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Totenklage

Totenklage

Titel: Totenklage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Bingham
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vorhin die Stimmung verdorben haben, sind immer noch da, aber jetzt kommen sie mir stinknormal, ja beruhigend vor.
    » Was zum Teufel ist da gerade passiert?«
    Ich verrate es ihr nicht. Oder, besser gesagt, ich lüge ihr etwas vor. Sie hat sich wehgetan. Sie war aufgeregt. Und verängstigt.
    Jane entgegnet nichts, sondern sagt nur, dass wir unsere Befragungsberichte schreiben sollten, wenn wir wieder im Auto sind. Dienst nach Vorschrift. Auf einer ganz gewöhnlichen Straße in Cardiff. Auf dem Planeten der normalen Menschen.

25
    Die beiden Vernehmungen, die wir für heute noch eingeplant hatten, verschieben wir. Balcescus Aussage ist wichtiger. Wir fahren ein Stück weiter zum Bahnhof, damit wir nicht vor Balcescus Haus gesehen werden, und schreiben unsere Berichte in Janes Auto. Außer dem Kratzen der Stifte auf dem Papier ist nichts zu hören. Auf Janes Schulter ist schon wieder ein Haar, und ich würde es gerne abzupfen, aber nur, damit sie mich ansieht und mich anlächelt, weil mir Angst gemacht hat, was ich in Balcescus Haus gesehen habe, und ich auf der Suche nach Trost bin. Dieses Verlangen geht allerdings nicht so weit, dass ich darum betteln würde, von meiner Vorgesetzten in den Arm genommen zu werden. In solchen Sachen vertraue ich auf meine Intuition. Das würde nicht klappen.
    Ich bin vor Jane mit meinem Bericht fertig. Sie beobachtet mich aus den Augenwinkeln. Irgendwie findet sie mich beeindruckend, was nicht an meinem Modegeschmack oder meinen sozialen Kompetenzen liegen kann. Dafür kann ich gut mit Worten umgehen. Ich brauche nur halb so lange wie meine Kollegen, um einen Bericht zu schreiben oder eine Akte zusammenzufassen. Schon komisch, dass ich von Jane beeindruckt bin und sie gleichzeitig von mir. Das sollte sich doch gegenseitig aufheben, oder nicht?
    Da ich mich so seltsam fühle, sage ich Jane, dass ich mal frische Luft schnappen gehe. Gerade als ich die Wagentür öffne, in dem Augenblick, als ich an dem Griff ziehe und die Tür ganz aufschwingen lasse, fällt mir ein, wie ich Fletcher finden kann. Oft sind die effektivsten Lösungen auch die offensichtlichsten.
    Ich rufe die Auskunft an und frage nach der Nummer von Rattigan Industrial & Transport. Ich werde mit der Telefonzentrale verbunden und verlange, einen Mr Fletcher zu sprechen. Im Hauptsitz der Firma arbeitet leider niemand mit diesem Namen. Welche Abteilung, sagten Sie? Auf diese Frage bin ich vorbereitet. Altmetall hat wohl nichts mit diesem Fall zu tun. Die Reederei schon eher. Die Schiffe aus dem Baltikum sind wahrscheinlich mit bestem afghanischem Heroin beladen, um die Prostituierten bei Laune zu halten. Sex und Drogen, sind das jetzt zwei verschiedene Abteilungen?
    Die Reederei, sage ich, und werde zu einer weiteren Telefonzentrale in Newport durchgestellt.
    » Mr Fletcher, bitte.«
    » Ich verbinde … oh, einen Moment.« Gedämpftes Flüstern im Hintergrund. Dann meldet sich wieder die Stimme der Empfangsdame. » Verzeihung. Wollten Sie Huw Fletcher sprechen?«
    Ene, mene, miste … » Genau.«
    » Tut mir leid, aber Huw Fletcher arbeitet nicht mehr für uns. Kann ich Sie mit jemand anderem verbinden?«
    » Er arbeitet nicht mehr für Sie? Aber ich habe mit ihm einen Termin für kommende Woche vereinbart. Ich wollte ihn nur noch mal bestätigen.« Ich lasse meine Stimme leicht ungeduldig klingen. Eine » Was für eine Firma ist das überhaupt?«-Stimme.
    » Wirklich, wir wissen nicht, wo er ist. Er ist schon seit mehreren Wochen nicht mehr aufgetaucht. Soll ich Sie mit dem Kollegen aus der Logistikabteilung verbinden? Der kann Ihnen sicher weiterhelfen.«
    Nun müsste ich etwas Schlaues antworten. Dummerweise fällt mir gerade nichts Schlaues ein. Ich murmle eine Entschuldigung und lege auf.
    Bingo! Riesenbingo! Ich weiß noch nicht genau, worauf ich da gestoßen bin, aber es ist wichtig. DCI Jackson sollte wirklich so schnell wie möglich davon erfahren. Leider weiß ich nicht so recht, wie ich es ihm sagen soll. Es wird vermutlich kein gutes Licht auf die allzeit bereite, arbeitsame DC Griffiths werfen, wenn sie beichtet, dass ihr böser Zwilling einen Einbruch verübt und ein Handy gestohlen hat.
    Leise kehre ich wieder zum Auto zurück und warte, bis Jane fertig ist. Dann fahren wir größtenteils schweigend zum Cathays Park zurück.
    Die nächste Zeit verbringe ich mit Routinearbeit. Ich schreibe meine Notizen ins Reine, informiere Ken Hughes, da Jackson nicht im Haus ist, und stelle alles in Groove ein. Das ist

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