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Totenheer (German Edition)

Totenheer (German Edition)

Titel: Totenheer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Siebert
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Herren der Welt, ihr glaubt an Titel und Befehle. Ich sollte dich töten, Gyland, meinen Hunger nach Lebenskraft an dir und deiner Besatzung stillen, doch dann w ä re niemand mehr da, um das Schiff zu steuern. Ein letztes Mal wiederhole ich mein Angebot: Bringe uns nach Bolwarien!“
    Gyland rappelte sich ächzend auf, mit weit aufgerissenen Augen sah er zu Larkyen zurück. Ganze zehn Schritte lagen zwischen ihm und den Unsterblichen. Gyland nickte zusti m mend.
    „Bitte verzeih, Herr“, hauchte der Schiffsherr. „Verzeih, dass ich dich nicht erkannte, doch wann rechnet ein einfacher Mann damit, einem leibhaftigen Unsterblichen gegenüberz u stehen. Ich bringe euch nach Bolwarien, wie abgemacht!“
     
    Wothar zog sich in die Kajüte des Schiffsherrn zurück, um für den Rest der Nacht zu schlafen. Larkyen beneidete den Sterblichen nicht um diese Schwäche, obwohl er sich manc h mal vorzustellen versuchte, wie es war zu träumen. Die Me n schen konnten von einer besseren Welt träumen, wenn sie die Augen schlossen und schliefen, das war ihre Flucht aus dem Alltag. Es half ihnen, ihre Ängste und Sorgen, aber auch ihre wunderbarsten Eindrücke zu verarbeiten, sich ihrer Wünsche und Begierden klarzuwerden. Götter jedoch schliefen nie, sie waren immer wach und nicht dazu bestimmt, der Welt durch Träume zu entfliehen. Vielleicht waren die Unsterblichen stat t dessen dazu bestimmt, all jene Welten zu erschaffen, von d e nen die Me n schen während des Schlafs träumten. Denn die Götter waren Schö p fer, so hieß es.
    Larkyen hatte sich vorne am Bug aufgebaut, sein Mantel fla t terte im Wind. Die Gischt spritzte in sein Gesicht, während er hinaus in die Ferne spähte. Wie den Gesprächen der Se e männer zu entnehmen war, würde schon bei Dämmerung Land in Sicht sein.
    Der Mannschaft war zunehmend unwohl in Larkyens G e genwart, sie warfen ihm jene Art von Blicken zu, die früher noch Gyland gego l ten hatten. Ein Seemann oben im Mastkorb, schlotternd vor Angst, stürzte vor lauter Unaufmerksamkeit beinahe in die Tiefe. Erst der kräftige Ruf des Schiffsherrn brachte ihm Besinnung bei.
    Larkyen dachte für einen Moment zurück an Patryous, rief sich ihr Antlitz vor Augen, die Perfektion ihres Leibes. Sie war ebenso schön wie sie auch gefährlich und todbringend war, sie war machtvoll durch so viele Jahrhunderte geschritten, und doch war binnen eines einzigen Atemzuges ihr Leib zerfallen wie trockenes Herbstlaub. Dass jemand wie sie, nun eine Ge i sel des Totenheers war, kam einer Schmach gleich.
    Ein langer Weg war nötig gewesen, damit er sich endlich seine G e fühle für sie eingestehen konnte und nun war sie ihm wieder entrissen worden. Wäre er ein Sterblicher, ein für Hof f nung und Wunscherfüllung betender Mensch, so hätte er sich vie l leicht eingestanden, dass der Verlust all jener, die er liebte, sein unabänderliches Schicksal war. Doch die Unsterblichen, so heißt es, sind diejenigen, die ihre eigenen Schicksale schmi e den. Das ist der Unterschied zwischen Göttern und Menschen.
    „Götter und Menschen“, flüsterte er. Er wollte an ihre g e meinsame Zukunft glauben, doch brodelte Zorn in ihm über die Niedertracht Wulfgars, über die lästigen Blicke der verängsti g ten Schiffsmannschaft. Wie lange noch, wie viel Zeit würde verstreichen, bis er, La r kyen, einen jeden Sterblichen seine Beute nannte?
     
    Am Horizont zeichneten sich erste Landmassen ab. Larkyen sah eine flache Küste mit langen Sandstränden. Irgendwo d a hinter erhellten die Lichter einer Stadt den Himmel.
    Aus dem Mastkorb drang der Ruf: Land in Sicht!“
    „Wir haben die Küste Bolwariens erreicht“, sagte Gyland, „und ste u ern nun auf den Hafen von Kaythan zu.“
     

Kapitel 5 – Erinnerungen
     
    Der Hafen der Stadt Kaythan war gewaltig. Auf einer großz ü gig au s gelegten Mole erhob sich ein mächtiger Leuchtturm, der in seiner kantigen Bauweise als das markanteste Wahrzeichen Bolwariens galt. Es hieß, sein Leuchtfeuer verwandle die Nacht zum Tag.
    An einem Teil des Ufers hatte man eine hohe Kaimauer e r richtet, d a hinter befanden sich mehrere Steinbauten mit flachen Dächern, ebe n so ein mit Soldaten besetzter Wehrturm.
    Von einer anderen Seite aus erstreckten sich parallel zuei n ander drei große Holzstege hinaus aufs Wasser.
    Es herrschte ein reges Treiben, überall tummelten sich Me n schen, deren Stimmen nur noch vom Geschrei der Möwen übertönt wurden.
    Larkyen zog sich die Kapuze seines Mantels

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