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Totenhauch

Totenhauch

Titel: Totenhauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Stevens
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von Hannah Fischers Leiche auf dem Friedhof von Oak Grove nicht mit Emerson oder mit dem ersten Mord in Verbindung gebracht wurde. Hatte sie von Devlin erwartet, dass er alles vertuschte, was er möglicherweise über eine Verstrickung der Universität herausfand, weil er selbst ein Claw war?
    Nur der Crème de la Crème wurde die Mitgliedschaft angetragen, nur den Studenten, die wie Devlin aus einer privilegierten Familie stammten. Damals, als er in Emerson studierte, war der Orden zu Recht davon ausgegangen, dass Devlin eines Tages ein hohes Tier in der einflussreichen Anwaltskanzlei seiner Familie werden würde. Die lange Tradition der Devlins war zweifellos das Unterpfand für seine Stellung innerhalb der Geheimgesellschaft gewesen. Kein Wunder, dass er sagte, sie könnten ihm nichts anhaben. Er war einer von ihnen.
    Ich bekam keine Gelegenheit, ihn darauf anzusprechen, alsich in Oak Grove ankam. Es waren zu viele Leute dort. Auf dem Friedhof wimmelte es von Cops, über und auch unter der Erde. Devlin war fast den ganzen Vormittag in den unterirdischen Gängen. Ich ging den Friedhof allein ab und suchte nach frischen Grabungsspuren und nach geschändeten Gräbern, nach versteckten Hinweisen in Epitaphen und Bildsymbolen. Ich wusste genauso wenig, wonach ich eigentlich suchte, wie Dr.   Shaw, aber ich hatte das Gefühl, dass ich es wissen würde, wenn ich es gefunden hätte. Das hoffte ich zumindest.
    Um zwölf Uhr mittags war die Hitze mörderisch. Die Sonne brannte brutal herunter, und ich fühlte mich immer noch ein bisschen schwach von meiner Begegnung mit Devlin am Abend zuvor. Ich hatte meine übliche Friedhofskluft an: Stiefel, Trägerhemd und eine Cargohose. Die Hose war praktisch und hatte tiefe Taschen, in denen ich mein Werkzeug bequem unterbringen konnte, aber sie schmeichelte nicht gerade der Figur. Das Haar klebte mir am Kopf, und ich hatte weder Make-up noch einen Sonnenschutz aufgetragen   – ein dummes Versäumnis, denn ich spürte schon, dass ich einen Sonnenbrand auf den Wangen bekam.
    Devlin dagegen wirkte frisch und ausgeruht   – verdächtig voller neuem Leben –, als er aus dem mit Spinnweben überzogenen Tunnelsystem trat. Er kam auf mich zu, und zugleich näherte sich Ethan Shaw von einer anderen Ecke her, sodass sie direkt vor mir aufeinanderstießen. Anders als Devlin sah Ethan nach seinem Ausflug unter Tage leicht mitgenommen aus. Er trat auf mich zu und klopfte sich dabei den Staub und die Spinnweben von den Ärmeln.
    Die beiden Männer hätten nicht unterschiedlicher sein können: Devlin mit seinen schwarzen Haaren, dem durchdringenden Blick und dem grüblerischen Wesen und Ethan mit seiner braunen Mähne und den von der Sonne gebleichten Strähnen, dem unbefangenen Lächeln und den goldgesprenkelten haselnussbraunen Augen.
    Wie Tag und Nacht, dachte ich, und aus irgendeinem Grund fühlte ich mich unbehaglich bei dem Vergleich.
    »Ich muss gleich zurück ins Labor«, sagte Ethan zu Devlin. »Aber wenn Sie eine Minute Zeit haben, würde ich mich gern mit Ihnen über das Skelett unterhalten, das wir gestern exhumiert haben.«
    Die Angelegenheit war mir ein wenig unangenehm. Ich wusste nicht, ob ich gehen sollte, damit sie sich unter vier Augen unterhalten konnten, oder ob ich bleiben und mir anhören sollte, was Ethan zu sagen hatte.
    Keinen der beiden schien es besonders zu interessieren, ob ich zuhörte oder nicht, also beschloss ich, mich nicht von der Stelle zu rühren.
    »Es handelt sich um eine Frau, eine Weiße, Anfang zwanzig«, sagte Ethan. »Etwa einen Meter sechsundsiebzig groß und fünfundfünfzig Kilo schwer. Plus-minus.«
    » PMI ?«, fragte Devlin.
    »Fünf bis zehn Jahre. Ich würde sagen, eher zehn.«
    Devlin runzelte die Stirn. »Sie war lange unter der Erde.«
    »Normalerweise würde das die Identifizierung erheblich erschweren, aber sie hat viel an ihren Zähnen machen lassen, sodass wir einen Anhaltspunkt haben, und sie hat umfangreiche prämortale Verletzungen.«
    »Wie lange vor ihrem Tod?«
    »Monate davor. Rippenbrüche und ein gebrochenes Schlüsselbein, Wirbelbrüche, Fraktur des Beckens und des rechten Oberschenkelknochens. Ich nehme an, dass sie einen schweren Unfall hatte, höchstwahrscheinlich einen Autounfall. Sie war zwar auf dem Weg der Besserung, aber ich könnte mir vorstellen, dass sie unter chronischen Schmerzen gelitten hat und dass sie Monate, wenn nicht gar Jahre Physiotherapie vor sich gehabt hätte.«
    »Das grenzt die Suche erheblich

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