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Totenklage

Titel: Totenklage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Sandford
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war.«
    »Der was?«
    »Der Stallmeister«, sagte er.
    »Meine Güte, Sie haben aber ein großes Vokabular.«
    »Achten Sie mal auf meine Konjunktionen.«
    »Ein andermal vielleicht«, sagte sie. »Reiten Sie? Johnnie hat was von einer Ranch erzählt.«
    »Im Alter zwischen drei und vierzehn bin ich vermutlich jeden Tag geritten. Bis mein Großvater starb und die Ranch verkauft wurde. Ich habe aber immer noch Freunde dort und kann hinfahren und reiten, wenn ich Zeit habe.«
    »Sie müssen mal auf meine Farm kommen«, sagte sie. »Wir reiten natürlich richtig europäisch.«
    »Diesen Luxus können wir uns nicht erlauben. Unsere Pferde sind Arbeitstiere.«

    Sie lachte leise, öffnete ihre Autotür und sah ihn über das Fenster hinweg an. »Wir sollten in Kontakt bleiben. Reden Sie mit Howard. Helfen Sie mir.«
    »Mrs. Bowe, ich arbeite für Bill Danzig. Ich werde Ihnen helfen, wo ich kann, aber meine Loyalität gilt Bill und dem Präsidenten.«
    Sie nickte. »Dann helfen Sie mir dort, wo Sie können.«
     
    Sie stieg ins Auto und setzte vorsichtig aus der Einfahrt zurück. Er achtete darauf, dass das Tor hinter ihr ins Schloss fiel, dann ging er ins Haus, ließ sich im Wohnzimmer in einen Sessel fallen und trank zwei Bier in zwei Stunden.
    Er trank nicht viel, und er trank nur selten, deshalb fühlte er sich von dem Bier ein wenig beduselt.
    Ich könnte die Sache jetzt sofort beenden, dachte er.
    Wenn er anonym bei CNN oder Fox oder bei einer der gro ßen Zeitungsketten anrief und nur das Wort schwul fallen ließ, hätten die Medientypen in wenigen Stunden die Wahrheit herausgefunden. Und sobald sich diese Nachricht verbreitete, würden die Ermittlungen in eine völlig andere Richtung gehen. Die Politik wäre aus der Sache raus. Die Presse würde nach einem ehemaligen Liebhaber fahnden oder einem Schwulenhasser oder nach jemandem, der etwas anderes zu kaschieren versuchte …
    Aber Madison wollte eine »zivilisierte« Lösung, falls das überhaupt möglich war. Er spürte, wie die Bitte ihn belastete.
    Er schuldete Danzig eine gewisse Loyalität, und über ihn auch dem Präsidenten. Doch die interessierte nicht, ob die Sache zivilisiert ablief oder nicht. Wenn sie erfuhren, dass Lincoln Bowe schwul gewesen war, wäre ihre spontane Reaktion, die Nachricht sofort zu verbreiten, um den größtmöglichen Knalleffekt zu erzielen. Die Ermittlungen zum Tod von Lincoln Bowe würden auf den Aspekt schwuler Sexualmord beschränkt
werden, und sowohl Goodman als auch der Präsident wären aus dem Schneider.
    Es wäre dann keine Frage mehr, ob Goodman oder seine Anhänger für den Mord verantwortlich waren, weil in dieser Richtung nicht länger ermittelt würde.
    Er dachte an Madison.
    Als sie gemeinsam durch den Abend spaziert waren, hatte er eine aufkeimende Intimität gespürt. Nicht nur weil sie sich einige private Dinge erzählt hatten, sondern er erinnerte sich auch immer noch an das Gefühl, wie ihr Arm seinen streifte, und an ihren Geruch. Er wünschte, er hätte sie zum Abschied geküsst, wünschte sich eine Beziehung zu ihr, in der das möglich wäre.
    Seit seine Großeltern vor fast zwanzig Jahren gestorben waren, war er allein gewesen, selbst als er verheiratet war. Er spürte eine ähnliche Einsamkeit bei Madison Bowe.
    Er war hin und her gerissen. Schließlich beschloss er, dass er die Information nicht sofort weiterzugeben brauchte, weder auf zivilisierte noch auf unzivilisierte Weise. Er könnte sie eine Weile für sich behalten. Mit Barber reden. Beobachten, in welche Richtung sich die Ermittlungen des FBI bewegten.
    Noch ein bisschen an Madison denken.

7
    Der Anruf kam zwei Minuten nachdem er sich ins Bett gelegt hatte. Eine Männerstimme. »Mr. Winter? Ich habe gehört, Sie interessieren sich dafür, was mit Senator Bowe passiert ist?«
    »Ja, das tue ich. Wer ist da?« Er schaute auf das Display und sah die gleiche Nummer wie bei den Anrufen, bei denen aufgelegt worden war, aber keinen Namen.

    »Das kann ich Ihnen wirklich nicht sagen. Das verstehen Sie doch sicher.«
    Jake verstand – ein Informant, eine falsche Schlange, ein Weltverbesserer. Die Stimme klang angenehm und artikuliert. Irgendein Bürokrat oder vielleicht ein Politiker, auf jeden Fall jemand mit einer gewissen Autorität.
    »Entschuldigen Sie, dass ich so spät anrufe. Ich habe es schon einige Male probiert, aber da hat sich niemand gemeldet. Wenn Sie etwas über Senator Bowe erfahren wollen, sollten Sie mit Barbara Packer reden. Sie

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