die Tränen erinnerten sie daran, dass er noch ein Junge war – ein Junge, der jetzt zu stolz war, um ihr in die Augen zu sehen und ihr zu zeigen, wie viel Angst er hatte. Stattdessen richtete er seine Aufmerksamkeit auf den Kaffeeweißer, riss eine Packung auf und kippte sich den Inhalt in den Mund.
    Sie zog den Deckel von ihrer Portion ab. Etwas von dem Pulver rieselte ihr auf die Hand, und sie ließ Bear es aufschlecken. Nachdem er ihre Hand sauber geleckt

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