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Totenmal

Totenmal

Titel: Totenmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Lykk
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zuschiebt!«
    Â»Ihr Mann ist tot, Frau Kleemann. Er wird Ihnen für nichts mehr die Schuld zuschieben.«
    Sie schien Malbek nicht zuzuhören, sah in sich gekehrt auf den dicken Wollteppich. Plötzlich erwachte sie wieder und sagte müde: »Ich habe es Dagobert immer wieder gesagt, immer wieder vorgehalten. Er hat nicht auf mich gehört. Sich von anderen etwas einflüstern lassen. Wer weiß, was sich da alles in dem Dunstkreis dieser Praxis so herumgetrieben hat.«
    Â»Hat Ihr Sohn davon gewusst? Ich meine, vom Abschluss des Vertrages und auch von der Forderung, Geld nachzuzahlen?«, fragte Malbek.
    Â»Der interessiert sich nicht dafür.«
    Â»Haben Sie ein Schreiben bekommen, in dem diese Nachverpflichtung geltend gemacht wird?«, fragte Lüthje.
    Â»Ja, das hab ich doch auch gesucht.« Sie deutete auf den Stapel Papier auf dem Beistelltisch. »Ich hatte es schon in der Hand, und dann war es wieder weg.«
    Â»Haben Sie oder Ihr Mann einen Anwalt beauftragt?«, fragte Lüthje.
    Â»Nur beim ersten Mal wegen der zweiundvierzigtausend. In dem Haufen Papier müsste es auch sein.« Sie machte wieder einen erschöpften Eindruck, fiel in sich zusammen. »Liegt aber schon ein paar Jahre zurück. Das war eine Anwältin. Aber das hat sich irgendwie im Sande verlaufen. Wer weiß, was da gemauschelt wurde …«
    Â»Wissen Sie noch, wie die Anwältin hieß?«
    Sie dachte nach. Ihr Brustkorb hob und senkte sich heftig. Schließlich schüttelte sie den Kopf, atmete lange aus und machte mit dem rechten Arm eine weit ausholende Geste. »Das ist schon Jahre her. Dagobert wollte keinen Anwalt aus Schleswig haben. › Die klüngeln hier alle‹, hat er immer gesagt. Ich weiß ja nicht, wie er darauf kommt, aber er hat schließlich eine Anwältin aus Rendsburg genommen. Einen komischen Namen hatte die. Vielleicht sind die Unterlagen auch gar nicht dabei. Was älter als fünf Jahre ist, werfe ich regelmäßig weg. Dagobert hat doch jeden Müll behalten wollen.«
    Sie beugte sich vertraulich zu Lüthje und Malbek vor, aber sie senkte ihre Stimme nicht, sondern rief so laut, dass Malbek und Lüthje zusammenzuckten: »Ein Messie war er. Wollen Sie die Garage mal sehen?«
    Â»Ja, später vielleicht. Hat er hier im Haus ein Arbeitszimmer oder wenigstens einen Schreibtisch mit Computer gehabt?«
    Sie erhob sich. »Kommen Sie mit!«, sagte sie mit tiefer, drohender Stimme.
    Sie folgten ihr wieder durch den weitläufigen Eingangsbereich, bis rechts eine breite Treppe auftauchte, die in das Obergeschoss führte. Dort gingen von einem Flur sechs Türen ab, die alle geschlossen waren. Sie ging zur letzten Tür auf der linken Seite, öffnete sie und blieb außerhalb des Zimmers stehen.
    Â»Bitte sehr!«
    Es war ein geräumiges Mansardenzimmer mit Balkon zum Garten. Unter dem rechten Fenster stand ein minimalistischer Schreibtisch, bestehend aus zwei Edelstahlböcken, auf denen eine dicke Glasplatte lag. Darauf stand ein schicker Laptop in weißem Apfeldesign. Auf und unter der Glasplatte lagen bedruckte Papierseiten, die, ähnlich wie vorhin im Wohnzimmer, im ganzen Zimmer verteilt waren. Unter der Glasplatte stand ein Rollcontainer aus Metall, dessen Schubladen sämtlich offen standen. An den Wänden hingen gerahmte Drucke, die alte Ansichten Schleswigs und Darstellungen ärztlicher Instrumente aus vergangenen Jahrhunderten zeigten. Und drum herum ein großes Haus mit vielen teuer ausgestatteten Zimmern, einem Wintergarten, einem Grundstück, das Platz für einen großen Rasen, Bäume, Sommerfeste mit hundert Gästen oder mehr hatte, Blick auf die Schlei und den Schleswiger Dom, zwei Garagen …
    Malbek dachte an Peter Arens’ Wohnwagen, diese winzige Behausung, die aus versifften Resopalwänden und stinkender Bettwäsche bestand. Welche Verbindung gab es zwischen Peter Arens und Dr. Dagobert Kleemann? Vor Malbeks geistigem Auge schob sich das Bild seines eigenen Zuhauses, seines geliebten Wohnmobils, zwischen diese Gegensätze. Bei ihm war alles frisch gewaschen, und es stank nicht. Und er hatte ein Notebook, nicht so schick wie das des ermordeten Dr. Kleemann, aber immerhin. Irgendwie hing er zwischen den beiden Gegensätzen Peter Arens und Dr. Kleemann. Mehr in Richtung Peter Arens. Das war schon immer so gewesen, dass er in keine Schublade passte. Was

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