Totenkünstler (German Edition)
zuständigen Teams der Spurensicherung, hatte Hunter früher am Tag mitgeteilt, dass ihm etwas Merkwürdiges an den Schuhabdrücken aufgefallen sei. Die Gewichtsverteilung sei nicht bei jedem Schritt gleich gewesen. Das legte den Schluss nahe, dass der Täter entweder einen Gehfehler hatte oder absichtlich zu große Schuhe getragen. Der Trick war Hunter wohlbekannt. Ein Sohlenprofil hatte die Spurensicherung ebenfalls nicht feststellen können, was darauf hindeutete, dass der Täter seine Schuhe mit einem Überzug aus dickem Plastik oder ähnlichem Material geschützt hatte. Das erklärte auch das Fehlen blutiger Schuhabdrücke außerhalb der Kajüte.
Brindle hatte Hunter versichert, dass sein Team die Kajüte genau so verlassen habe, wie sie sie vorgefunden hatten. Die Gegenstände, die sie zwecks kriminaltechnischer Analyse mitgenommen hatten, waren auf einer Liste verzeichnet, die Hunter dabeihatte. Alles andere befand sich noch am ursprünglichen Platz.
Hunter zog den Reißverschluss seines Tyvek-Overalls zu und betrat die Kajüte. Er machte sich keine Gedanken darüber, dass er den Tatort verunreinigen könnte; er wollte nur verhindern, dass Blut an seine Schuhe und Kleider gelangte oder der widerliche Geruch an ihm haften blieb. Denn wenn sich dieser Geruch einmal im Stoff festgesetzt hatte, konnte man ihn durch kein noch so häufiges Waschen oder Reinigen loswerden, das wusste er. Es war ein psychologischer Mechanismus. Das Gehirn assoziierte die Kleidungsstücke automatisch mit dem Geruch, und zwar auch dann noch, wenn er sich längst verflüchtigt hatte.
In der Mitte des Raums blieb Hunter stehen und ließ den Blick langsam in die Runde schweifen.
War der Täter schon an Bord gewesen, als Dupek sein Boot betreten hatte?
Die Kajütentür zeigte keinerlei Anzeichen gewaltsamen Eindringens, obwohl es für jemanden mit ein bisschen Erfahrung kein großes Problem hätte sein dürfen, die zwei Schlösser zu knacken.
Um sicherzugehen, dass ihm nichts entgangen war, durchlief Hunter im Wesentlichen noch einmal genau dieselben Schritte wie am Tag zuvor mit Garcia. Er ging zum kleinen Kühlschrank und zog die Tür auf. Er war gut bestückt – mehrere Flaschen Wasser, Käse, Aufschnitt sowie reichlich Bier. Er sah erneut im Mülleimer nach – das Einwickelpapier eines Schokoriegels und eine leere Beef-Jerky-Tüte. Keine Bierflaschen. In der kleinen Küche standen auch keine Gläser herum. Falls Dupek also jemanden zu sich an Bord eingeladen hatte, kurz bevor er zu seinem zweiwöchigen Segeltörn aufbrechen wollte, dann höchstwahrscheinlich nicht für ein geselliges Beisammensein.
Also was dann?
Garcia hatte gemutmaßt, dass der Täter Dupek außerhalb des Bootes mit einer Waffe bedroht und gezwungen haben könnte, die Tür aufzuschließen, bevor er ihn mit dem Schlag ins Gesicht außer Gefecht setzte. Doch nach eingehender Betrachtung beider Tatorte und mit Dr. Hoves Vermutung im Hinterkopf, dass die bevorzugte Waffe des Täters ein elektrisches Tranchiermesser war, fand Hunter diese Theorie wenig plausibel. Der Täter mochte keine Schusswaffen.
Er durchquerte die Kajüte bis zur gegenüberliegenden Wand, wo sich die größte Blutlache befand. Der Stuhl, auf dem Dupeks Leiche gesessen hatte, war von der Spurensicherung mitgenommen worden, aber die Stelle, an der er gestanden hatte, war mit Klebeband markiert. Hunter blieb stehen und sah sich um. Man konnte sich nirgendwo verstecken. Jeder, der den Versuch unternahm, hier jemandem aufzulauern, würde sofort entdeckt werden – es sei denn, er war ein Zwerg. Schon von der Tür aus hätte Dupek die gesamte Kajüte im Blick gehabt. Lediglich das Badezimmer war nicht einzusehen, allerdings galt das nur bei geschlossener Tür. Wenn der Täter sich dort versteckt gehalten hatte, hätte er zwei Möglichkeiten gehabt: zu warten, bis Dupek aus irgendeinem Grund die Badezimmertür öffnete, und ihn dann mit einer entsprechenden Schlagwaffe niederzustrecken; oder selbst die Tür zu öffnen und Dupek zu attackieren, sobald dieser die Kajüte betrat.
Hunter erkannte sofort, was gegen diese beiden Möglichkeiten sprach. Wie in jeder Bootskajüte war auch hier das Bad alles andere als großzügig geschnitten. Dr. Hove war sich sicher, dass Dupek durch einen einzigen heftigen Schlag betäubt worden war, und dieser Schlag hatte ihn mit viel Schwung von rechts getroffen. Einen solchen Schlag auszuführen, wenn man in Dupeks Badezimmer stand, war völlig unmöglich. Es gab
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