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Totenkönig (German Edition)

Totenkönig (German Edition)

Titel: Totenkönig (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Siebert
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Erfüllung für ein derartiges Begehren sein. Während meines Besuchs in Kyaslan blieben zumindest mir die Forschungen über das Leben und den Tod verwehrt. Dich hingegen hat der Imperator persönlich eingeladen. Er wird sein Wissen mit dir teilen, und du wirst erfahren, was sich hinter dem Tod verbirgt. Meridias hingegen hat auf eine andere und natürlichere Weise die Barriere zwischen Leben und Tod durchbrochen.“
    „Ich habe den Tod nie akzeptieren können, und ich erfreue mich stets aufs Neue meiner eigenen Unsterblichkeit. Oh, wie bedauern swert sind doch die Sterblichen, sie streben ein Leben lang nach Gesundheit, nach Reichtum und Liebe, und doch zerrinnt ihnen eines Tages alles zwischen den Fingern wie feinster Sand. Und wenn sie erst gestorben sind und ihre Leiber verfaulen, dann wird jeder ihrer Gedanken, jede Tat, jede Liebe so bedeutungslos sein wie jene Handvoll Sand in der endlosen Wüste der Zeit. Die Menschen versuchen, sich den Tod als Person vorzustellen, als eine knochige Gestalt, gehüllt in ein dunkles Gewand, die eine lange Sense bei sich trägt und das Leben nimmt, als würde sie die Ernte einholen. Was wissen wir Unsterblichen schon vom Tod? Wie dem auch sei, ob er nun gestaltlos ist oder nicht, er ist ein Feind allen Lebens. Ich verachte den Tod und die Vergänglichkeit. In diesem Denken ähnele ich Meridias und ja, sogar Strygar, denn auch er versuchte, den Tod auf seine Weise zu bekämpfen.“
    Larkyen hatte Meridias` Beweggründe nur zu gut nachvollziehen können. Wenngleich die Liebe eine Schwäche im Herzen sein kon nte, so vermochte sie auch Kraft und Stärke in Zeiten von Not und Trostlosigkeit zu spenden. Larkyen hätte gehandelt, wie Meridias gehandelt hatte. Er würde für die Unsterbliche an seiner Seite töten, wenn es nötig war. Er würde für die Liebe töten.
     
    Eine Woge knisternder Energie stieg von Meridias` Leib auf und breitete sich in dem Saal aus. Sie war von einer Aura tiefer Trauer erfüllt.
    Plötzlich erbebte die Pyramide. Schutt rieselte herab, gefolgt von Deckentrümmern. Risse durchpflügten den Boden, Wasser sprudelte aus dem Untergrund hervor. Eine weitere verborgene Quelle hatte sich ihren Weg gesucht, mit sanfter Strömung wusch sie das vergo ssene Blut fort.
    „Es ist Zeit zu gehen“, sagte Larkyen. Das Wasser benetzte b ereits die Sohlen seiner Stiefel.
    Mit schnellen Schritten verließen Larkyen und Patryous den Saal.
    Die restlichen noch unversehrten Wandgemälde wurden nun ebenfalls von Rissen heimgesucht. Die Geschichte von Meridias, die sie seit langer Zeit erzählten, hatte in dieser Nacht ihr Ende gefunden.
     
    Kurz nachdem die Unsterblichen die Pyramide verlassen hatten, erklang ein Donnern in der Erde. Die Pyramide begann erneut zu beben. Der Vorbau stürzte in sich zusammen, die Säulen barsten. Auf den weiten Flächen der Pyramidenseiten taten sich Löcher wie klaffende Mäuler auf und erlaubten einen letzten Blick auf den Leichnam des Sohnes der ersten schwarzen Sonne. Eine unterirdische Strömung riss ihn von seinem Thron und nahm ihn mit sich hinab in die Dunkelheit.
    Fast schien es, als hätte mit dem Tod ihres Erbauers auch das ste inerne Herz der Stadt sein Ende gefunden. Was vor so langer Zeit errichtet worden war, brach auseinander und versank Stück für Stück in der Erde. Zurück blieb ein See aus klarem Wasser.
     
    Jenes Viertel, das noch am Vortag von Lavandar dem Schrecklichen und seiner Velorgilde beherrscht worden war, wurde nun von einer todesähnlichen Stille heimgesucht. Die Geister des Totenheers hatten nach ihrem Triumph damit begonnen, die Leichen der Velorkrieger in den Fluss Nefalion zu werfen. Die Strömung nahm Tausende von Leibern mit sich.
    Die Gäste der Bordelle und Tavernen im Hafen waren von den Geistern ebenso verschont geblieben wie die Huren und die Familien der Velorkrieger. Und wer nicht zur Waffe griff und den sinnlosen Versuch wagte, die Geister anzugreifen, würde auch am Leben ble iben. Ihnen allen hatte sich ein unheimlicher Spuk offenbart, der ihre Kehlen verstummen ließ. Mit weit aufgerissenen Augen verfolgten sie das Treiben der Geister und sahen immer weitere tote Velorkrieger unter der Wasseroberfläche verschwinden.
    Zuletzt traten die Geister selbst in den Fluss und ließen sich auf den Grund hinabsinken, wo es kühl und dunkel war. Die Strömung umspielte das rostige Metall ihrer Helme und Rüstungen. Vor den Menschen verborgen, bewegten sie sich stromabwärts, so wie ihr König es ihnen

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