Totenkönig (German Edition)
die drei Zhymaraner. „Ihr könnt euch unserer Gilde anschließen“, bot er ihnen an. „Wir leben zwar im Untergrund, aber wir können für uns selbst sorgen.“
Ein älterer Majunay schüttelte energisch den Kopf und sagte: „Lemar, Schattenkrieger, so dankbar wir dir und deiner Gilde auch für die Hilfe sind, aber wir sind hierher nach Meridias gekommen, um all dem Blutvergießen zu entgehen und unseren Familien eine s ichere Zukunft zu gewährleisten. Wir sind bereits aus dem Osten der Welt geflüchtet, wir wurden gejagt von unseren eigenen Landsleuten, wir haben uns oft genug verstecken müssen, so kann es nicht weitergehen, wir wollen so nicht leben. Um unserer Familien willen verlassen wir diese Stadt wieder und suchen woanders nach einem Platz zum Leben.“
Auch der Zhymaraner stimmte zu. „Mir ergeht es nicht anders als den Ostländern. Ich habe zuviel Grauen gesehen und bin müde zum Kämpfen. Was ich will, ist Frieden.“
„Ich kann eure Bedenken nur zu gut verstehen“, seufzte Lemar. „Auch ich wollte Frieden, auch ich dachte über eine Flucht aus der Stadt nach, doch die Straßen werden kontrolliert und ich würde früher oder später erkannt und verhaftet werden. Euch ergeht es nun nicht anders. Kehrt ihr auf die Straße zurück, würdet ihr gegen Tausende von Soldaten und noch mehr Gildenkrieger antreten müssen. Bitte überlegt es euch.“
Nun humpelte Lemar zu dem Unsterblichen. „Hoher Herr, Larkyen. Was ist vor dem Wirtshaus geschehen? Meine Tochter berichtete mir, dass sich Meridias gezeigt hat.“
„So ist es, er hat sich gezeigt. Doch er griff nicht direkt in den Verlauf des Kampfes ein, sondern entführte eine junge Frau mit N amen Zaira. Sie ist die Tochter meines Freundes Khorgo. Ich muss sie zurückholen.“
„Verzeih die Frage, hoher Herr, doch woher willst du wissen, dass diese junge Frau überhaupt noch lebt?“
„Wenn Meridias ihr Leben hätte nehmen wollen, dann wäre sie bereits an Ort und Stelle durch seine Hand gestorben.“
„Das ist sehr seltsam. Meine Krieger und ich, wir haben den Ri esen bereits mehrfach unter der Stadt gesehen. Immer wenn wir den ältesten Teil der Kanalisation unter dem Stadtzentrum betraten, stießen wir früher oder später auf ihn. Wir wissen nicht, ob er uns bemerkt hatte oder ob wir ihm gleichgültig waren. Wir gehen davon aus, dass er nichts mit dem Rat oder den Gilden zu tun hat, dennoch stufen wir ihn als Bedrohung ein.“
„Du kannst sicher sein, dass er euch bemerkt hat, noch ehe ihr ihn überhaupt sehen konntet“, erklärte Larkyen. Den geschärften Sinnen eines Unsterblichen entging nur wenig. „Ihr wart ihm gleichgültig, er hatte keinen Hunger. Und er ist es, der die Ratsmitglieder vor allen größeren Feinden beschützt. Warum er euch bisher am Leben ließ, weiß ich nicht, doch seit kurzem nährt er sich wieder von den Me nschen. Als wir in die Stadt ritten, hörte ich, wie die Meridianer darüber sprachen, dass im Süden der Stadt die Bewohner eines mehrstöckigen Gebäudes spurlos verschwanden. Er nährt sich wieder, sein Hunger ist erwacht.“
Lemar nickte, sein Gesichtsausdruck verriet Sorge. „Hoher Herr, kannst du mir berichten, wie es zu den Kämpfen kam? Mir liegt viel daran, über die Ereignisse an der Oberwelt Bescheid zu wissen, wenngleich ich bereits erahnen kann, dass der Rat der Neun wieder einmal sein verbrecherisches Werk verrichtet hat.“
„Der Rat besteht nur noch aus acht Mitgliedern“, korrigierte ihn Wanar. „Larkyen hat Granyr getötet.“
Lemar lächelte. „Granyr, der oberste Ratsherr, ein bösartiger alter Mann, lüstern nach Reichtum und den Freuden des Fleisches. Ihm verdankt die Stadt die Kathedrale des Fleisches, hinter deren Mauern die Ratsmitglieder während der Vollmondnächte ihre abartigen Feste feiern. Ich begrüße seinen Tod. Erlaube mir die Frage, hoher Herr, welchen Grund hattest du für deine Tat?“
„Ich hatte viele Gründe“, sagte Larkyen. „Als der Rat uns in seiner Halle empfing, forderte Granyr Zaira ein. Selbstverständlich lehnten wir diese Forderung ab. Doch Granyr hielt an seiner Forderung fest und erklärte uns zu Feinden von Meridias. In jenem Moment konnten wir die Zweideutigkeit in seinen Worten nur erahnen, und so sind wir alle zu Feinden der Stadt und ihres Erbauers geworden. Ich habe Granyr gern getötet, und ich hätte auch die anderen töten sollen. Der Rat steht im Dienst einer höheren Macht, ebenso die Velorgilde. Sie dienen Meridias, sie
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