Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Totenmesse

Titel: Totenmesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
Vom Netzwerk:
einem Heißluftballon aus einem Gefangenenlager fliehen und auf einer seltsamen Insel landen. Ein Satz des Ingenieurs Cyrus Harding hat sich für immer in meinem empfänglichen kindlichen Sinn festgesetzt. Er sagt: ›Ich glaube, dass eines Tages Wasser als Brennstoff verwendet werden wird, dass der Wasserstoff und der Sauerstoff, aus denen es zusammengesetzt ist, entweder für sich oder zusammen eine unerschöpfliche Quelle für Wärme und Licht bieten werden.‹
    Wasser, diese dem Anschein nach harmlose Flüssigkeit, die mehr als die Hälfte des Erdballs bedeckt, aus der mehr als die Hälfte unseres Körpers besteht, bindet ja eine enorme Energie. Diese Energie sollte freigesetzt werden können.
    Ich glaube fest, dass es die Vision von Jules Verne war, die mich dazu brachte, Physik und Chemie zu studieren, und die Welt, in der ich aufwuchs, experimentierte von nun an mit den Möglichkeiten des Wasserstoffs. Doch dann kam der Krieg, der große Erdölkrieg.
    Drei Viertel der Masse des Universums bestehen aus Wasserstoff, neunzig Prozent aus allen seinen Molekülen. Das ist wahrhaftig eine unendliche Energiequelle. Und wenn Wasserstoff verbrennt, bleibt nur Wasser zurück. Zuerst zieht man Wasserstoff aus dem Wasser, dann verbrennt man ihn zu Wasser. Und in diesem Kreislauf hat man alle Energie freigesetzt, die auf dem Erdball benötigt wird.
    Ich bin 1913 geboren. Das bedeutet, dass ich im nächsten Jahr dreißig geworden wäre, wenn ich hätte leben dürfen. 1923 war ich also zehn Jahre alt. Da las ich die Übersetzung eines Vortrags, den ein Mann namens Haldane in Cambridge gehalten hat. Er sprach über die unendlichen Möglichkeiten des Wasserstoffs, seine überlegene Fähigkeit, Energie zu lagern wie auch zu produzieren. Er baute das komplette Szenario einer Welt auf, in der alle Energie sauber ist. Keine Ölabgase, keine Umweltverschmutzung, keine Fossilien, die die Atmosphäre vergiften. Und es gab keinen Grund zu glauben, dass es sich um eine Utopie handelte. Haldanes Vision war vollkommen realistisch. Wenn man wirklich wollte.
    Dass es ein paar Grundprobleme gibt, die gelöst werden müssen, war mir früh bewusst. Ich machte mich daran, sie zu lösen. Das war mein Forschungsvorhaben.
    Wasserstoff findet sich zwar überall im Universum, doch das große Problem besteht darin, es in Form von Wasserstoffgas zu erhalten. Es gibt verschiedene Methoden, und man kann sie in zwei Hauptgruppen teilen. Die einfachste besteht darin, fossile Brennstoffe mit Wasserdampf reagieren zu lassen, doch diese Methode ist nicht besonders effektiv, und außerdem ist das Endprodukt Kohlendioxid. Die zweite Methode ist die Elektrolyse, bei der auf elegante Art und Weise Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff getrennt wird. Der Wasserstoff blubbert an der Kathode hoch, der Sauerstoff an der Anode. Doch es ist die Zufuhr von Elektrizität erforderlich.
    Ich glaubte, eine dritte Methode gefunden zu haben, eine viel effektivere, und auf diese war der erste Teil meiner Forschung ausgerichtet.
    Aber der grundlegende Prozess Wasser-Wasserstoff-Wasser bringt weitere Probleme mit sich. Das nächste ist das Problem der Aufbewahrung. Wie lagert man Wasserstoffgas? Eine Welt, die ihre gesamte Energie aus Wasserstoff bezieht, müsste über enorme Lagerungskapazitäten verfügen. Komprimierung ist möglich, doch nur bis zu einem gewissen Grad. Die beste, aber schwierigste Methode ist die Herstellung flüssigen Wasserstoffs, doch sie erfordert Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt.
    Auch hier glaubte ich, einer Alternative auf der Spur zu sein. Einer vorübergehenden, leicht lösbaren Vereinigung, die Wasserstoff zu einer leicht zu lagernden Substanz machte.
    Schließlich die Verbrennung – oder vielleicht sollte ich es die Energiegewinnung nennen, denn es gibt sowohl kalte als auch warme Verbrennung. Die warme findet in Wasserstoffmotoren statt – so haben wir Deutschen es in den Zeppelinen praktiziert, die vor gar nicht so langer Zeit (auch wenn es einem so vorkommt) die alte und die neue Welt verbanden, vollkommen friedlich. Das Wasserstoffgas im Ballon konnte als Reservebrennstoff genutzt werden.
    Kalte Wasserstoffverbrennung dagegen findet in sogenannten Brennstoffzellen statt, die die wirkliche Zukunft sind. Sie wurden schon 1839 erfunden und stellen das Gegenteil des Elektrolyts dar. Man führt Wasserstoffgas und

Weitere Kostenlose Bücher