Totenmesse
Weile verdächtigten wir also den Ehemann Johan Lidström. Computerfachmann. Normalerweise war er der Einzige in der Familie, der Ãpfel aÃ, aber ausgerechnet an diesem Tag war Anna auf die Idee gekommen, den Sohn mit Apfelstückchen zu füttern. Und den Rest selbst zu essen. Es war ziemlich scheuÃlich. Ein Nachbar, Vater von Kindern im gleichen Alter, hat sie gefunden. Es war kein schöner Anblick. Die Gesichter waren lila-blau, und die Augen fast aus den Schädeln getreten. Willst du ein Bild sehen?«
»Nicht nötig«, sagte Kerstin Holm. »Wie hat Johan Lidström reagiert?«
Ã
kesson las in der aufgeschlagenen Akte. »Er hat sich selbst angeklagt. Sehr laut und dramatisch, dem verantwortlichen Ermittler zufolge. Als wäre es sein Fehler gewesen. Und seine Trauer war nicht zu verkennen. Hier steht auch ein Zitat: âºIch sollte sterben, begreift ihr das nicht?â¹Â«
»Was ist aus ihm geworden?«
»Er ist verschwunden. Auch das hat die Polizei beschäftigt, aber verschwundene Personen haben in Einsparzeiten nicht gerade höchste Priorität. Keine lebenden Verwandten, auÃer auf Annas Linie. Die erhielten schlieÃlich die Genehmigung, die Villa zu verkaufen.«
»Er ist also weiterhin verschwunden?«
»Hat sich in Luft aufgelöst«, sagte Bengt Ã
kesson, und Kerstin Holm befand sich wieder in einem klarblauen Bannkreis.
Lauras Antikladen lag an der Artillerigatan auf Ãstermalm in Stockholm. In dem wunderbar duftenden kleinen Geschäft befanden sich zwei Personen, die auf Arto Söderstedt und Viggo Norlander warteten. Eine klapperdürre kleine Frau um die fünfundsiebzig stand hinter der Kasse, und vor ihr saà in einem kostbaren alten Sessel ein distinguierter älterer Herr im Nadelstreifenanzug mit karierter Fliege.
Der Mann stand auf und sagte: »Beim nächsten Mal aber sauberes Spiel, meine Herren.«
»Herr Adlerstråhle«, sagte Söderstedt und streckte die Hand aus. Herr Adlerstråhle ergriff sie und schüttelte sie männlich. »Ich war wirklich der Meinung, Sie wären es gewesen«, sagte er. »In dieser Branche gibt es so viele Tricks.«
»Aber die Wahrheit ist also, Herr Adlerstråhle, dass Sie den Mann nie gesehen haben, der Ihnen vors Schienbein getreten hat?«
»Es war sehr voll auf dieser Auktion. Wie immer auf dem Lande.« Söderstedt trat ein paar Schritte zur Seite und begrüÃte mindestens ebenso höflich Frau Laura selbst.
»Laura Riddarsporre«, sagte sie. »Willkommen, meine Herren, in meinem einfachen Laden.«
»Gnädige Frau.« Söderstedt verbeugte sich und vermied es, Viggo Norlanders Blick zu begegnen.
»Es ist sehr viel angenehmer, Ihnen unter diesen Umständen zu begegnen, Herr Söderstedt«, sagte Frau Laura und lächelte einnehmend. »Mit dem Schreibtisch haben Sie wirklich einen guten Fang gemacht.«
»Wenn auch nicht ohne fremde Hilfe«, sagte Söderstedt. »Wie kam es, dass Sie nicht weiter geboten haben?«
»Ein Mann hat mich weggezogen unter dem Vorwand, mir ein phantastisches Geschäft anzubieten. Ich hatte das Gefühl, gekidnappt zu werden, aber die Leute rundherum haben nichts bemerkt. Dann lieà er mich plötzlich los und verschwand.«
»Um Herrn Adlerstråhle vors Schienbein zu treten«, nickte Söderstedt. »Haben Sie den Mann erkannt?«
»Es war der Mann, der kurz vorher mit uns gesprochen hatte. Der, der wollte, dass man âºChronometerâ¹ und nicht âºUhrâ¹ sagt.«
»Dieser Mann?«, fragte Söderstedt und hielt ihr ein inzwischen ziemlich zerknittertes Foto hin.
»Ja«, nickte Frau Laura. »Der war es.«
»Und dann ist er also spurlos verschwunden?«
»Ich habe nicht âºspurlosâ¹ gesagt«, lächelte Frau Laura.
Dass Söderstedt und Norlander sie so verwirrt ansahen, lieà sie noch ein bisschen breiter lächeln.
Sie fuhr fort: »Ich habe ihn danach noch einmal gesehen. Als er in sein Auto stieg.«
»Was für ein Auto?«, schnaufte Söderstedt.
»Mit Automarken kenne ich mich überhaupt nicht aus â¦Â«, sagte Frau Laura mit einer abweisenden Handbewegung, aber Söderstedt konnte nicht umhin, die drei Punkte zu registrieren, mit denen der Satz endete.
»Aber �«, sagte er.
»Aber mit Buchstaben und Ziffern.«
Sara Svenhagen und Lena Lindberg befanden sich
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