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Totenhaut

Titel: Totenhaut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Simms
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hinein.
    Der doppelte Gin stand vor ihr, noch ehe sie sich’s versah. Sie warf einen Blick in ihre Börse. Sie hatte nicht das Geld, um sich Innenstadtpreise leisten zu können, nicht, nachdem sie so viel für ihre Wohnung ausgegeben hatte. Sie schwang bereits die Knie herum, um von ihrem Barhocker zu rutschen, da rempelte sie beinahe einen Mann an, der plötzlich mit einem Fünfzig-Pfund-Schein in der Hand neben ihr stand. Er war Ende vierzig, hatte schütteres Haar, aber schöne Augen.
    »Verzeihung«, sagte sie.
    »Zeit für noch einen?«, fragte er und nickte in Richtung ihres leeren Glases.
    Fiona öffnete den Mund und schloss ihn wieder. Seit Jahren hatte ihr niemand außer ihrem Mann einen Drink spendiert.
    »Schauen Sie nicht so überrascht.« Er klopfte auf die Getränkekarte auf dem Tresen – sie hatte sie bis zu diesem Moment nicht bemerkt. Donnerstagabend – Single-Abend! Jede Flasche Sekt zum halben Preis!
    Sein Lächeln entblößte eine Reihe weißer Zähne, ein Eckzahn war leicht abgesplittert.
    »Tut mir leid.« Fiona schüttelte den Kopf. »Sie haben mich auf dem völlig falschen Fuß erwischt.« Sie merkte, wie ihre Hand zu ihrem Gesicht wanderte. Die Wunde über ihrer Augenbraue wurde zwar immer unauffälliger, verursachte ihr aber trotzdem noch Unbehagen.
    »Warten Sie auf jemand anderes? Ich meine, ich hoffe, ich habe Sie nicht …«
    »Nein.« Wieder schüttelte sie den Kopf. »Ich bin nur auf einen Sprung hier. Ich will eigentlich woandershin.«
    »Ist da was Besonderes los? Ich bin geschäftlich hier und habe nicht die geringste Ahnung, wo ich hingehen könnte.« Er hob eine Hand ans Kinn und ließ sie lange genug da, um zu zeigen, dass er keinen Ehering trug.
    »Ähm, eigentlich muss ich nur etwas ausrichten. Das dauert sicher nicht lange.«
    Er blinzelte in dem Bemühen zu verstehen, was sie meinte.
    »Wenn die Person nicht da ist, bin ich in fünf Minuten wieder da«, erklärte Fiona und versuchte, nicht den Geldschein in seiner Hand anzusehen. Nicht daran zu denken, wie viele Drinks man damit kaufen konnte.
    »Dann sehen wir uns also gleich wieder?«
    »Ja, hoffentlich.«
    »Ich heiße übrigens Martin. Martin Mercer.« Er streckte ihr eine Hand hin.
    »Fiona«, antwortete sie, schüttelte ihm die Hand und kletterte dabei vom Hocker.
    Die Minshull Street erstreckte sich neben ihr wie ein schwach beleuchteter Tunnel. In ihren trüben Tiefen konnte sie die Umrisse von Mädchen erkennen, die von den Scheinwerfern eines langsam heranfahrenden Wagens erfasst wurden. Bevor sie es sich vor Angst anders überlegen konnte, schritt sie entschlossen voran.
    Das erste Mädchen, das sie erreichte, war erstaunlich konservativ gekleidet. Ihr Rock war zwar ziemlich kurz, aber ihre Schuhe hatten nicht diese lächerlich hohen Absätze, und die Jacke machte einen recht praktischen Eindruck. Sie hatte Fionas Schritte gehört, die sich ihr näherten, und behielt sowohl Fiona als auch die Straße im Auge.
    Als Fiona langsamer ging und schließlich stehen blieb, wandte das Mädchen sich zu ihr um, um sie genauer anzusehen. Fiona schätzte sie auf Ende zwanzig. »Hallo.«
    Sie nickte zur Antwort.
    »Ich weiß nicht, ob Sie mir helfen können. Ich suche ein Mädchen. Ich habe gehört, dass sie oft hier ist.«
    Die Frau zog ihre Augenbrauen hoch, also redete Fiona rasch weiter. »Sie benutzt den Namen Alexia, aber ich bin nicht sicher, ob es ihr richtiger ist.«
    »Wieso suchen Sie jemanden, von dem Sie nicht mal den Namen wissen?«
    Ihre Stimme hatte einen angenehmen schottischen Akzent, und vor Fionas geistigem Auge tauchten unberührte Täler auf. Wie war sie von dort nach Manchester gekommen? »Na ja …« Fiona verstummte. Die Frage hatte ihre Geschichte, dass Alexia die Tochter einer Freundin sei, mit einem Schlag zunichte gemacht. »Das ist eine verzwickte Geschichte.«
    »Das glaube ich«, erwiderte die junge Frau, ohne sie anzusehen. »Nie von ihr gehört.«
    Wieder kam ein Auto langsam angefahren, und sie stellte sich dichter an die Bordsteinkante, eine Hand an der Hüfte. Fiona wich nach hinten zum Baumstamm zurück, bis der Wagen vorübergefahren war. Doch als er weg war, drehte die Frau sich nicht zu ihr um, und Fiona schloss daraus, dass die Fragestunde damit beendet war.
    Die nächste Frau war älter und leicht übergewichtig. Auch sie trug eine vernünftige Jacke, doch ihr Reißverschluss stand fast völlig offen. Unter einem weißen Lycra-Oberteil wölbte sich üppig das Fleisch. Diesmal stellte

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