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Totenhauch

Totenhauch

Titel: Totenhauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Stevens
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davon, dass ich einen Bericht schreiben und Berge von Klausuren benoten muss.« Sie wirkte gelöst und sah ziemlich exotisch aus in ihrer senffarbenen Bauernbluse mit den aufgestickten Blumenmotiven. Dagegen sah ich in meiner engen Jeans und in dem Trägerhemdchen eher aus wie ein Schulmädchen. Ein bisschen nullachtfünfzehn.
    »Wann fährst du zurück nach Columbia?«
    »Erst wenn ich mir dein Skelett angeschaut habe. Und da wir gerade von Devlin sprechen, er hat mich angerufen. Er hat die Exhumierung auf morgen verschoben.«
    »Ja, ich weiß. Ethan Shaw hat mir vorhin eine Nachricht auf der Mailbox hinterlassen.«
    »Heißt das, dass du vorhast zu kommen?«
    Schwang da etwa Missbilligung mit in ihrem Tonfall? Oder war ich nach Devlins Zurechtweisung einfach nur zu empfindlich? »Ich wüsste nicht, warum ich nicht dabei sein sollte. Ich bin von Anfang an in den Fall involviert gewesen. Was mit ein Grund dafür ist, dass ich mich heute mit dir treffen wollte. Ich habe versucht, Recherchen über den Mord an Afton Delacourt anzustellen, aber online und in den Zeitungsarchiven finde ich nichts darüber.«
    Ihre gelöste Stimmung schwand, und sie lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück und starrte mit leerem Blick auf das Wasser. Ein Windhauch fuhr durch ihre dunklen Locken und durch die Palmetto-Wedel, die über die Balustrade hingen. »Warum bist du so besessen von diesem Mord?«
    »Ich würde es nicht besessen nennen«, erwiderte ich abwehrend. »Ich interessiere mich nur dafür. Auf dem Friedhof, auf dem ich sehr viel Zeit allein verbringe, wurden zwei, vielleicht sogar drei Mordopfer gefunden. Ich denke mal, da ist es nur verständlich, dass ich mir Sorgen mache.«
    »Vielleicht. Aber wir wissen doch beide, was hier wirklich abgeht, oder? Du überkompensierst. Etwas Aufregendes kommt in deine sichere kleine Welt, und du hängst dich mit beiden Händen dran.«
    »Das ist es nicht!« Aber ich fragte mich doch, ob meine heftige Reaktion zum Teil der Tatsache geschuldet war, dass sie den Nagel auf den Kopf getroffen hatte. »Und überhaupt, hast du nicht gesagt, ich könnte ein bisschen Aufregung gebrauchen?«
    »Damit habe ich wohl kaum gemeint, dass du dich in eine Morduntersuchung einmischen sollst.«
    Ich starrte sie über den Tisch hinweg an. »Warum ist es dir so unangenehm, über Afton Delacourt zu sprechen?«
    »Es ist mir nicht unangenehm. Die Sache ist schon so lange her, und ich sehe keinen Sinn darin, uralte Geschichten auszugraben.«
    »Und du willst Archäologin sein?«
    Sie lächelte mich spöttisch an und schien sich ein wenig zu entspannen.
    »Da ist was dran. Ich weiß, das klingt seltsam, aber es kommt mir irgendwie so … pietätlos vor. Ich habe das Gefühl, wir sollten das arme Mädchen lieber in Frieden ruhen lassen.«
    »Seltsam, dass du das so ausdrückst. Daniel Meakin hat neulich fast genau die gleichen Worte benutzt.«
    »Meakin?« Ihr Ton hätte kaum verächtlicher klingen können. »Wo bist du dem denn begegnet?«
    »Im Kellerarchiv der Universität.«
    »Hätte ich mir ja eigentlich denken können. Ich fürchte, der verbringt die meiste Zeit da unten. Der ist wie ein Maulwurf.«
    »Camille habe ich an dem Tag auch da unten gesehen. Ich glaube, sie hat uns belauscht.«
    »Das klingt nach Camille. Sie hatte immer schon die Angewohnheit, ihre Nase in Dinge zu stecken, die sie nichts angehen. Ich fand es immer ganz furchtbar, dass sie meine Sachen durchsucht hat, wenn ich nicht im Zimmer war.«
    »Hattest du wirklich etwas mit ihr oder wolltest du Ethan an dem Abend nur anmachen?«
    »Da lief tatsächlich was zwischen Camille und mir. Aber diese Frau hat so schrecklich viele dunkle Seiten. Und die bringen sie dazu, impulsive und verletzende Dinge zu tun. Genau wie die dunkle Seite, die Meakin dazu getrieben hat, einen Selbstmordversuch zu unternehmen.«
    »Glaubst du wirklich, dass er versucht hat, sich das Leben zu nehmen?«
    Sie schnippte mit dem Finger einen unsichtbaren Fussel von ihrer Bluse. »Sagen wir mal so: Die Narbe, die ich an seinem Handgelenk gesehen habe, war nicht gerade ein Kratzer. Sie war breit, wulstig, rot und hässlich. So eine Narbe, wie man sie von einer tiefen Schnittwunde bekommt. Ich kann es ihm nicht verdenken, dass er versucht, das Ding zu verdecken.«
    »Hast du ihn gut gekannt, als ihr in Emerson wart?«
    »Eigentlich nicht. Wir hatten ein paar Vorlesungen zusammen, aber privat haben wir nichts miteinander unternommen.« Sie wurde wieder ungehalten. »Warum stellst

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