Totenmahl - Totenmahl - Death Dance
fragte ich.
»Nein«, sagte Kestenbaum. »Schauen Sie in eine der anderen Tüten. Der Täter muss ihr befohlen haben, einen Schuh auszuziehen, bevor er sie umgebracht hat.«
Jedes Beweisstück wurde separat eingetütet, um zu verhindern, dass irgendeine Substanz - und sei es in noch so mikroskopisch kleinen Mengen - von einem Gegenstand auf einen anderen gelangte. Dazu verwendete man einfache braune Papiertüten, in denen blutige oder feuchte Oberflächen trocknen konnten, anstatt in Plastiktüten vor sich hin zu schimmeln.
»Der Schuh lag unter ihrem Körper. Wir müssen uns das Spritzmuster genauer ansehen. Mit den Bändern hat er ihr die Hände hinter den Rücken gebunden. Somit war sie wehrlos, und er konnte sie einfacher in den Schacht werfen. Ehrlich gesagt, bin ich überrascht, dass man sie nicht geknebelt hat.«
»Das können Sie nur sagen, weil dieses lärmende Gebläse jetzt abgestellt ist. Als wir vorhin ankamen, herrschte hier ein Krach wie beim Start einer ganzen Boeing-Flotte«, sagte Mike. »Dabei hört man nichts mehr.«
Mercer nahm die kleinere Tüte, holte zwei elfenbeinfarbene, farblich genau auf die Schuhe abgestimmte Seidenbänder heraus und besah sich die Enden. Die Seite, die mit dem Schuh vernäht gewesen war, war abgerissen. Dann schnupperte er an den Bändern und hielt sie mir unter die Nase. »Riecht nach Minze, oder?«
»Ja. Könnte Zahnseide sein. Die Tänzer sind für ihre Schuhe selbst verantwortlich - sie tanzen sie ein, härten die Spitzen mit Harz und nähen die Bänder an«, sagte ich. Ich ging jeden Samstag in eine Ballettstunde, an der auch ein paar Solistinnen des American Ballet Theater teilnahmen. In den Pausen saßen sie mit ihren Stulpen an der Wand unter den Stangen und behandelten ihre Schuhe, die sie im Laufe einer Saison zu Dutzenden verbrauchten.
»Zahnseide?«, fragte Kestenbaum. »Das müssten wir im Labor testen lassen.«
»Das ist momentan der letzte Schrei - sie ist stabiler und breiter als herkömmliche Nähseide.«
Kestenbaum reichte Mike einen kleinen braunen Umschlag. »Sieht so aus, als hätte das Opfer die hier jemandem ausgerissen.«
Es waren acht bis zehn seidige weiße Haarsträhnen. »Waren sie in ihrer Hand?«, fragte ich.
»Schwer zu sagen, da sie während ihres Sturzes gegen die Wand prallte. Einige davon klebten hinten an ihrem Rock, also hat sie sie vielleicht in der Faust gehabt, bevor sie herumgeschleudert wurde.«
»Können Sie davon eine mitochondriale DNA-Analyse machen?« Bei einer Haarprobe dauerte das Verfahren viel länger als bei Körperflüssigkeiten, und außerdem war die Verwendung mitochondrialer DNA vor Gericht noch umstritten.
»Falls sie nicht die Haarwurzeln erwischt hat - ja, dann müssen wir eine Mito-Analyse machen lassen. Wir schicken sie noch heute per Eilversand ans FBI.« Diese Art der DNA-ANALYSE konnte auch gemacht werden, wenn keine Haarwurzel vorlag, die für eine herkömmliche nukleare DNA-ANALYSE benötigt wurde.
»Woher stammt das?« Mike entnahm dem letzten Umschlag einen kleinen schwarzen Gegenstand.
»Keine Sorge. Hal hat es fotografiert, bevor ich es eingetütet habe. Es wäre sonst wahrscheinlich hinuntergefallen, als man die Leiche aufhob«, sagte der Pathologe. »Es hatte sich in ihrem Rock verfangen. Wahrscheinlich hat sie es im Fallen mitgerissen. Aber ich wollte es nicht liegen lassen. Irgendein Verteidiger hätte es bestimmt auf den Fotos gesehen und mich beschuldigt, es weggeworfen zu haben. Ich weiß nicht, was es ist.«
»Sie verbringen zu viel Zeit am Mikroskop. Sie müssen Ihrem Gehirn mal eine Pause gönnen und hin und wieder mit den Händen arbeiten«, sagte Mike. »Haben Sie noch nie einen Hakennagel gesehen?«
Ich beugte meinen Kopf vor. Der Nagel war in der Mitte rechtwinklig abgeknickt.
»Die sind hier überall. Gehen Sie in die Bühnenwerkstätten; mit diesen Dingern werden wahrscheinlich sämtliche Teile des Bühnenbildes zusammengehalten. Wenn die Arbeiter auf der Bühne die Sperrholzplatten zusammenstecken, brauchen sie dazu diese kleinen Dinger. Ich wette, hier in der Met liegen mehr Hakennägel herum als im Yankee-Stadion Erdnussschalen.«
»Hast du irgendwelche Ideen?«, fragte Mercer.
»Sag dem Polizeipräsidenten, dass wir eine ganze Armee brauchen. Bis wir alle Mitarbeiter vernommen und überprüft haben, bis wir ihre Alibis geprüft haben, um uns dann um die zu kümmern, die möglicherweise von draußen eingedrungen sind, werde ich alt genug sein, um meine
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