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Totenkönig (German Edition)

Totenkönig (German Edition)

Titel: Totenkönig (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Siebert
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zurücklegen müssen wie wir. Während du und Khorgo euch gestern Abend dem Wein hingegeben habt, lernten wir ihn und seine Familie kennen.“
    Der Zhymaraner sah Larkyen nun forschend an. Schließlich fragte er: „Dass wir beieinander sitzen, scheint dich zu überraschen?“
    „Dass sich Majunay und Zhymaraner in Frieden in die Augen sehen, erlebt man nicht alle Tage“, sagte Larkyen.
    „Ja“, seufzte der Zhymaraner. „Da hast du leider recht. Dabei sind wir nicht einmal sonderlich verschieden. Wir alle sind Menschen auf der Suche nach Frieden und Freiheit. Im Krieg zwischen Majunay und Zhymara geht es nur um Macht. Es ging schon damals um Macht, als mein Volk die Ostländer angriff, und es ging auch um Macht als wir angegriffen wurden. Könige und Kaiser, Häuptlinge und Herrscher, treffen Entscheidungen, und wir, die einfachen Mä nner, sollen für diese Entscheidungen bluten. Dabei wollen wir doch nur ein eigenes Leben führen. Wir wollen sehen, wie unsere Weiber glücklich sind und unsere Kinder aufwachsen.“
    „Wir teilen alle das gleiche Schicksal“, sagte der Majunaykrieger. „Wir sind Flüchtlinge, das können die Leute in Meridias sehen, und das sollen sie auch sehen.“
    „Ich glaube, was die meisten an diesem Tisch sehen können, ist Hoffnung“, sagte Larkyen. „Denn wenn ihr einander die Hand in Frieden reichen könnt, dann werden andere eurer Landsleute vielleicht dasselbe tun. Wir brauchen eine Einheit aller Völker, wenn eines Tages die Finsternis überhand nimmt.“
    „Hast du die Finsternis in Ken-Tunys je gesehen?“ fragte der Zhymaraner. Eine plötzliche Aufregung schwang in seiner Stimme mit.
    „Ich bin lange Zeit dort gewesen“, flüsterte Larkyen.
    Patryous trat auf Larkyen zu. Sie hatte das Gespräch mitangehört und sagte zu ihm: „Denkst du an nichts anderes mehr als an den Krieg? Gönne den Sterblichen doch ihr Glück um des Glückes wi llen. Ihre Lebensdauer ist schon kurz genug. Wenn sie einander in Freundschaft die Hände reichen, dann um des Friedens willen und nicht, um als Einheit gegen einen anderen Feind in den Krieg zu ziehen.“
    „Wenn Strygar zurückkehrt, werden sie keine Wahl mehr haben.“
    Die Frau des Wirts kam mit zaghaften Schritten auf die Unsterblichen zu. Ihr Blick war zu Boden gerichtet, als wagte sie es nicht, in die Raubtieraugen von Larkyen und Patryous zu blicken. Larkyen konnte hören, dass ihr Herz hastig schlug.
    „Soldaten“, flüsterte sie. „Draußen warten Soldaten, sie haben nach euch beiden gefragt.“
    „Was hast du ihnen gesagt?“
    „Nichts, Herr. Sie wissen, dass ihr hier seid, und bitten darum, euch sprechen zu dürfen.“
    „Ich werde dieser Bitte nachkommen“, sagte Larkyen.
     
    Larkyen und Patryous traten auf die Eingangstür zu. Neun Soldaten mit schmalen gehörnten Helmen hatten sich vor dem Gebäude postiert, ihre roten Umhänge hoben sich deutlich von den silbergrauen Rüstungen ab. Sie hatten ihre Schwerter nicht gezogen und erweckten nicht den Eindruck von Kampfbereitschaft.
    „Was wollt ihr?“ fragte Larkyen. Ihm entging nicht die Anspa nnung, unter der die Männer standen. Vermutlich hatte keiner von ihnen je einem Unsterblichen gegenübergestanden, doch die Erzählungen genügten, um sie in Ehrfurcht zu versetzen.
    Einer der Soldaten trat unmittelbar vor Larkyen und Patryous und nahm Haltung an. Er nahm seinen Helm ab. Das schwarzbärtige G esicht besaß einige schmale Narben, seine Augen waren aufgrund der grellen Morgensonne zusammengekniffen, doch verrieten sie keine Furcht, wie sie viele andere Menschen im Angesicht eines Unsterblichen überkam.
    „Hohe Herrin, hoher Herr, erlaubt mir, dass ich mich vorstelle. Mein Name ist Wanar, Oberbefehlshaber der städtischen Wac hmannschaften. Ich habe den direkten Befehl, euch beide in die Halle des ehrwürdigen Stadtrates zu geleiten.“
    „Was ist der Grund dafür?“ fiel Larkyen dem Mann ins Wort.
    „Seitdem ihr in einen Konflikt im Hafen eingegriffen habt, hat sich euer Aufenthalt in Meridias herumgesprochen und ist auch an die Ohren der Ratsmitglieder gedrungen. Sie wünschen euch zu sehen.“
    „Wenn sie uns zu sehen wünschen, warum haben sie dich und deine Männer nicht hierher begleitet? Warum schicken sie einen b ewaffneten Soldaten?“
    „Hoher Herr, bitte verstehe, die Ratsmitglieder verlassen ihre G efilde nur äußerst selten. Sie leben in einer Pyramide aus Stein, im Zentrum der Stadt. Deshalb sandten sie mich, den Oberbefehlshaber, um euch zu

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