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Totenkünstler (German Edition)

Totenkünstler (German Edition)

Titel: Totenkünstler (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Carter
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und geschmeidig, als wüsste sie genau, dass Männer sie gerne beim Gehen beobachteten.
    »Nur nicht so bescheiden, Detective. Sie haben absolut die Befugnis, jemanden in Ihr Team zu holen, wenn Sie das wollen«, gab sie ohne jede Spur von Aggression zurück. »Ich habe mich erkundigt. Hier tanzen alle nach Ihrer Pfeife. Aber wie dem auch sei, Bezirksstaatsanwalt Bradley hat mit Polizeichef Martin Collins gesprochen, und der wiederum hat mit Ihrem ›alles andere als begeisterten‹ Captain gesprochen. Ihr blieb gar keine Wahl. Und ich fürchte, für Sie gilt dasselbe. Bezirksstaatsanwalt Bradley kriegt immer seinen Willen.«
    Hunter war erfahren genug, um einzusehen, dass weiterer Protest nicht das Geringste an der Situation ändern würde. Er hasste es, wenn sich andere Leute in seine Ermittlungen einmischten und ihm vorschrieben, was er zu tun und zu lassen hatte – daher auch sein Ruf als jemand, der sich nicht immer sklavisch an die Dienstvorschrift hielt. Aber das LAPD hatte eine klare Hierarchie, und in der rangierte er ziemlich weit unten. In manchen Situationen musste der Klügere eben nachgeben, und das hier sah verdammt noch mal nach genau so einer Situation aus. Er seufzte schicksalsergeben.
    Alices Blick streifte die Fotos an der Pinnwand. »O mein Gott«, entfuhr es ihr. Hastig wandte sie sich ab.
    Hunter fixierte sie erneut.
    »Ich habe Derek gut gekannt«, sagte sie in weicherem Tonfall. »Ich habe bei Dutzenden von Fällen für ihn recherchiert und ihm dabei geholfen, viele der Leute auf der Liste da hinter Gitter zu bringen. Er war ein anständiger Mensch, und so einen Tod hat er nicht verdient. Ich will für Sie arbeiten. Und ich weiß, dass ich es kann, weil ich nämlich auf meinem Gebiet die Beste bin. Bitte geben Sie mir die Chance, Ihnen dabei zu helfen, das Schwein zu kriegen, das Derek auf dem Gewissen hat.«

19
    Noch ehe Hunter etwas erwidern konnte, klopfte es erneut an der Tür.
    »Ganz schön viel Verkehr hier heute Morgen«, scherzte Garcia, bevor er »Herein!« rief.
    »Tut mir leid, Sir«, kam die Stimme eines Mannes von draußen. »Hände voll.«
    Alle im Raum runzelten die Stirn. Garcia ging zur Tür und öffnete.
    Draußen stand ein blutjunger Officer. Seine Uniform sah aus, als werde sie zum ersten Mal getragen. Er hatte ein großes, in schwarze Plastikfolie eingepacktes und mit Klebeband umwickeltes Paket auf dem Arm.
    »Das hat das kriminaltechnische Labor für Sie abgegeben, Detective.«
    »Ah, danke. Warten Sie, ich nehme es Ihnen ab.« Garcia befreite den Officer von seiner Last. Das Paket war leichter, als es aussah, und dank der flachen Unterseite gut zu tragen. »Drüben bei der Pinnwand?«, fragte Garcia, an Hunter gewandt, nachdem er die Tür hinter sich hatte zufallen lassen.
    »Ja, ich glaube, das ist gut.« Hunter räumte Platz auf einem kleinen Tisch frei und rückte ihn näher an die Pinnwand heran. Vorsichtig stellte Garcia das Paket darauf ab.
    »Was ist das?«, wollte Alice wissen. Sie ging um den Tisch herum.
    »Eine Nachbildung von dem da«, antwortete Garcia und deutete auf eins der Fotos an der Pinnwand.
    Hunter beobachtete, wie Alice kurz der Atem stockte. »Haben Sie jemals in einem Mordfall eng mit einem Ermittlerteam zusammengearbeitet?«, fragte er.
    »Nein«, sagte Alice fest und ohne jede Spur von Scham.
    Hunter zückte ein Taschenmesser und klappte es auf. »Tja, wie ich vorhin sagte: Das hier ist nicht der Club Med.« Geschickt durchtrennte er das Klebeband. »Sie können bleiben, wenn Sie wollen. Aber es wird kein Picknick.«
    »Ich hasse Picknicks.« Alice ließ sich nicht erschüttern.
    Hunter und Garcia zogen die schwarze Plastikfolie ab und ließen sie zu Boden fallen. Lange Zeit war das einzige Geräusch im Raum das Surren des Ventilators auf Garcias Schreibtisch. Dr. Hove hatte recht gehabt: Dem Labor war in der kurzen Zeit eine hervorragende Kopie des makabren Kunstwerks gelungen. Die Nachbildung bestand aus weißem Gips und war auf einem leichten Holzsockel montiert. Sie war nicht angemalt, trotzdem stellten sich Garcia sämtliche Nackenhaare auf, und Alices Kehle war einen Moment lang wie zugeschnürt.
    Hunters hatte nur Augen für die Nachbildung. Wie explodierende Feuerwerkskörper leuchteten im Sekundentakt Bilder der echten Skulptur vor seinem inneren Auge auf, und diese Bilder brachten auch die Gefühle zurück, die er beim Anblick des Tatorts empfunden hatte. Er sah die blutverschmierten Wände und die Blutlachen am Boden, sah die

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