Totenkönig (German Edition)
ihnen zu geleiten.“
„Und was geschieht, wenn wir ablehnen?“
„Hoher Herr, wenn ich meinen Befehl nicht erfolgreich ausführen kann, erwartet mich eine harte Strafe, mehr wird nicht geschehen. Dennoch ist mein Befehl nur eine bescheidene Bitte, die ich an dich und deine Gefährtin richte.“
Patryous nickte verstehend und fügte hinzu: „Ein jeder Soldat muss den Befehlen des Stadtrates bedingungslos Folge leisten, sonst droht ihm im schlimmsten Fall der Tod. In Meridias hat sich nicht viel g eändert.“
„Hohe Herrin, du scheinst unsere Heimat gut zu kennen.“
„So ist es. Ich bereiste Meridias, lange bevor du geboren wurdest.“
„Falls ihr in Sorge wegen der Majunay seid, ich werde einige Soldaten in ihrer Nähe postieren, um ihre Sicherheit zu gewährlei sten. Ein Vorfall wie im Viertel der Velorgilde soll sich nicht wiederholen, darauf gebe ich euch mein Soldatenehrenwort.“
Larkyen sah nur kurz zu seiner Gefährtin. Sie waren sich einig.
„Also gut, wir begleiten euch.“
„Ich danke euch“, sagte der Oberbefehlshaber.
Es dauerte nicht lange, da postierten sich weitere schwer gerüstete Soldaten um das Gasthaus. Bereits beim Anblick ihrer gehörnten Helme und der roten Umhänge wahrten die wenigen Menschen auf der Straße Distanz.
Oberbefehlshaber Wanar und acht Soldaten geleiteten Larkyen und Patryous die Straße entlang. Den hochgewachsenen Männern gelang es, die beiden Unsterblichen vor allzu neugierigen Blicken abzuschirmen. Die Soldaten schwitzten entsetzlich unter ihren schweren Rüstungen, doch waren sie zu diszipliniert, um zu klagen oder sich ihre Pein anmerken zu lassen.
„Wenn es euch recht ist, gehen wir zu Fuß. Bis zur Ratshalle ist es nicht allzu weit, und der Weg durch die Hochgärten ist einen Blick wert.“
Ihr Weg führte eine breite Treppe hinauf und über eine bogenförmige Brücke, die sich über einen Kanal erstreckte. Die bot einen guten Ausblick auf die umliegenden Häuserdächer, die Luft flimmerte bereits vor Hitze. Die meisten Straßen lagen noch im Schatten, nur vereinzelt tummelten sich Menschenmassen. Bald würden sie den Schatten folgen und die Straßen wieder verlassen. Der weitere Weg war mit dunklen Granitplatten gepflastert und führte abermals über Brücken, die die höher werdenden Häuser miteinander verbanden. Schon in Kürze sahen sie die berühmten Hochgärten von Meridias.
Die Dächer waren von mannshohen Gräsern überwuchert, die sich in sanften Windbrisen wiegten, dazwischen ragten immer wi eder Reihen von Bäumen auf, deren Wurzeln wie lange wuchtige Tentakel an den Steinwänden der Häuser herab in den angrenzenden Kanal führten. Leuchtend grüne Efeuranken schlängelten sich um die Wurzeln. Manche der Häuser, deren Dächer sie nun überquerten, erweckten den Eindruck, einst Teile eines früheren Gebirges gewesen zu sein, die Steinwände waren schroff und aus natürlich gewachsenem Fels und manchmal erhob sich auf einem Dach sogar ein mit Moosen und Farnen bewachsener Gipfel.
Die Umgebung bot eine gute Sicht auf die Pyramide, ihre vier dreieckigen Flächen waren treppenartig angelegt, und um das G ebäude herum standen in weitem Bogen mehrere Wachtürme. Dazwischen führten Straßen aus dunklen Granitplatten zu einem breiten, mit Säulen gestützten Vorbau.
„Ich bin viel in der Welt herumgekommen, doch ein solches G ebäude habe ich noch nirgendwo gesehen“, sagte Larkyen.
Nur für Larkyens Ohren hörbar erläuterte Patryous einmal mehr ihr Wissen um die Welt. „Tief im Süden, weit hinter dem Land Zhym ara, gibt es ein Wüstenreich, in dem lediglich ein großer Fluss Leben spendet. Dort gibt es ebenfalls solche Bauten. Als ich noch in Kyaslan lebte, hörte ich das erste Mal davon.“ Patryous Blick war ebenfalls auf das Stadtzentrum gerichtet. „Die Kyaslaner behaupten, die Pyramiden seien Konstruktionen der ältesten Götter, die aufgrund ihrer Form kosmische Kräfte in sich bündeln könnten. Kräfte, die selbst einen Menschen der Sterblichkeit trotzen lassen.“
Sie überquerten noch eine Brücke aus Granit, die sich an einem ganzen Häuserblock entlang zog und in die Fassade eines mehrstöckigen Gebäudes mündete, wo der Weg in einen Tunnel überging. Der dort herrschende Schatten brachte eine angenehme Kälte und verschaffte Wanar und den Soldaten der Wachmannschaft Linderung. Lediglich durch einige wenige Fenster drang grelles Sonnenlicht. Sie stiegen weitere Treppen hinunter und sahen kurz darauf die
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