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Totenmal

Totenmal

Titel: Totenmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Lykk
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die hier ein Shoppingcenter »im Herzen Schleswig-Holsteins« errichten wollte.
    Malbek hatte sich diese Details im Internet schnell zusammengelesen und war dann, ohne telefonische Anmeldung, an einem Kundenterminal erschienen. Nachdem er seinen Dienstausweis vorgelegt und auf die richterlichen Beschlüsse in der dünnen Aktenmappe in seiner Hand verwiesen hatte – ohne sie der Dame im grauschwarzen Hosenanzug zu zeigen –, lief die Dame aufgeregt in eine der Nischen des Mittelschiffs und kehrte mit einer identisch gekleideten Dame zurück, die allerdings etwa zehn Jahre älter war. Diese Dame verlangte die richterlichen Beschlüsse zu sehen. Malbek weigerte sich und verlangte nach einer »auskunftsberechtigten Person«, der er den Beschluss vorlegen würde.
    Malbek provozierte diese Prozedur nicht das erste Mal. Weil sie ihm jedes Mal wieder Spaß machte. Wie er erwartet hatte, verschwand die ältere Dame wieder in einer der Nischen, kam nach genau sieben Minuten zurück und bat Malbek, ihr zu folgen. Sie gingen über eine mutig am Rand des Mittelschiffs aufgehängte Treppe in den ersten Stock.
    Sie klopfte an die Tür einhundertsiebzehn, öffnete sie, sagte den Namen Malbek in den Raum, danach verschwand sie, ohne ihn anzusehen oder sich irgendwie zu verabschieden.
    Â»Wachsmut«, stellte sich der junge Mann vor, als er die Ausfertigungen der richterlichen Beschlüsse entgegennahm. Er hob sich nur ein paar Zentimeter aus dem Stuhl, als er Malbek die Hand reichte. »Ich hab von der Sache in der Zeitung gelesen.«
    Ein frischgebackener Assessor mit Babyspeck und magerem Einstiegsgehalt, dachte Malbek. Mehr war er ihnen nicht wert. Blasses Gesicht, pechschwarz gefärbtes, gegeltes, glatt nach hinten gestriegeltes Haar, am Hinterkopf in mehreren Entenpürzeln auslaufend, wie Malbek sah, als Wachsmut sich umwandte, um eine vor ihm liegende Akte auf das Fensterbrett zu legen.
    Â»Ich habe mir den Vorgang schon seit dem Zeitungsbericht bereitgelegt«, sagte er, öffnete eine Schublade rechts unten und legte die Mappe auf den Schreibtisch.
    Eine Registratur für Hängeordner, dachte Malbek. So etwas hatte er auch in seinem Schreibtisch. Für die heißen Sachen. Eifriger Knabe.
    Wachsmut blätterte ein wenig hin und her. »Nichts Ungewöhnliches. Seit ein paar Jahren Bezüge von der Agentur für Arbeit.« Er sah Malbek an, als ob das das Ende der Durchsage wäre.
    Â»Und vorher?«, fragte Malbek brav. Er genoss auch dieses ihm längst bekannte Spielchen. Es war immer sehr wichtig für die Ermittlungen, sich die benötigten Auskünfte in der Sprache der Bank schildern zu lassen, die ihm die Kollegen von der Wirtschaftskriminalität in die Sprache des Strafgesetzes übersetzen konnten. Alles zusammen ergab dann den Slang des Alltags, der die Motive der Beteiligten freilegte.
    Wieder blätterte Wachsmut hin und her und gelangte schließlich zu ein paar Seiten, in die Vertragsformulare eingeheftet waren. »Er hat einige Jahre gebraucht, um eine kleine Spedition aufzubauen, die über …«, er blätterte etwas nervös zurück, »… einen gewissen Zeitraum einen soliden Umsatz aufwies.«
    Â»Und danach?«, fragte Malbek geduldig.
    Â»Hat der Kunde neue langfristige Aufträge bekommen, die es ihm ermöglichten, den Kreditrahmen zu erweitern und ein paar Leasingverträge abzuschließen.«
    Â»Donnerwetter, das klingt aber gut. Und was passierte dann?«
    Es dauerte eine Weile, bis Wachsmut genug herumgeblättert hatte, um Malbeks Frage zu beantworten. »Bevor wir den Kreditrahmen erweitern konnten und die Bonität für die Leasingverträge …«, er sah Malbek milde lächelnd an, »… ausreichend war, benötigten wir weitere Sicherheiten, die der Kunde dann überraschenderweise in Form liquider Mittel bereitstellte.«
    Â»Was habe ich mir darunter vorzustellen, ich meine, unter diesen flüssigen Mitteln?«
    Â»Er hat Bargeld auf sein Konto eingezahlt, sodass der benötigte Kreditrahmen geringer war. Und die Bonität war …«
    Â»Hat Sie zufriedengestellt, nehme ich an.«
    Wachsmut nickte vorsichtig.
    Â»Woher stammte dieses Bargeld?«
    Â»Das entzog sich unserer Kenntnis. Es ist oft so, dass Kunden in solchen Situationen unbekannte Reserven anzapfen.«
    Â»Anzapfen?«
    Â»Entschuldigen Sie, vielleicht hätte ich

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