Totenhaut

ein geölter Blitz hier abzischt.«
    Sie fuhren ein Stück die Straße entlang und wendeten dann. Während sie warteten, betrachtete Jon die riesigen Kräne, die aus dem Dunst ragten, in den Ancoats gehüllt war. Einer drehte sich lautlos mit einer Ladung Balken an seinem Arm. Er erinnerte Jon an ein sanftmütiges Tier, das still graste. Doch von den Gebäuden davor schallte lautes Getöse herüber. Das Geräusch gemahnte mehr an Zerstörung, als würde dieser Teil der Stadt demoliert und nicht saniert.
    Es dauerte zehn Minuten, bis O’Connors Range Rover auftauchte. Er fuhr zur Kreuzung der Hauptstraße und bog dort rechts ab. Jon und Rick folgten ihm die Great Ancoats Street entlang. Die Scheibenwischer ihres Wagens versahen ihren Dienst mit höchster Geschwindigkeit. Sie passierten den schwarzen Glasbau, der früher die Räumendes Daily Express beherbergt hatte, und diverse andere aufgegebene Industriegebäude. Bald hatten sie die Kreuzung mit der A57 erreicht, gleich nach dem Hurlington Health Club. Der Range Rover bog links ab, weg vom Stadtzentrum, und hielt auf das Platinum Inn zu. Der Himmel über ihnen verdunkelte sich weiter, und mit einem Mal flackerten überall die Straßenlampen auf.
    »Wir sind genau da, wo der Schlächter seine Opfer ablädt. Er ist es. Er muss es sein!«, flüsterte Rick aufgeregt.
    Jon setzte die Verfolgung fort, zwei Autos zwischen sich und dem Rover. Sie fuhren am Motel und am Windhundstadion vorüber, schlichen im Schneckentempo durch Gorton, an Pleite gegangenen Läden und vereinzelten Massagesalons vorbei. Am Kreisverkehr, der zur M60 führte, nahm der Range Rover die letzte Ausfahrt, fuhr auf der langsamen Spur Richtung Süden weiter und hielt sich strikt an das Tempolimit von hundertzehn Kilometer pro Stunde.
    »Noch zwei Auffahrten, dann kommt die Abfahrt nach Didsbury«, sagte Jon, dem wieder eingefallen war, was Dr. Heath gesagt hatte.
    Doch O’Connor nahm schon die nächste Ausfahrt. Sie ließen sich zurückfallen und folgten ihm auf der A560, vorbei an einem Safeway-Supermarkt und einem mit Brettern verschlagenen Gebäude, über dessen Eingang der Name Quaffers gerade noch zu erkennen war.
    Fünf Minuten später fuhren sie durch das Ortszentrum von Romiley, einen Wagen hinter ihm. Dann endete die Hauptstraße, und die Läden wichen Reihenhäusern, aus denen bald Doppelhäuser und schließlich allein stehende Häuser wurden. Auf der linken Straßenseite begann das flache Land. In der Ferne tupften die Lichter von Bauernhäusern die dunklen Hügel. Nach etwa zweihundert Metern leuchteten die Bremslichter des Rovers auf, und er bog in eine von hohen Tannen gesäumte Einfahrt.
    Jon und Rick hielten am Straßenbankett. Eine Ligusterhecke schirmte das Haus von der Straße ab. Sie zwängten sich durch die tropfnassen Zweige in O’Connors Garten.
    Die Detectives kauerten sich hinter einen Rhododendron und sahen, wie der Arzt die Stufen zu seinem Haus hoch humpelte. Es war eine viktorianische Villa mit Holzgiebeln und einem dekorativen Ziegelband über den unterteilten Fenstern im Erdgeschoss. Das Außenlicht ging an, und O’Connor stellte seine Aktentasche ab, um die Haustür aufzuschließen.
    Dann leuchteten die Lichter in der Diele auf. Er kam wieder heraus und ging zum Heck des Wagens. Nachdem er einen Blick auf die Einfahrt geworfen hatte, öffnete er den Kofferraum und beugte sich hinein. Als sein Oberkörper wieder auftauchte und er sich mühsam aufrichtete, hielt er einen großen, in ein Laken gehüllten Gegenstand in seinen Armen.
    »Großer Gott!«, flüsterte Rick, als der Stoff verrutschte und Füße mit Damenschuhen zum Vorschein kamen.
    »Ach du liebe Scheiße«, entfuhr es Jon, und er richtete sich auf.
    Er spürte, wie Rick ihn hinunterzog, als der Arzt die Stufen zum Haus hoch stapfte und die Tür hinter sich zuschlug.
    »Warte, Jon. Wir müssen Verstärkung anfordern.«
    Jon schüttelte den Kopf. »Die brauchen mindestens eine halbe Stunde. Bis dahin kann sie tot sein.«
    Mit Mühe konnte Rick die Schrift auf dem Schild neben der Haustür ausmachen. Er tastete nach seinem Handy.
    »DS Saville hier. Wir brauchen Verstärkung. Wir haben eine mögliche Geiselnahme an folgender Adresse: The Briars, Compstall Lane … Ja, Einsatzfahrzeug mit Waffen und allem Pipapo. Unser Wagen steht am Straßenrand. Ein dunkelblauer Volvo, Kennzeichen Mike, Alpha, Zero, Zwo, Hotel, Tango, Foxtrot.«
    Er senkte das Telefon. »Sie sind unterwegs.«
    Jetzt war ein Licht in einem