Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Totengrund

Totengrund

Titel: Totengrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
Vom Netzwerk:
Einzige«, sagte Arlo.
    »Ich decke ihn einfach wieder mit Schnee zu. Der ist so tief, dass sie gar nicht merken wird, dass der Hund immer noch da ist.«
    »Lass uns alle ins Haus zurückgehen«, schlug Elaine vor. »Mir ist furchtbar kalt.«
    »Ich verstehe das nicht«, sagte Maura, die immer noch vor dem Hund kauerte. »Hunde sind nicht dumm, erst recht nicht Schäferhunde. Er ist gut genährt und hat ein dichtes Winterfell.« Sie richtete sich auf und sah sich um, die Augen zusammengekniffen, um sich vor dem grellen Sonnenlicht zu schützen, das vom Schnee reflektiert wurde. »Das hier ist die Nordseite. Wie kommt es, dass er gerade hier gestorben ist?«
    »Im Gegensatz zu wo?«, fragte Elaine.
    »Maura spricht da einen interessanten Punkt an«, meinte Doug.
    »Ich verstehe nicht«, sagte Elaine, offenbar verärgert, weil niemand mit ihr ins Haus gehen wollte.
    »Hunde sind verständige Tiere«, fuhr er fort. »Sie wissen, dass sie sich vor der Kälte schützen müssen. Er hätte sich in den Schnee eingraben oder unter die Veranda kriechen können. Er hätte jede Menge Stellen finden können, wo er besser vor dem Wind geschützt gewesen wäre, aber das hat er nicht getan.« Er sah auf den Hund hinunter. »Stattdessen ist er hiergeblieben, wo er voll dem Wind ausgesetzt war. Als wäre er einfach tot zusammengebrochen.«
    Sie standen schweigend da, während eine Bö an ihren Kleidern zerrte. Der Wind pfiff zwischen den Häusern hindurch und wirbelte glitzernde weiße Kristalle auf. Maura starrte auf die tiefen Verwehungen, die das Gelände bedeckten wie riesige weiße Wellen, und sie fragte sich: Welche Überraschungen liegen hier noch unter dem Schnee begraben?
    Doug drehte sich um und sah die Straße entlang. »Vielleicht sollten wir uns mal in den anderen Häusern umschauen.«
    Zu viert gingen sie im Gänsemarsch auf das nächste Haus zu. Doug stapfte wie immer voran und bahnte einen Pfad durch den Tiefschnee. Sie stiegen die Stufen hinauf. Wie das Haus, in dem sie übernachtet hatten, hatte auch dieses hier eine Veranda mit genau der gleichen Schaukel.
    »Ob die wohl irgendwo Mengenrabatt gekriegt haben?«, meinte Arlo. » Kaufen Sie elf Schaukeln, und Sie bekommen die zwölfte umsonst? «
    Maura dachte an die Frau mit dem glasigen Blick auf dem Familienfoto. Und vor ihrem inneren Auge sah sie ein ganzes Dorf voller blasser, stummer Frauen, die auf diesen Schaukeln saßen und mechanisch hin und her schaukelten, wie Aufziehpuppen. Geklonte Häuser, geklonte Menschen.
    »Diese Haustür ist auch nicht verschlossen«, stellte Doug fest und stieß sie auf.
    Gleich dahinter lag ein umgekippter Stuhl.
    Einen Moment lang verharrten sie auf der Schwelle und grübelten, was dieser umgefallene Stuhl wohl bedeuten mochte. Dann hob Doug ihn auf und stellte ihn hin. »Also, das ist ja irgendwie merkwürdig.«
    »Seht mal«, rief Arlo und ging auf das gerahmte Porträt zu, das an der Wand hing. »Das ist derselbe Typ.«
    Das Morgenlicht fiel wie ein himmlischer Strahl auf das nach oben gewandte Gesicht des Mannes, als ob Gott selbst seine Frömmigkeit mit Wohlgefallen sähe. Als Maura das Porträt genauer in Augenschein nahm, fielen ihr Details auf, die sie bisher nicht bemerkt hatte: der Hintergrund aus goldenen Weizenfeldern, das weiße Bauernhemd mit den hochgekrempelten Ärmeln – als käme er gerade von der Feldarbeit. Und seine Augen, stechend und kohlschwarz, die in eine unendliche Ferne zu starren schienen.
    » Und er wird die Gerechten um sich sammeln «, las Arlo von der Tafel ab, die unter dem Rahmen angebracht war. »Ich frage mich, wer der Typ eigentlich ist. Und wieso hier alle sein Bild im Haus aufgehängt haben.«
    Maura entdeckte ein Buch, das aufgeschlagen auf dem Couchtisch lag. Es sah aus wie eine Bibel, doch als sie es zuklappte, sah sie den Titel, der in goldenen Lettern auf den Ledereinband geprägt war.
    Worte unseres Propheten
    Die Weisheit der Zusammenkunft
    »Ich glaube, das ist so eine Art religiöse Gemeinschaft«, sagte sie. »Vielleicht ist er ihr geistliches Oberhaupt.«
    »Das würde so manches erklären«, meinte Doug. »Das Fehlen von Strom; ihren primitiven Lebensstil.«
    »Ein Ableger der Amischen in Wyoming?«, fragte Arlo.
    »Eine Menge Leute sehnen sich heutzutage nach einem einfacheren Leben. Und das kann man hier in diesem Tal verwirklichen. Sie bauen ihr eigenes Getreide an, schotten sich von der Außenwelt ab. Kein Fernsehen, keine Versuchungen von außen.«
    Elaine lachte. »Wenn

Weitere Kostenlose Bücher