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Totenklage

Titel: Totenklage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Sandford
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Clayton Bell, ein Beamter der Staatspolizei, der die Ermittlungen im Fall Bowe geleitet hatte, las den Brief durch eine Plastikhülle, in den ihn die Spurensicherung gesteckt hatte. Er las ihn bereits zum dritten Mal.
    »Ich brauche eine Anweisung, wie wir weiter vorgehen sollen«, erklärte er dem Polizeichef von Annandale. »Ich nehme
an, dass wir die drei abholen und getrennt vernehmen. Mal hören, was sie zu berichten haben. Aber ich werde erst mit der Staatsanwaltschaft reden. Vielleicht sollte ich auch … Ich weiß nicht, vielleicht rufe ich auch den Gouverneur an.«
    »Das ist Ihre Entscheidung, Clay. Es liegt hier offenbar kein Verbrechen vor, also interessiert es uns auch nicht. Wenn ihr euch darum kümmern wollt …«
    Bell nickte. »Wir kümmern uns darum. Ich lasse ein Spurensicherungsteam kommen, nur für alle Fälle. Wenn Ihre Leute den Tatort absperren könnten, wäre ich Ihnen sehr dankbar.«
    »Das können wir machen.«
     
    Roald Sands rief Howard Barber auf dessen Handy an.
    »Ja. Barber.«
    Sands schrie ins Telefon. »Howard, Howard. Ich bin gerade bei Dan vorbeigefahren, da wimmelt es von Cops. Da steht ein Wagen der Spurensicherung, und da sind welche von der Staatspolizei und von der örtlichen Polizei. Irgendwas ist passiert.«
    »Mann, Mann … ganz ruhig.« Doch noch während Barber das sagte, befürchtete er bereits das Schlimmste. »Wo bist du?«
    »Auf dem Weg nach Hause. Ich fürchte, dass die Polizei schon dort sein wird. Ich glaube, sie wissen es.«
    »Wie weit bist du noch von zu Hause weg?«
    »Fünf Minuten«, sagte Sands.
    »Ruf mich kurz vorher an. Sag mir, ob die Polizei da ist. Ich bin unter dieser Nummer zu erreichen, drück einfach auf Wahlwiederholung. Wenn die da sind, bleib bei unserer Geschichte. Es geschah aus freien Stücken, ihr habt ihn bloß abgeholt und bei mir abgesetzt. Ihr wart lediglich die Leibwächter … Schieb es auf mich. Ich krieg das schon hin.«
    »Okay, okay. Mein Gott, Howard, ich hab solche Angst.«
    »Ruhig, Mann. Ganz ruhig. Ruf mich in fünf Minuten an.«

    Barber ging die gespeicherten Nummern auf seinem Handy durch, stoppte bei der von Don Creasey und drückte die Anruftaste. Creaseys Sekretärin meldete sich. »Hier ist Howard Barber«, sagte er. »Kann ich bitte mit Don sprechen?«
    »Äh, er ist gerade indisponiert …«
    »Sie meinen, er ist auf der Toilette.«
    »Nein, ich meine, ich meine, ich weiß nicht, was ich Ihnen sagen soll, Mr. Barber. Es hat irgendein Problem gegeben. Ich weiß nicht, ob ich darüber reden darf.«
    »Nun ja … okay. Ich kann’s mir schon denken. Ich meld mich später bei ihm.«
     
    Er ließ sich gegen die Stuhllehne zurücksinken, verschränkte die Hände hinter dem Kopf und dachte nach. Die Polizei war irgendwie dahintergekommen. Er hatte jede erdenkliche Vorsichtsmaßnahme getroffen, und trotzdem waren sie da. Er lachte, dann blickte er sich in seinem Büro um. Es war lange Zeit sehr gut gelaufen.
    Sands rief zurück. »Auf der anderen Straßenseite stehen Autos mit Leuten drin. Ich kann sie von hier aus sehen, und sie schauen in meine Richtung.«
    »Bleib bei unserer Geschichte, Roald. So wie wir’s abgesprochen haben.«
    Er legte auf, dachte noch ein bisschen über alles nach, hob das Rollo einen Spaltbreit hoch und blickte auf den Parkplatz. Noch nichts. Er ging im Kopf die diversen Varianten der Geschichte durch: Dass Lincoln Bowe Angst vor Arlo Goodman gehabt hatte und dass er, Barber, die anderen Männer als Bodyguards hingeschickt hatte, dass sie ihn zu Barbers Büro gebracht hatten und Barber ihn heimlich nach New York gefahren hatte, dass er von dort verschwunden war …
    Doch das würde keinem Verhör standhalten. Zu viele Dinge waren gar nicht passiert. Er könnte viele Fragen nicht beantworten
– mit was für einem Auto waren sie gefahren, wo hatten sie getankt, hatten sie irgendwo eine Pause gemacht, um etwas zu essen … Er überlegte, wann er das letzte Mal bei Rapid Oil einen Ölwechsel hatte machen lassen. Damals hatten sie ihm einen Aufkleber mit dem Meilenstand auf das Fenster seines Wagens geklebt, mit Datum. Vielleicht könnte er runterlaufen …
    Nein. Sie würden seine Geschichte schon irgendwie zerpflücken. Sie würden ihn drankriegen. Verdammt.
    Und vielleicht würden sie Madison Bowe mit ihm zusammen drankriegen. Irgendwie hatten die Goodmans ihre Finger in dieser Sache, und wenn sie die Polizei dazu brachten, Madison gegen ihn auszuspielen, dann säßen sie beide in der Klemme.

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