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Totenhaut

Titel: Totenhaut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Simms
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weiß schon, was passiert ist?« Sie hob ihre Tasse und nahm einen kräftigen Schluck.
    Fiona sah ihr zu und dachte: Mein Gott, ich brauche was zu trinken. Sie stellte ihre Kaffeetasse ab. »Ich gehe jetzt lieber. Hör mal, ich möchte, dass du weißt, wie sehr ich deine Hilfe in dieser Nacht zu schätzen weiß. Sind wir noch Freunde?«
    Dawn lächelte. »Freunde! Ich wünschte nur, ich hätte dich in einem der oberen Zimmer einquartiert. Da oben ist alles so gut wie unberührt.«
    Als Fiona aufstand, sagte sie: »Ach ja! Ich habe meine eigene Wohnung. Viel ist es nicht, aber ich würde mich freuen, wenn du mal vorbeikämst.«
    Dawn sah aufrichtig erfreut aus. »Das mache ich gern. Dann bist du also bei Hazel ausgezogen. Was ist mit deinem Mann?«
    Fiona bog eine Hand nach hinten. »Geschichte. Er wird mich nie finden. Einmal bin ich zurückgefahren und habe alles mitgenommen, was ich brauche.«
    »Gut gemacht. Da bin ich aber wirklich froh.« Dawn ergriff ihre Handtasche und holte ein Adressbuch heraus.
    »Alles ist so aufregend«, meinte Fiona und diktierte Dawn dann ihre Adresse und Telefonnummer. »Rufst du mich bald an?«
    Dawn klappte das Buch zu. »Wird gemacht.«
     
    Fiona schob den Staubsauger auf dem kleinen, armseligen Stück Teppich vor und zurück. Nach einer Weile schaltete sie ihn aus und sah sich in ihrem Zimmer um. Es gab nichts mehr zu putzen. Tief in ihrem Inneren begann sich etwas zu regen. Es fühlte sich an wie Verzweiflung. Ich muss etwas tun, dachte sie, und gleichzeitig stieg das unscharfe Bild von Alexia vor ihrem geistigen Auge auf. Sie sah auf die Uhr. Viertel vor neun. Ob wohl schon viele Mädchen auf der Minshull Street unterwegs waren? Wahrscheinlich nicht. Ihr Blick blieb am Koffer hängen. Die Ginflasche darin war wie eine Funkstation. Sie sendete Signale aus, gegen die sie sich nicht länger wehren konnte.
    »Nur ein paar Tropfen – weiß Gott, die werde ich brauchen, da, wo ich gleich hingehe«, murmelte sie vor sich hin. Sie war froh, dass die Entscheidung gefallen war. Die Flasche klirrte gegen den Rand des Glases, und Gin gluckerte hinein. Sie ließ den Flüssigkeitspegel auf zwei Fingerbreit ansteigen, ehe sie die Flasche wieder aufrichtete. Der winzige Kühlschrank war voll, die Flasche Tonic gut gekühlt. Sie füllte das Glas bis an den Rand und trank viele kleine Schlucke rasch hintereinander, so dass sie bald ebenso viel getrunken hatte, als hätte sie alles auf einmal hinuntergestürzt.
    Der Alkohol zeigte fast augenblicklich Wirkung. In ihrem Kopf fühlte es sich an, als würde sie emporgehoben, und ohne dass sie es merkte, entrang sich ihr ein zufriedener Seufzer. Nun die nächste Frage: Was sollte sie anziehen? Etwas auch nur annähernd Schickes kam natürlich nicht in Frage. Sie legte ein schlabberiges Oberteil und einfache Hosen heraus, dann trank sie ihr Glas leer und machte sich schließlich auf den Weg in den Duschraum im ersten Stock.
     
    Der Zug fuhr in Piccadilly ein. Langsam durchschritt sie den Bahnhof und ging im Geiste durch, was sie sagen würde. Auf dem Vorplatz stehend, blickte sie die Rampe zu der Straße hinunter, die in die Innenstadt führte. Zwar versperrte ihr das Hotel Malmaison die Aussicht, doch jetzt wusste sie ja schon, dass nur ein paar Straßen dahinter eine andere Welt begann, eine Welt der Schatten. Sie löste sich aus dem Fluss der Menschen, die den hellen Lichtern der Piccadilly Gardens zustrebten, ging eine dunkle Seitenstraße entlang und trat auf einen beinahe leeren Parkplatz.
    Sie hörte das Träten einer Straßenbahn, die aus dem Tunnel unter dem Bahnhof auftauchte. Das Geräusch hatte einen Beiklang von Trostlosigkeit, der in der Nachtluft klar und deutlich widerhallte. Sekunden später wurde die Straßenbahn sichtbar, die sich unter dem wimmernden, quietschenden Protest der Räder auf ihren harten metallenen Gleisen in die Kurve legte. Ausdruckslose Gesichter blickten ihr aus den hell erleuchteten Waggons entgegen, dann war die Bahn verschwunden.
    Sie überquerte den Parkplatz und spähte dabei angestrengt auf die dunklen Stellen hinter den Bäumen, die die Minshull Street säumten. Bald machte sie eine einsame weibliche Gestalt aus.
    Plötzlich wusste sie nicht mehr, was sie sagen sollte. Wort- und blicklos marschierte sie an der Frau vorüber. Etwas zog sie in Richtung Portland Street. Schließlich stand sie an der viel befahrenen Straße und sah sich um. Eine grellbunte Bar lag direkt zu ihrer Rechten, und sie ging

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