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Totenheer (German Edition)

Totenheer (German Edition)

Titel: Totenheer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Siebert
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über. Aus dem Schatten beobachtete er die Schiffe der verschiedensten Vö l ker. Besonders fielen ihm die braungebrannten Tharländer auf, die ihre gewaltigen Dreimastschiffe steuerten, die Lager unter Deck prall gefüllt mit Handelswaren jedweder Art. Er sah auch muskulöse Kedanier auf ihren flachen, aber wendigen Lan g schiffen. Fernab des hohen Nordens schien sich dieses eigen t lich so kriegerisch gesinnte Volk in den Vorzügen des Handels zu versuchen. Die dunkelhäutigen Hünen aus dem weit entfer n ten Zhymara trafen ebenfalls mit ihren Schiffen ein. Bei ihnen konnte es sich nur um Flüchtlinge handeln, denn Zhymara war in Gefahr, in dem vom Volk der Majunay begonnenen A n griffskrieg zu unterliegen.
    Für Larkyen, der es gewohnt war, seine Zeit in der Wildnis zu verbringen, war die Stadt fast unerträglich. Wann immer es möglich war, hatte er versucht, diese Orte geballter Zivilisation zu meiden. Wahrlich bargen die Städte und Siedlungen auch ihre Vorzüge, und die Menschen schienen in einem solch stab i len Umfeld ihre For t schritte zu erzielen, doch entfernten sie sich auch von der Natur. Der trügerische Geist der Trägheit konnte von ihnen Besitz ergreifen, ließ ihre Sinne verkümmern, ihre Muskeln erschlaffen und ihre Bäuche prall werden.
     
    „Unsere Wege trennen sich hier“, sagte Gyland, während sie sich auf dem Steg gegenüberstanden. Die Mannschaft lud Du t zende Holzk i sten von Deck. Einer der Seemänner führte die beiden Pferde an den Zügeln heran.
    „Wir könnten deine Dienste schon bald wieder benötigen“, sagte Wothar. „Wenn wir unsere Angelegenheit in Bolwarien erledigt h a ben, werden wir jemanden brauchen, der uns zurück nach Kentar bringt.“
    „Wie du weißt, fahren wir jede Nacht zwischen Bolwarien und der Insel Tarak-Norss hin und her.“
    „Die Geschäfte eines Schmugglers.“ Der Kentare lachte.
    „Eine Fracht wie euch beide habe ich jedoch noch nie g e schmuggelt. Solltest du also meinen Dienst benötigen, so fi n dest du mich mit großer Wahrscheinlichkeit von Morgens bis Abends in der Taverne Zum Enterhaken am Marktplatz. Immer bei Abenddämmerung laufen wir aus und steuern dann in Ric h tung Tarak-Norss.“
     
    Vor Larkyen und Wothar ragten die Fassaden mehrerer eng a n einander gebauter Häuser auf. Die meisten waren aus Stein, manche waren durch Brückenbögen miteinander verbunden. Ein mit Zinnen beset z tes Flachdach war mit mehreren Soldaten besetzt. Ihre eisernen R ü stungen glänzten in der Sonne.
    „Es ist lange her, dass ich durch diese Straßen ging“, sagte Wothar. „Damals kam ich als Feind, ich befehligte sechsta u send Soldaten, und binnen einer Nacht hatten wir Kaythan e r obert. Ich erinnere mich gut. Der Bürgermeister zu jener Zeit gehörte dem Klan der Balmoral an und versuchte, die Bevölk e rung gegen uns aufzuhetzen. Er und sein ganzer Klan zahlten teuer dafür. So sehr ich den Kampf auch suchte, heute wünsc h te ich, ein anderer Grund hätte mich d a mals hierher geführt.“
    „So manche Kaythaner werden sich mit Sicherheit noch an dich e r innern. Die Unterworfenen und Besiegten vergessen die Gesichter ihrer Peiniger nicht; sie interessieren sich nicht für die Gründe die du hattest. Alles was sie von dir wollen, ist dein Kopf.“
    „Du hast recht“, gestand Wothar ein. Auch er zog sich die Kapuze seines Mantels über.
     
    Wenngleich es Larkyen und Wothar vorzogen, den Blicken der me i sten Menschen schnell zu entgehen, kamen sie nicht umhin, den angrenzenden Marktplatz zu überqueren. Sie waren g e zwungen, sich einen Weg zwischen den Verkaufsständen der Händler zu suchen. Die meisten priesen ihren fangfrischen Fisch an, aber auch Stoffe und Schmuck aus fernen Ländern wurden feilgeboten.
    Zwischen den Menschenmassen torkelte ein Bettler umher. Der Mann war mittleren Alters, seine Lumpen stanken nach Schweiß und Fäkalien.
    „Almosen, Herr“, bat er Larkyen.
    Der Unsterbliche aber schenkte dem Mann keinerlei Beac h tung. Es interessierte ihn nicht, wie und warum dieser Mann zu einem Bettler geworden war. Der Mann wirkte unterernährt, aber noch immer kräftig genug, um ein Handwerk auszuüben oder sogar ein Schwert zu halten. Somit war für Larkyen g e wiss, dass dieser Bettler sein Dasein bereitwillig akzeptierte und sich im Dreck seines Lebens suhlte, a n statt sich daraus zu erheben.
    Es mochte eine Angelegenheit sein, den Unschuldigen und Wehrl o sen zu helfen, doch all jenen, die unfähig oder zu träge waren,

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