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Totenkünstler (German Edition)

Totenkünstler (German Edition)

Titel: Totenkünstler (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Carter
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keine Fotos – nichts Kostbares, keine Erinnerungsstücke. Hunter nahm alles genau in Augenschein. Im Kleiderschrank herrschte vorbildliche Ordnung. Die Hälfte des Platzes war für Anzüge und Oberhemden reserviert. Schuhe gab es lediglich vier Paar, zwei davon waren Turnschuhe. Krawatten und Gürtel hatten ihre eigene kleine Aufhängevorrichtung. Hunter fasste in sämtliche Anzugtaschen – nichts.
    Der Regen wurde stärker und trommelte gegen die Fenster wie böse Geister, die Einlass begehrten. Im Minutentakt zuckten Blitze über den Himmel.
    Hunter suchte weiter. Die Kommode enthielt T-Shirts, Jeans, Pullover, Unterwäsche, Socken und zwei Flaschen Davidoff Cool Water.
    Als Nächstes warf er einen Blick in den Papierkorb neben Littlewoods Schreibtisch. Darin lag nichts bis auf Reklamezettel und ein paar Einwickelpapiere von Schokoriegeln. Der Laptop auf dem Tisch war passwortgeschützt. Hunter war sich nicht sicher, ob sie darauf etwas finden würden, was ihnen bei der Durchsuchung von Littlewoods Dienstcomputer helfen würde, aber sie mussten alles versuchen. Er würde den Laptop an Brian Doyle von der IT-Abteilung weitergeben. Das Bad war noch weniger aufsehenerregend als das Schlafzimmer.
    Hunter blieb am Fenster stehen und sah einen Augenblick lang zu, wie der Regen auf Los Angeles niederging. Ein Blitz mit fünf Ästen erhellte den Himmel. Wie es aussah, würde er noch eine ganze Weile hier festsitzen.
    Er verließ das Schlafzimmer, ging durch den Flur und betrat das Zimmer hinter dem Bad. Es war klein, aber ordentlich und diente vermutlich als Gästezimmer. Das Hauptmöbelstück war ein schmales Bett mit Eisengestell, rechts daneben stand ein kleiner Nachttisch. Ein Kleiderschrank nahm eine gesamte Wand ein. Auch in diesem Zimmer waren die Vorhänge zugezogen, aber der Stoff war ein anderer als im Wohnzimmer. Schwerer und dichter. Er ließ weder Licht noch Schatten herein.
    Hunter öffnete die Vorhänge nicht, sondern näherte sich dem Bett und strich mit der Hand über die Laken – frisch bezogen. Dann sah er in der Schublade des Nachttischchens nach. Nichts. Vollkommen leer. Hunter schloss die Schublade wieder, ging zum Kleiderschrank und öffnete die Schiebetüren. Im Innern sah es aus wie auf einem Flohmarkt. Altes Gerümpel stapelte sich – ein Staubsauger, Bücher, Zeitschriften, Lampen, einige verschlissene Mäntel, ein künstlicher Weihnachtsbaum sowie mehrere Kartons.
    »Oh«, sagte Hunter und machte einen Schritt zurück. »Einer von denen, die nichts wegwerfen können.«
    Er richtete seine Aufmerksamkeit auf die Kartons, die rechts am Boden des Schranks übereinandergestapelt waren, und zog den untersten heraus. Er war relativ schwer. Hunter stellte ihn aufs Bett und nahm den Deckel ab. Der Karton war voll mit alten Langspielplatten. Aus purer Neugier sah Hunter sich einige an – frühe Mötley-Crüe-Alben, die New York Dolls, Styx, Journey, .38 Special, Kiss, Led Zeppelin, Rush … Hunter schmunzelte. Sieh an. Littlewood war in jungen Jahren ein Metalhead.
    Er hielt inne, als ihm plötzlich eine Idee kam. Rasch ging er alle LPs im Karton durch. Das Album The Real Thing von Faith No More, das den Song enthielt, den der Killer auf Dupeks Boot hatte laufen lassen, war nicht darunter.
    Hunter kehrte zum Schrank zurück und zog einen weiteren Karton heraus. Dieser war voll mit alten Fotos – sehr alten Fotos. Hunter griff sich wahllos eine Handvoll heraus und begann sie durchzusehen. Erneut musste er schmunzeln. Auf den Bildern sah Nathan Littlewood unglaublich jung aus. Er war vielleicht achtzehn oder neunzehn, mehrere Kilos leichter und hatte zurückgekämmte, schulterlange Haare. Das verstoßene Mitglied einer Garagen-Band.
    Hunter langte tiefer in die Kiste und nahm sich einen weiteren Stapel vor. Diesmal waren es Hochzeitsfotos. Littlewood trug darauf einen eleganten dunklen Anzug und machte einen durch und durch glücklichen Eindruck. Die Braut war knapp zehn Zentimeter kleiner als er und hatte Augen, die man ganz lange ansehen wollte. In ihrem Hochzeitskleid sah sie wunderschön aus und strahlte vor Freude genau wie ihr Mann.
    Die nächsten Fotos, die Hunter aus dem Karton fischte, waren keine Hochzeitsbilder, obwohl Littlewood darauf etwa im selben Alter sein musste. Hunter hatte bereits mehrere von ihnen angeschaut und beiseitegelegt, als er plötzlich stutzte.
    »Moment mal.« Er hielt eins der Fotos etwa dreißig Zentimeter von sich weg und kniff die Augen zusammen. Er dachte

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