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Totenhauch

Totenhauch

Titel: Totenhauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Stevens
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»Ich habe gehört, dass es unter manchen alten Friedhöfen Tunnelsysteme gibt. Einige wurden von der Underground Railroad benutzt, um geflohene Sklaven zu verstecken. Ist Ihnen klar, was das bedeuten könnte? Genau so eine Entdeckung braucht Camille Ashby, damit Oak Grove für die Aufnahme ins Staatliche Verzeichnis Historischer Stätten nominiert werden kann.«
    »Ich würde mit dem Feiern noch warten«, meinte er trocken. »Es könnte nichts weiter sein als ein großes Loch in der Wand. Und es gibt nur einen Weg, das herauszufinden.«
    Mit dem Kopf voraus kroch er in die Grabkammer. Zuerst verschwanden seine Schultern, dann sein Oberkörper, schließlich seine Beine und die Füße. Derweil wühlte ich in meiner Tasche, um meine Ersatztaschenlampe zu suchen.
    »Können Sie irgendetwas sehen?«
    Seine Stimme kam gedämpft zurück. »Da ist ein Raum oder eine Kammer, so etwa sieben Meter weiter hinten.« Er kroch wieder heraus aus dem Gewölbe, und seine dunklen Haare waren fast weiß von Spinnweben. Doch dieses Mal hütete ich mich, sie wegzuwischen. »Die Öffnung ist sehr schmal. Ich komme mit den Schultern nicht ganz durch, aber ich schätze, dass das Loch in der Kammer selbst bis zur Decke reicht.«
    »Ich bin kleiner. Vielleicht bekomme ich einen besseren Blick.«
    Zweifelnd sah er mich an. »Ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist. Es ist ziemlich eng da drinnen. Irgendwie gruselig, wenn man bedenkt, wo man ist.«
    »Für Sie vielleicht. Aber ich bin nicht nur Friedhofsrestauratorin   – ich bin auch Archäologin. Das hier ist mein Leben.«
    Er zog eine Augenbraue hoch und machte eine einladende Handbewegung in Richtung der Öffnung. »Tun Sie sich bitte keinen Zwang an   …«
    Ich überprüfte, ob meine Taschenlampe funktionierte, sah Devlin noch einmal an und kroch dann bereitwillig   – sogar begeistert   – in die Grabkammer.
    Ich arbeitete mich zentimeterweise vor, wobei mir der zerbröselnde Mörtel in die Hände schnitt, und ich wünschte, ich hätte Tante Lynroses Rat befolgt und Handschuhe angezogen.
    Ich zog mich zu der Öffnung hoch und leuchtete mit der Taschenlampe in ein Meer aus schimmerndem Weiß. So viele Spinnweben hatte ich noch nie gesehen. Ich fragte mich, wie lange sie wohl schon dort waren.
    Mit einer Hand stemmte ich mich hoch, während ich den Kopf und die andere Hand durch das Loch steckte und mit der Lampe nach unten leuchtete. Ich schwenkte die Lampe hin und her, sah weitere Ziegelwände und in der Ecke noch dickere Spinnweben.
    »Sehen Sie irgendetwas?«, rief Devlin von hinten.
    Als ich mich umdrehte, um ihm zu antworten, sah ich aus den Augenwinkeln etwas metallisch Glänzendes.
    Ich versuchte, mit der Taschenlampe in die Richtung zu leuchten, doch ich hatte mich fast mit dem ganzen Gewicht gegen die Wand gelehnt. Der Mörtel zerfiel, die Ziegel lösten sich, und ich fiel hart mit dem Kinn darauf.
    Vor Schreck fiel mir die Taschenlampe aus der Hand, und ich hörte, wie das Glas auf dem harten Boden der Kammer zerbrach.
    »Was war das?«, rief Devlin besorgt.
    Bevor ich antworten konnte, gaben die Ziegelsteine unter mir nach, und ich stürzte hinter meiner Taschenlampe her in die Tiefe.

SECHSUNDZWANZIG
    War ich tot?
    Ich lag ausgestreckt auf dem Boden in vollkommener Dunkelheit. Ich fühlte mich benommen, konnte kaum atmen und hatte den Geschmack von Blut im Mund.
    »Amelia!«
    Wie durch einen Nebel drang Devlins Stimme zu mir. Mühsam richtete ich mich auf, rieb mir den Hinterkopf und tastete behutsam meine Arme und Beine ab.
    »Amelia, können Sie mich hören?«
    »Ja. Ja! Ich bin hier unten!«, rief ich erregt und unnötigerweise. »Ich kann nichts sehen. Es ist stockdunkel.«
    »Sind Sie in Ordnung? Haben Sie sich verletzt?«
    Ich schüttelte den Kopf, um die Spinnweben loszuwerden. Spinnweben über Spinnweben.
    »Ich glaube, ich bin okay.«
    Langsam stand ich auf. Erst jetzt nahm ich die Schmerzen in den Handflächen und an den Knien wahr und spürte eine schmerzhafte Prellung an meiner rechten Hüfte. Einen stechenden Schmerz am Hinterkopf. Und immer noch hatte ich den metallischen Geschmack von Blut im Mund, weil ich mir auf die Zunge gebissen hatte.
    Ich griff in meine Hosentasche und suchte nach meinem Handy. Das hätte ein bisschen Licht geben können, aber ich hatte es in meiner Tasche gelassen. Mit weichen Knien tasteteich mich vorwärts durch die Dunkelheit und berührte schließlich die Wand. Sie war kalt, feucht und ein bisschen glitschig. Angewidert

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