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Totenkult

Totenkult

Titel: Totenkult Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Eberl
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wenn er als ihr besorgter Lebensretter bei ihr auftauchte. Und dann würden sie Klartext reden. Keine weiteren Überfälle.
    Aus Gewohnheit nahm Bosch den Weg über den Uferstreifen. Schon als er zwischen den tief hängenden Zweigen hindurchkroch, konnte er sehen, dass die Fenster und Terrassentüren geschlossen waren. Das mächtige Holzschindeldach wölbte sich über das Bauernhaus, als wollte es die Geheimnisse seiner Bewohner beschützen. Die Blumenbeete sahen wie die leblose Dekoration für ein Lifestyle-Magazin aus. Das Anwesen wirkte leer.
    Einen Moment zögerte Bosch weiterzugehen. Wieder einmal war er dabei, sich in die Angelegenheiten fremder Leute einzumischen. Diese unselige Angewohnheit hatte ihn schon oft genug in Schwierigkeiten gebracht. Allerdings waren es genau diese Leute, die ungefragt an seinem Leben teilnahmen und ihm seine Ruhe raubten. Und er wollte endlich wissen und verstehen, warum. Entschlossen stapfte Bosch den Kiesweg zum Haus hinauf.
    Die Terrasse sah aus, als wäre sie eben erst verlassen worden. Auf dem Tisch stand ein halb herabgebranntes Windlicht, daneben lagen Aktenordner und Bauzeichnungen. Eine Modezeitschrift und ein Briefumschlag waren achtlos hingeworfen. Und die ungelesene Tageszeitung vom Vortag. Obwohl es bereits auf den Abend zuging, hatte die Aschenbach die aktuelle Ausgabe noch nicht aus dem Postkasten genommen. Bosch bekam ein mulmiges Gefühl. Er ging auf den Rasen zurück und schaute zum Balkon hinauf. Vielleicht lag sie da oben. Leblos wie ihr Mann. Die Vorhänge im Schlafzimmer waren aufgezogen.
    »Frau Aschenbach?« Nichts rührte sich. Wie gemeißelt standen die Vorhänge im Fenster. »Frau Aschenbach!« Entweder sie war nicht zu Hause, was angesichts ihres Autos vor dem Haus unwahrscheinlich war, oder sie war tot.
    Boschs mulmiges Gefühl verdichtete sich zu echter Sorge. Er ging ums Haus und spähte durch die Verglasung der Küchentür. Hinter der Christusfigur über der Essecke steckten jetzt Zweige. Auf dem Tisch darunter stand eine Kaffeetasse mit aufgemalten Rosen. Sonst konnte er kein Lebenszeichen entdecken.
    Bosch ging weiter zum Vorplatz. Die runde Karosserie des Porsche glänzte wie der Panzer eines Skarabäus. Das monströse Insekt schien den Eingang zu bewachen. Er wandte dem Auto den Rücken zu. Die Haustür wurde von einem barocken Portal aus rotem Marmor eingefasst. Daneben hing eine Messingglocke mit einer Kette. Aber es gab auch ein modernes Klingelschild. Bosch drückte den Knopf, und im Inneren des Hauses begann eine Melodie zu spielen: »Eine kleine Nachtmusik«. Wolfgang Amadeus Mozart. Wem fiel denn so was ein? Er ließ die Musik ein paarmal spielen. Umsonst.
    Nur um nichts zu übersehen, vollendete Bosch seinen Rundgang ums Haus. Dann stand er wieder auf der Terrasse. Und jetzt? Sein Blick wanderte über die Aktenordner, das Modeheft und die Baupläne. Unter einem durchsichtigen Plastikblatt konnte er eine Zeichnung des Projekts erkennen. Sie war kunstvoll und detailreich und zeigte eine Kirche. Er fasste den Plan mit zwei Fingern und zog sie zu sich heran. Dann blieb ihm die Luft weg.
    » HOTEL AU LAC «, stand in Großbuchstaben über dem Portal. Luxusautos waren davor eingezeichnet, ein Page lief die Stufen hinunter, um einem Ankömmling das Gepäck abzunehmen. Hinter dem Hotel schimmerte der Wolfgangsee, und über die beiden Türme ragte die schräge Spitze des Schafbergs. Es war eine touristische Idylle. Nur die Wasserspeier störten, die ihre dämonischen Fratzen über die Regenrinnen beugten und das ganze Spektakel zu ihren Füßen mit Häme zu beobachten schienen.
    Bosch musste lachen. Das konnten nur die letzten Pläne des seligen Aschenbach sein. Zweifellos hatte er sie Henri noch präsentieren wollen und war nicht mehr dazu gekommen. Es wäre vergebliche Liebesmüh gewesen. Den ganzen Sommer hatte Henri mit Feuereifer den Umbau des Schlosses vorangetrieben. Sein Herz hing an diesem Museum. Niemals hätte er Aschenbachs hochfliegenden Plänen zugestimmt.
    Bosch schob den Bauplan wieder in die Plastikhülle. Dann fasste er einen Entschluss. Es war sicher zu früh, die Polizei wegen Frau Aschenbach zu verständigen. Gut möglich, dass sie mit einer Freundin für einen Tag weggefahren war. Eine längere Reise schloss er aus, sonst hätte sie sicher die Sachen von der Terrasse geräumt. Sollte sie in ein bis zwei Tagen nicht zurück sein, würde er etwas unternehmen.
    Erleichtert machte er sich auf den Heimweg. Als er den Weg zum See

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