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Totenhaut

Titel: Totenhaut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Simms
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die Laschen ein wenig ungeschickt mit der linken Hand hoch und stellte eine Dose auf den Küchentisch. »Was für einen Unsinn lest ihr beide denn da?«, fragte er mit einem Blick auf das Hochglanzmagazin, das sie vor sich ausgebreitet hatten.
    »Das ist ein Artikel über Botox-Promis«, antwortete Ellie ohne aufzusehen.
    Der Text war gespickt mit Fotos prominenter Frauen, die sie vor den Kliniken wohlbekannter Schönheitschirurgen zeigten.
    »Ha!«, rief Alice triumphierend. »Wusst’ ich’s doch, dass die viel zu gut aussieht.«
    »Du hast recht«, stimmte Ellie zu. »Was war das noch mal für eine Premiere, wo sie ausgesehen hat wie eine gefledderte Leiche?«
    Jon musste einsehen, dass er von dieser Konversation eindeutig ausgeschlossen war. Er leerte den Inhalt des Eiswürfelbehälters in das Spülbecken, nahm eine Handvoll Würfel und legte sie auf ein Geschirrtuch. Er verknotete es und schleuderte es auf den Boden. Es gab ein lautes Knacken und das Eis zersplitterte. Sofort schnüffelte Punch an der Stelle herum, an der das Paket aufgeschlagen war.
    Jon setzte sich und streckte die Hand nach Alice geschwollenem Leib aus. »Wie geht’s dem Winzling?«
    »Der schläft im Moment. Aber vorher hat er rumgetreten wie ein Verrückter.«
    Jon lächelte und lehnte sich zurück.
    Eine Seite wurde umgeblättert. Da zeigte Ellie auf die Zeitschrift und sagte: »Na, bitte! Ich habe mir auch schon überlegt, ob ich nicht diese Diät mal ausprobiere. Bei ’ner Menge Promis hat’s geholfen.«
    Jon sah sie mit schief gelegtem Kopf an. »Du brauchst aber wirklich nichts abnehmen.«
    Ellie lächelte. »Oho, danke«, erwiderte sie und wandte ihre Aufmerksamkeit sofort wieder der aufgeschlagenen Seite zu. »Hört sich total einfach an. Und hin und wieder darf man sich auch mal was Verbotenes gönnen.«
    »Alice«, forderte Jon, »sag du’s ihr. Sie braucht nicht abnehmen.«
    Doch Alice hatte sich in die Seite vertieft. »Ja, klingt nicht schlecht. Vielleicht könnten wir’s zusammen angehen, wenn das Baby da ist. Dann muss ich nämlich wirklich ein bisschen was abspecken.«
    Mit einem Ausdruck der Resignation sah Jon zu Punch hinunter. »Hast du Lust, dir die Simpsons anzusehen?«
    Er hatte sich gerade bequem in seinen Lehnstuhl gefläzt, als Alice sich zur Tür hereinbeugte. »Mach’s dir bloß nicht zu gemütlich. Du weißt doch, wir haben heute was vor.«
    Jon streckte betont langsam die Beine aus und zerbrach sich den Kopf, was auf dem Programm stand.
    »Du hast es vergessen, gib’s zu! Verdammt noch mal, Jon, manchmal bist du ein richtiges Arschloch.«
    Er massierte sich einen nicht existierenden Schmerz in seinem Knie und überlegte fieberhaft. »Nein, habe ich nicht.«
    Als das Schweigen langsam unerträglich wurde, fiel es ihm plötzlich ein. »Die Elterngruppe im Gesundheitszentrum. Müssen wir schon los?«
    Alice ließ ihn nicht aus den Augen. Misstrauen lag in ihrem Blick. »Ja, halb sieben, genau wie in den letzten drei Wochen. Du fährst.«
    Sie bugsierte ihren Bauch wieder aus der Tür in den Flur. Voller Wehmut stellte Jon seine Dose auf den Tisch. Die Atmosphäre bei diesen Treffen war ihm extrem peinlich. Vielleicht waren es die glücklichen Gesichter der Vortragenden, während sie die bevorstehenden traumatischen Ereignisse des Langen und des Breiten beschrieben. Oder das eingemeißelte Lächeln der zukünftigen Eltern. Alle grinsten glücklich, doch ihr verzagter Blick verriet sie.
    »Bis dann, Punch«, sagte er, schaltete den Fernseher aus und trottete schicksalsergeben zur Tür. Draußen auf dem Flur hörte er Ellie in der Küche herumklappern. »Du kochst, Schwesterlein?«
    »Ja. Aber nur Spaghetti. Bis gleich.«
     
    »Guten Abend. Tee oder Kaffee?« Die ältere Frau strahlte sie an und hielt Alice die Schwingtüren der Gesundheitsberatungsstelle auf. Sie nahmen ihre Tassen entgegen und gingen über Filzteppichfliesen den Flur entlang in den Versammlungsraum. Die harten Plastikstühle waren schon zur Hälfte von anderen Paaren und zwei leicht verlegen dreinschauenden Frauen besetzt, die allein dasaßen.
    Jon sah sich um und fragte sich, wie viele andere Männer sich darüber ärgerten, dass die Kursabende ausgerechnet am Samstag stattfanden. Ziemlich viele, schätzte er, wenn er ihre Mienen so betrachtete.
    Er und Alice setzten sich und begrüßten das Paar neben ihnen mit einem Kopfnicken. Jon bemerkte die Gefängnistätowierungen auf den Fingern des Mannes und hätte gerne gewusst, wie oft er schon

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