Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Totenhauch

Totenhauch

Titel: Totenhauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Stevens
Vom Netzwerk:
Fußfesseln hängen an der Decke. Ein Flaschenzug. Und noch irgendein Apparat.«
    Daraufhin sagte er etwas, was ich nicht verstehen konnte.
    Ich starrte unverwandt auf die Ketten. »Hier hat er sie hergebracht, nicht wahr?« Ich fand es schrecklich, dass meineStimme zitterte, aber um darauf keine Gefühlsregung zu zeigen, hätte man viel stärker sein müssen, als ich es war. »Hier hat er es getan.«
    Devlin schien zu spüren, dass ich ziemlich mit den Nerven am Ende war. Wer wäre das nicht gewesen? In beruhigendem Ton sagte er: »Er ist jetzt nicht da. Außer Ihnen ist niemand da unten. Ihnen kann nichts passieren.«
    Ich nahm nichts mehr wahr außer dem panischen Hämmern meines Herzens. »Ich muss hier raus.«
    »Wir holen Sie umgehend da raus. Atmen Sie tief durch und versuchen Sie, sich zu entspannen. Sie sind Archäologin, vergessen Sie das nicht! Das hier ist Ihr Leben.«
    »Nicht mehr. Damit ist es vorbei.«
    »Bleiben Sie ganz ruhig. Alles wird gut.«
    Ich folgte seinem Rat und atmete tief durch. »Nur   … lassen Sie mich nicht allein, ja?«
    »Ich rühre mich nicht von der Stelle«, erwiderte er. »Sie müssen jetzt für mich die Augen offen halten. Sagen Sie mir, was Sie sonst noch sehen.«
    Ich wusste, dass er versuchte, mich abzulenken, doch ich war ihm so dankbar, dass ich mitspielte. »Der Fußboden und die Wände sind aus Ziegel. Die Stützbalken sind aus Holz.« Ich drehte mich um die eigene Achse. »Direkt gegenüber von Ihnen ist eine Öffnung in der Wand. Ich glaube, sie führt in einen Tunnel.« Noch ein Weg hinaus, noch ein Weg herein. Ich erschauerte. »Jemand hat Symbole auf eine Wand gemalt.«
    »Was für Symbole?«
    »Typische Grabkunst. Ich glaube, dass sie genauso verwendet wurden wie die Quiltmuster und Liedtexte zur Zeit der Underground Railroad . Ein zerbrochenes Rad für den Landweg, ein Anker für den Seeweg   …«
    »Was sonst noch?«
    »Sie können sich nicht vorstellen, wie dick die Spinnwebenteilweise sind.« Ich leuchtete mit der Taschenlampe in eine Ecke, die ich mir noch nicht genauer angesehen hatte. »In den Ecken sind sie wie Baumwollgaze, aber in der Mitte der Kammer hat man sie weggewischt.«
    Der Lichtstrahl drang durch die Fasern in die dunkelsten Winkel der Kammer. Ich spürte etwas auf meinem Arm und streckte ihn vor. Eine Spinne, so groß wie eine Faust, krabbelte an meinem Arm hoch. Ich erschrak so heftig und meine Nerven waren schon so schwach, dass ich aufschrie und sie wegschlug. Dabei taumelte ich rückwärts, stolperte über den Stuhl und verlor das Gleichgewicht. Die Taschenlampe knallte auf den Ziegelboden und ging aus.
    Ich hielt den Atem an, als die kalte Dunkelheit sich über mich legte. Dann hörte ich hinter mir einen lauten dumpfen Schlag und fuhr herum.
    »Amelia?«, rief Devlin mit leiser Stimme.
    Er war bei mir in der Kammer. Er hatte meinen Schrei gehört und sich aus sechs Metern Höhe in die totale Schwärze fallen lassen.
    Wow!
    »Ich bin hier.« Vielleicht bildete ich es mir nur ein, aber ich hätte schwören können, dass ich seine Körperwärme spürte, die mich anzog wie ein Magnet. Mit ausgestreckten Armen bewegte ich mich auf ihn zu. Als wir einander berührten, legte er mir die Hände auf die Schultern und neigte den Kopf, sodass er dicht neben meinem war.
    »Sind Sie okay? Was ist passiert?«
    »Da war eine Spinne auf meinem Arm, und ich bin in Panik geraten.« Ich reagierte schon auf seine körperliche Nähe. »Habe ich nicht erwähnt, dass ich an einer leichten Form von Spinnenphobie leide?«
    »Und trotzdem dachten Sie, es wäre eine gute Idee, durch einen Haufen Spinnweben zu kriechen?«
    »Normalerweise habe ich es im Griff«, erwiderte ich. »Aber bei den haarigen drehe ich immer durch.«
    »Gut zu wissen.«
    »Danke jedenfalls, dass Sie gesprungen sind, um mich zu retten. Ich fass’ es nicht, dass Sie das getan haben.«
    Er schwieg kurz. »Als Sie geschrien haben   …«
    Das leichte Zögern in seiner Stimme ließ meinen Puls schneller schlagen. Er hatte gedacht, ich sei in Gefahr, und war mir sofort zu Hilfe gekommen, ohne Rücksicht auf Leib und Leben. Das war   … allerhand. Es war zwar auch sein Job, doch ich beschloss, es nicht aus dieser Warte zu sehen. Meine erste Einschätzung passte eher zu meiner romantischen Sicht der Dinge.
    »Ich hab’ die Taschenlampe fallen lassen«, sagte ich, weil ich irgendetwas sagen musste und weil ich ihm nicht erzählen konnte, was mir in diesem Moment wirklich durch den Kopf

Weitere Kostenlose Bücher