Totenkopf-TV
können.
Schließlich erreichten wir unangefochten den Ort, wo sich die breite Studiotür befand. Sie stand noch offen. Ich warf einen raschen Blick in den großen Raum.
Das Kabel lag am Boden. Wie eine schwarze tote Schlange kam es mir vor. Kaum zu glauben, dass es einmal versucht hatte, von geisterhaften Kräften geführt, einen Menschen zu erledigen.
Der Rest des Weges war schnell zurückgelegt. Vor der bewussten Garderobentür blieben wir für einen Moment stehen. Bill fühlte sich nicht wohl in seiner Haut, und auch mich hielt eine gewisse Spannung umklammert. In dieser Garderobe hatte alles seinen Anfang genommen, hier musste es unserer Meinung nach weitergehen, und wo würde es enden?
Darüber machte ich mir Gedanken, als ich die linke Hand auf die Klinke legte und die rechte weit gehoben hatte, um schnell die Beretta ziehen zu können.
Vorsichtig öffnete ich die Tür. Bill Conolly blieb noch stehen, als ich sie bis zum Anschlag in den Raum hineindrückte und über die Schwelle trat. Mein Arm bewegte sich in einem Halbkreis, die Mündung der Waffe glotzte wie ein dunkles Auge in die Garderobe und fand kein Ziel. Dennoch hatte sich etwas verändert.
Mein Blick glitt dorthin, wo der große Spiegel an der Wand hing. Noch immer steckte die Leiche der Ansagerin in der Wand. Ihre Haut war jetzt pechschwarz, sie musste auch zusammengeschrumpft sein, denn die Füße hatten die beiden Schuhe nicht mehr halten können. Sie lagen am Boden.
Der Spiegel selbst hatte sich verändert. Er zeigte nicht mehr die teerartige Schwärze. Das Muster musste von innen her aufgelockert und farblich geändert worden sein. Zwar kam uns der Spiegel nicht wie ein Bildschinn vor. Ähnlichkeiten allerdings waren sehr wohl vorhanden, da die Fläche von einem graugrünen Schimmer bedeckt wurde. Das Grüne überwog, es flimmerte, es schien unter Strom zu stehen und nur darauf zu warten, dass jemand auf einen Knopf drückte. Wir standen vor dem entscheidenden Moment!
Bill schaute auf seine Uhr. »Mitternacht haben wir noch nicht!« flüsterte er.
»Trotzdem wird es gleich losgehen!«
»Woher weißt du das?«
Ich hob die Schultern, wechselte die Beretta in die linke Hand und holte mein Kreuz hervor. »Vielleicht kann ich den Vorgang beschleunigen.«
Das brauchte ich nicht. Auch ohne Einsatz meines Kreuzes geschah etwas. Es begann mit der Toten. Durch ihre Gestalt fuhr eine Zittern. Besonders in der unteren Körperhälfte gut zu sehen, denn beide Beine schlugen aus. Das linke nach oben, das rechte nach unten. Und dieser Ruck pflanzte sich so weit fort, dass er auch die für uns nicht sichtbaren Körperpartien erfasste.
»Gleich geht es los!« hauchte Bill.
Er hatte recht. Die Tote begann zu rutschen. Dabei kam sie mir vor, als würde sie von vorn geschoben und in das Zimmer hinein gedrückt. Die Beine rutschten weiter nach unten, die Füße näherten sich bereits dem Boden, bekamen Kontakt, dienten als Stütze, und die uns noch unbekannte Kraft begab sich daran, den Körper völlig aus dem Spiegel zu drücken.
Wir standen da und schauten gebannt zu.
Die Tote klatschte zu Boden. Zum erstenmal gelang es uns, einen Blick auf ihr Gesicht zu werfen. Es war verkohlt. Die Haut glich schwarzen Fasern, die sich neben-und übereinander geschoben hatten. Da die Tote mit dem Kopf auf der Seite lag, sahen wir auch ein Auge. Es erinnerte uns an einen weißen Kreis innerhalb der Augapfelschwärze. Die andere, für uns noch unbekannte Seite hatte sich auf grausame Art und Weise gerächt.
Aber der Vorgang war nicht abgeschlossen. Der veränderte Spiegel zitterte. Das Leuchten nahm an Intensität zu, und die gesamte Fläche schien aus einem Mosaik zu bestehen, das sich aus winzigen Teilen zusammensetzte.
Noch formte sich kein Bild hervor. Das geschah wenig später, als das grüne Licht verschwand, sich Umrisse hervorschälten und wir erkennen konnten, wer sich da zeigte.
Bill sprach es flüsternd aus. »Das Ungeheuer!«
Mein Freund hatte sich nicht geirrt. Tatsächlich handelte es sich um das schaurige, schuppige, grünbraune, nashornartige Wesen, dessen Schädel die gesamte Breite des veränderten Spiegels einnahm und uns aus seinen jetzt rotglühenden Augen anstarrte. Es war ein mordlüsterner, böser Blick, der sich wohl tief in unsere Seele fressen sollte.
Ich stellte auch fest, dass sich bei meinem Kreuz etwas tat. Es hatte sich leicht erwärmt und sprach auf diese fremde, unheimliche Magie an. Das gab mir wieder ein wenig Hoffnung.
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