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Totenhauch

Totenhauch

Titel: Totenhauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Stevens
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konnte und seine Geister ihn nicht in Ruhe ließen.
    Schweigend stapften wir weiter durch den Tunnel. Es kammir so vor, als würden wir abwärtsgehen, aber ich war mir nicht sicher. Die klaustrophobische Enge und die extreme Dunkelheit hinter uns waren etwas verwirrend.
    Und überall Spinnweben. Ich konnte mir nicht vorstellen, wie viele es gebraucht hatte, um die über die Jahre zu weben.
    »Ich spüre sie in meinen Haaren«, sagte ich mit einem Schaudern.
    »Was?«
    »Die Spinnen. Sie sind überall. Es müssen Tausende sein. Millionen   …«
    »Denken Sie nicht darüber nach.«
    »Ich kann nicht anders. Wissen Sie, warum ich an Arachnophobie leide? Als ich zehn Jahre alt war, hat mich eine Schwarze Witwe gebissen.«
    »Als ich zwölf Jahre alt war, hat mich eine Mokassinschlange gebissen.«
    »Okay, Sie haben gewonnen.« Ich fuhr mir mit den Fingern durch die Haare und versuchte, die unwillkommenen Besucher herauszuschütteln.
    »Mir war nicht klar, dass das ein Wettbewerb ist«, meinte Devlin. »Sollen wir unsere Narben vergleichen?«
    Ich war ihm dankbar für den Versuch   – auch wenn er noch so kläglich war –, die Stimmung aufzuhellen. »Wo waren Sie, als Sie gebissen wurden?«
    »Mein Großvater hat eine Hütte in den Bergen. Als ich noch klein war, haben wir jeden Sommer eine Woche dort verbracht. Ich hatte ein altes Fahrrad da oben, mit dem bin ich über die Wege gedüst. An einem Nachmittag lag die Schlange quer über dem Weg. Ich habe sie nicht gesehen und habe sie überfahren. Sie hat sich um die Speichen gewickelt, und als ich versucht habe, das Biest mit dem Fuß herauszustupsen, hat sie zugeschnappt. Hat mich durch die Jeans ins rechte Schienbein gebissen.«
    »War es schlimm?«
    »Nicht so schlimm, wie man vielleicht meint. Mein Großvater hatte immer ein Gegengift in der Hütte. Er hat mir eine Spritze gegeben und Antibiotika gegen die Infektion.«
    Ich wollte gerade fragen, ob sein Großvater Arzt gewesen sei, doch dann fiel mir ein, dass Ethan erzählt hatte, Devlin stamme aus einer Dynastie von Rechtsanwälten. Er war tatsächlich das schwarze Schaf in der Familie, weil er nicht den traditionellen Weg gegangen war.
    »Mussten Sie nicht ins Krankenhaus?«
    »Nein. Laut meinem Großvater formt ein bisschen Leiden den Charakter. Ich war ein paar Tage ziemlich krank, aber das war auch schon alles. Ihre Schwarze Witwe war wahrscheinlich viel schlimmer.«
    »Das ist doch kein Wettbewerb.«
    »Stimmt. Wo hat die Spinne Sie erwischt?«
    »In der Hand. Ich habe einen alten Grabstein bewegt und ihr Heim und ihre Kleinen gestört. War ganz allein meine Schuld.«
    »Sie haben sehr viel Zeit auf Friedhöfen verbracht, was?«
    »Das ist mein Beruf.«
    »Auch schon, als Sie noch klein waren?«
    »Mehr oder weniger. Mein Vater war Friedhofsgärtner. Er war für mehrere Friedhöfe zuständig, aber mein Lieblingsfriedhof war der in der Nähe unseres Hauses. Rosehill. Haben Sie schon mal von dem gehört? Er ist eingezäunt mit Dutzenden und Aberdutzenden Rosenbüschen. Einige sind schon über hundert Jahre alt. Sie ranken sich an den Bäumen hoch und hängen von den Zweigen. Im Sommer duftet es dort wie im Himmel. Ich fand es wunderbar, dort zu spielen, als ich noch ein kleines Mädchen war.«
    »Sie haben auf einem Friedhof gespielt?«
    »Warum nicht? Es war ruhig und wunderschön. Ein perfektes kleines Königreich.«
    »Sie sind eine sehr seltsame Frau.«
    »Ich dachte, ich wäre pragmatisch.«
    »Seltsam, umwerfend und pragmatisch.«
    Mein Herz begann schneller zu schlagen. Diese Beschreibung gefiel mir, obwohl es so gar nicht zu ihm zu passen schien, so etwas zu sagen. Aus irgendeinem Grund musste ich bei dem, was er gesagt hatte, an Rhapsody denken. Seltsam, umwerfend und pragmatisch. Ein Mädchen, das Fußball spielen und andere verhexen konnte.
    Vor uns im Schein der Taschenlampe sahen wir immer noch nichts außer Ziegelwänden und Dunkelheit.
    Wir waren zwar erst seit ein paar Minuten unterwegs, doch wir hatten uns anscheinend schon weit von der Maueröffnung entfernt, durch die wir gekrochen waren. Ich fragte mich, ob die Verstärkung inzwischen gekommen war. Devlin hatte ihnen sicher gesagt, dass ich in der Kammer festsaß, aber woher sollten sie wissen, dass sie hier hinten nach uns suchen mussten? Wir waren inzwischen so weit weg, dass ich bezweifelte, dass sie uns hören würden, nicht einmal, wenn wir schrien.
    Devlin blieb so unvermittelt stehen, dass ich fast in ihn hineingelaufen wäre. »Was

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