Totenhauch
zog ich die Hand zurück. Als ich meine Sinne wieder beisammenhatte und wieder klar denken konnte, setzte die Panik ein. Wo war ich hier? Und wie zum Teufel sollte ich hier herauskommen?
Ich legte den Kopf in den Nacken und starrte nach oben in den Lichtstrahl von Devlins Taschenlampe. Er war direkt über mir, flackerte über mich hinweg, fuhr dann durch den Raum um mich herum und wieder zurück zu mir.
»Sind Sie sicher, dass Sie okay sind?«, rief er nach unten.
»Ja. Nichts gebrochen, wie es scheint.« Ich atmete tief durch, um meine Nerven zu beruhigen. Die Luft roch modrig, wie in einem feuchten Keller. »Können Sie mich hier herausholen?«
»Ja. Aber Sie müssen warten, bis ich Hilfe geholt habe. Halten Sie durch, okay?«
Das Licht verschwand.
»Warten Sie!«
Es wurde wieder hell, und ich sah Devlin am Rand des Gewölbes. »Ich muss anrufen, damit die ein paar Leute herschicken …«
»Ich weiß. Es ist nur …«
»Ich werfe Ihnen meine Taschenlampe runter. Fangen Sie sie auf.«
Ich machte mich bereit.
»Bei drei. Eins … zwei … drei …«
Mit nach oben leuchtendem Lichtstrahl fiel die Lampe zu mir herunter. Ich fing sie auf, brauchte aber einen Moment, bis ich das Metallgehäuse endlich fest in der Hand hielt.
»Ich bin gleich wieder da«, rief Devlin nach unten. »Halten Sie einfach durch.«
Es dauerte eine Ewigkeit, bis er zurückkam.
Doch jetzt, da ich die Taschenlampe hatte und die Erleichterung verspürte, dass ich keine ernsten Verletzungen davongetragen hatte, kehrte etwas von meiner inneren Erregung zurück. Ich drehte mich um die eigene Achse, ließ den Lichtstrahl durch den Raum wandern und sah mich prüfend um. Ziegelwände. Wieder ein Boden aus Ziegelstein. In jeder Ecke Spinnweben, die glänzten wie Zuckerwatte.
Auf die Wand, die sich gegenüber der Öffnung befand, waren große Symbole gemalt. Ich sah einen Anker, einen Kompass, ein zerbrochenes Rad. Alles gängige Grabsteinsymbole.
Unter den Bildern war wieder eine Öffnung, die gerade so groß war, dass ein Mensch hindurchkriechen konnte. Ich fragte mich, ob sie vielleicht in einen Tunnel und schließlich in die Freiheit führte.
Als ich mit der Lampe in das Loch leuchtete, huschte plötzlich etwas über den Fußboden und verschwand über der Kante der Ziegel. Ich sprang zurück und schnappte geräuschvoll nach Luft.
Eine Ratte. Nur eine Ratte.
Hastig wich ich von der Öffnung zurück und ließ das Licht abermals über die Symbole wandern. Weiß der Himmel, wie alt sie waren oder wie lange es her war, seit jemand sie zuletzt gesehen hatte.
Es war eine aufregende Entdeckung, aber dieser Ort setzte mir allmählich zu. Dieses Loch hatte etwas an sich – abgesehen von der Ratte –, das mich beunruhigte. Falls es von hier ins Freie ging, konnte auch jemand von draußen hier hineingelangen, in diese Kammer. Zu mir. Ich fühlte mich wie ein wehrloses Opfer, eine leichte Beute.
Ich hatte mich ganz langsam rückwärts und von der Öffnung wegbewegt und das Licht die ganze Zeit hin und her geschwenkt. Doch jetzt erstarrte ich, denn ich stieß mit den Beinen gegen etwas, das klirrend über den Boden schabte. Ich fuhr herum, richtete den Strahl der Taschenlampe auf denGegenstand und stieß einen erleichterten Seufzer aus. Jemand hatte einen metallenen Klappstuhl mitten in den Raum gestellt.
Eine seltsame Stelle dafür, dachte ich. Vielleicht war es ja doch noch nicht so lange her, dass zuletzt jemand hier unten gewesen war.
Was konnte man von diesem Stuhl aus sehen?
Ich stellte mich hinter den Stuhl und ließ das Licht der Taschenlampe über die gegenüberliegende Wand tanzen. Da war nichts.
Langsam ließ ich den Lichtstrahl über die Wand und über die Decke wandern. Die Kammer wurde von alten Holzbalken gestützt, und als das Licht die Düsternis durchbrach, sah ich wieder etwas Metallisches glänzen.
Ich richtete den Lichtstrahl an die Decke, bis mir klar wurde, was ich da sah. Eine Reihe von Ketten und Flaschenzügen waren an den Deckenbalken aufgehängt. An das Ende der Ketten waren Fußeisen geschraubt.
Die Fesseln gehen auf … Und nun gesegnete Ruh’.
»Devlin?«
Keine Antwort.
»John!«
Ich hörte ein kriechendes Geräusch, dann seine Stimme. »Was ist?«
»Sehen Sie das hier?« Ich fuhr mit der Lampe an den Ketten hinauf und hinunter und richtete den Lichtstrahl dann auf den Flaschenzug.
»Von hier oben kann ich nichts sehen. Was ist es denn?«
Ich atmete tief durch. »Ketten mit
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