Totenhaut
auf Ricks Computer an. Er druckte die Dokumente aus und setzte sich.
»Du liebe Zeit«, flüsterte er. »Der ist schon ein bisschen mehr als einen das kleine Dr. O’Connor auf dem Messingschild draußen am Beauty Centre vermuten ließe.«
»Schieß los«, forderte Jon ihn auf und beugte sich auf die Ellbogen gestützt vor.
»Das musst du dir auf der Zunge zergehen lassen: Dr. Eamon O’Connor, BDS, MB Bchir, FDSRC (Eng), FRCS (Eng), PhD. Er ist Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurg.«
Jon sah ihn verständnislos an. »Was soll das alles sein?«
»Frag mich was Leichteres«, antwortete Rick, während er das oberste Blatt überflog. »Geboren am 5. August 1948 in Dublin. Hat dort eine fünfjährige Ausbildung zum Zahnarzt gemacht, dann zwei Jahre Fortbildung zum Zahnchirurgen am Bart’s in London. Danach hat er sich am Royal College of Surgeons weiter spezialisiert, seine Prüfung gemacht und ist da schließlich als Zahnarzt Mitglied geworden.«
»Dann ist er also eigentlich Zahnarzt?«, fragte Jon und dachte an Tyler Youngs fehlende Zähne.
»Das war ja noch nicht mal die Einleitung. Er hat danach nämlich noch mal ganz von vorne angefangen und Medizin studiert. Vier Jahre Cambridge, dann war er Dr. O’Connor. Ein Jahr als Assistenzarzt am Guy’s, da hat er ein halbes Jahr Praktikum in Allgemeinchirurgie und ein halbes Jahr in Allgemeinmedizin gemacht.«
»Allgemeinchirurgie?«
»Warte«, sagte Rick. »Da kommt noch viel mehr. Als Nächstes hat er einen zweijährigen Turnus Basischirurgie absolviert. Erst ein Jahr im St.-Thomas-Krankenhaus, sechs Monate in der Notaufnahme und noch mal sechs Monate in der Herz- und Thoraxchirurgie. Und dann ein Jahr am Krankenhaus des University College in London. Da hat er plastische Chirurgie studiert. Dann hat er noch mal eine Prüfung gemacht und wurde als Chirurg Mitglied am Royal College of Surgeons. Danach hat er fünf Jahre als Oberarzt am Guy’s gearbeitet. Dort hat er eine Stelle als Konsiliararzt bekommen und angefangen, sich in Kraniofazialchirurgie zu spezialisieren.«
Den nächsten Absatz las Rick sich schweigend durch und kam dabei aus dem Kopfschütteln nicht heraus.
»Was sonst noch?«, drängte Jon ungeduldig.
»Hör dir das an. Hier steht, dass er während seiner Zeit als Konsiliararzt eine Menge Gesichtsrekonstruktionen nach schweren Traumata durchführte. Hat sogar ein paar Opfer aus dem Falklandkrieg operiert. Aber das Gebiet, auf dem er sich besonders gut auskennt und auf dem er selbst neue Methoden entwickelt hat, war die Entfernung von Teilen des Gesichts bei Tumorpatienten, damit Neurochirurgen an Tumoren an der Hirnbasis herankonnten.«
Jon stand auf. »Ist das dein Ernst?«
Noch ehe er um den Tisch herumgehen und sich die Dokumente selbst ansehen konnte, schubste Rick ihm die obersten bereits hinüber.
Jon setzte sich wieder hin und blätterte sie durch. Auf der letzten Seite hielt er inne. »Hier steht, dass er sich 1989 einer Anhörung vor der Standeskommission stellen musste. Hatte irgendwas mit seiner Eignung zum Arzt zu tun.«
»Eine Prüfung seiner Zuverlässigkeit bei der Ausübung des ärztlichen Berufs«, meinte Rick, der sich gerade ein anderes Blatt durchlas. »Die Kommission entschied, dass seine Zuverlässigkeit wegen psychischer Probleme infolge Medikamentenabhängigkeit eingeschränkt wäre. Er hat eine Operation vermurkst, und der Patient erlitt einen bleibenden Gehirnschaden.«
»Was hat er genommen?«
»Diamorphin.« Rick pfiff. »Er war heroinsüchtig. Wurde nach dem, was hier steht, als mildernder Umstand berücksichtigt. Ihm wurde bei einem Autounfall das Knie zertrümmert, und das hat letzten Endes zu seiner Abhängigkeit geführt.«
Jon schnippte mit den Fingern. »Der seltsame Fußabdruck! Er kam nie hinter seinem Riesenschreibtisch hervor. Wir haben ihn nie gehen sehen.«
Rick fuhr mit einem Finger die Seite hinunter. »Deshalb hat man ihn vorübergehend aus dem Ärzteverzeichnis gestrichen. Drei Jahre später wurde er wieder zugelassen, allerdings mit bestimmten Auflagen.«
Jon ließ den Ausdruck auf seinen Schreibtisch fallen. »Jetzt sag bloß noch, dass er nicht mehr operieren darf.«
»Genau«, bestätigte Rick. »Er ist nach Manchester gezogen und hat 1994 das Beauty Centre gegründet.«
Sie parkten in der Seitenstraße neben dem Beauty Centre. Jon warf einen Blick in den Hinterhof des Gebäudes.
»Der Range Rover steht da. Er muss also auch da sein.«
Dann sah er nach oben in den bleiernen
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