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Totenhaut

Titel: Totenhaut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Simms
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brauchte, um das Angebot abzulehnen. Sie schluckte den Speichel hinunter, der sich schon gesammelt hatte, und sagte: »Nein, lieber nicht. Du weißt ja, Alkohol am Steuer und so.«
    Sie sah weg und lauschte nur, wie Dawn sich einen Schuss in ihre eigene Tasse goss. Es klirrte, als sie die Flasche wieder in die Schublade stellte.
    »Warum bist du so entschlossen, diese Alexia zu finden? Wenn sie überhaupt existiert.«
    Fiona heftete ihren Blick auf ihren Daumen, der eine nach der anderen die übrigen Fingerspitzen erforschte, wie ein Tier, das seine Brut zählt. »Es geht mir einfach gegen den Strich, mir vorstellen zu müssen, dass dieses arme Geschöpf mutterseelenallein auf der Welt ist.«
    »Mir auch. Aber man kann’s auch übertreiben. Ich glaube, du solltest versuchen, das Ganze zu vergessen. Das ist gefährlich, was du da machst, Fiona. Diese Suche.«
    Fiona fixierte immer noch ihre Hand, und als sie schließlich sprach, klang ihre Stimme, als käme sie tief unten aus ihrer Brust. »Ich hatte einmal eine Tochter. Emily. Aber sie ist gestorben.« Ihr Daumen setzte seine Untersuchungen fort, berührte jede einzelne Fingerspitze. Zählte sie nach. »Ich habe sie verloren, weil ich nicht für sie da war.«
    »Was ist passiert?«, fragte Dawn mit kaum hörbarer Stimme.
    »Jeff – mein Mann – hatte mich so richtig verprügelt. Das war das allererste Mal. Eines Nachmittags kam er nach der Arbeit wie ein Wahnsinniger hereingestürmt. Er hatte getrunken, und ich habe irgendwas getan – ich weiß nicht mehr, was –, das ihn wütend machte. Er drehte sich um und boxte mich in den Bauch. Einfach so, ohne Vorwarnung. Er hat so fest zugeschlagen, dass ich den Küchentisch umstieß, als ich fiel. Emily hat alles mit angesehen. Er hatte die Haustür offen gelassen, und sie rannte hinaus auf die Straße und schrie nach einem Tüta. Sie war vier, und das war ihr Wort für Rettungswagen.«
    Fiona liefen die Tränen hinunter.
    »Ich bekam keine Luft und konnte nicht aufstehen. Ich konnte nur daliegen und wie ein Fisch danach schnappen. Dann kam ein Auto. Ich hörte die Reifen quietschen.« Sie unterdrückte einen Klagelaut. Das darauffolgende Aufeinanderschlagen von Metall und Fleisch konnte sie nicht schildern.
    Dawn stellte ihr Glas ab und ergriff Fionas Hand. »Du gibst doch hoffentlich nicht dir die Schuld daran?«
    »Ich versuche, es nicht zu tun, aber es nützt nicht viel. Danach war nichts mehr wie früher. Für einen Augenblick die Kontrolle verloren, und unser Leben war ruiniert. Ich konnte mit ansehen, wie die Erkenntnis, was er getan hatte, ihn langsam zermürbte. Am Anfang war ich froh darüber, aber schließlich habe ich ihm vergeben, ich wollte retten, was noch zwischen uns zu retten war. Er konnte nie darüber reden. Ich habe mich so um ein gemeinsames Leben bemüht. Er war mein Mann, und trotz allem liebte ich ihn noch. Aber je mehr ich mich um ihn bemühte, desto mehr entfernte er sich von mir. Dann, vor vielleicht fünf Jahren, ist er wieder auf mich losgegangen. Und weißt du was?« Sie schüttelte den Kopf und lächelte betrübt. »Danach hat er mir zum ersten Mal seit Jahren gezeigt, dass er noch etwas für mich empfindet.«
    Dawn drückte Fionas Hand. »Verschwende nicht deine Zeit. Nicht du bist es, die ihn provoziert. Es ist seine Schuld, nicht deine.«
    Fiona nickte. »Ich weiß. Aber jetzt habe ich ständig dieses arme Mädchen im Kopf, das erstickt ist. Es könnte sein, dass ich die Letzte war, die ihre Stimme gehört hat. Abgesehen von dem Mann, der über sie hergefallen ist.«
    Sie sah zu Dawn hoch. »Dieses Zimmer wurde benutzt, stimmt’s? Du hast ein Paar da hineingelassen.«
    Dawn hob ihre Tasse, um zu trinken und um den Blickkontakt zu unterbrechen. »Ja, ich glaube schon. In dieser Nacht war aber ziemlich was los. Die Leute kamen und gingen, und ich war nach dem vielen Cognac, den wir getrunken haben, auch nicht mehr ganz auf der Höhe.«
    »Aber du erinnerst dich doch bestimmt, dass du den Schlüssel übergeben hast? Dann musst du dich doch auch erinnern, ob ein Paar wieder ging?«
    »Nein. Der Schlüssel fehlt, und die Tür schließt sowieso nicht richtig. Und wenn sie das Haus durch den Notausgang verlassen, bekomme ich gar nichts mit. Ich frage mich allerdings, ob das Zimmer überhaupt benutzt wurde, es war nämlich tipptopp. Und ich habe es bestimmt nicht sauber gemacht.«
    »Das war er. Das habe ich gehört, nachdem plötzlich alles ruhig wurde.«
    Dawn zuckte die Achseln. »Wer

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