Totenmesse
Suchlistenerschienen auf den beiden Bildschirmen. Fieberhaft wurden Tastaturen und Maustasten bearbeitet, Computer klangen und pfiffen, Reihen von Codes flimmerten vorbei, und als Chavez das Gefühl hatte, nahe am Ziel zu sein, hörte er Andersons Stimme: »Fertig!«
»Tatsächlich?«, sagte Chavez enttäuscht und klickte weiter.
»Hier ist die IP-Adresse des Computers, der Arto Söderstedt aufgefordert hat, ein Gebot auf einen Schreibtisch in Roslagen abzugeben.«
Und dann folgte eine komplizierte Reihe von Ziffern, die Chavez gegen seinen Willen bis zum letzten Punkt im Kopf behielt.
Die IP-Adresse ist die einmalige Ziffernkombination, die jedem Computer mit Internetanschluss zugeteilt wird und die er bei jedem Besuch auf einer Homepage hinterlässt. Sie ist der Fingerabdruck des Computers.
»Klingt nach Tele2«, sagte Chavez und machte unbeirrt weiter.
»Du kannst aufhören«, sagte Jon Anderson stolz. »Ich habe gewonnen.«
»Wir müssen das auf jeden Fall kontrollieren«, brummte Chavez.
»Tele2?«, sagte Anderson und schlug einen Katalog auf. »Da bin ich nicht so sicher.«
Offenbar nicht, dachte Chavez und bearbeitete seine Tastatur weiter. SchlieÃlich kam er an einen Punkt, wo die IP-Nummer angegeben war. Leider stimmten alle Ziffern mit denen überein, die Anderson herausgebrüllt hatte.
»Hallo, ist dort Spray?«, tönte Anderson in seinen Telefonhörer. »Also nicht Tele2? Nein. Habe ich mir doch gedacht. Hier spricht Jon Anderson von der Spezialeinheit für Gewaltverbrechen von internationalem Charakter bei der Reichskriminalpolizei. Wir suchen die Identität folgender IP-Adresse.«
Und dann kam die verdammte Ziffernreihe.
Ein sehr verstimmter Jorge Chavez beschäftigte sich näher mit der Ziffernreihe. Dann hatte er einen kleinen Einfall. Wo war dieser Computer vorher gewesen? Welche Seiten hatte er besucht? Wohin hatte er E-Mails versendet?
»Ja, das lässt sich bestätigen«, sagte Jon Anderson zum Telefonhörer. »Wir haben einen Polizeicode. Er lautet folgendermaÃen.«
Aber Chavez hörte nicht zu. Er hämmerte auf seine Tastatur ein. »Nicht zu fassen«, sagte er.
»Nennen Sie mir den Namen des Benutzers«, sagte Anderson.
»WeiÃt du, wo er gewesen ist?« sagte Chavez. »Bei uns allen ist er drin gewesen. Hat unsere Post gelesen. Wie, zum Teufel, ist er da reingekommen?«
»Aber es ist doch alles bestätigt«, sagte Anderson. »Nennen Sie mir den Benutzernamen.«
»Irgendwie ist er in das interne Netz der Polizei gelangt und hat unsere E-Mails gelesen«, sagte Chavez. »Das hat schon vor ein paar Monaten angefangen. Mit Gunnar Nybergs Mail an Ludmila. Intime Geschichten. Dann hat er seine Tätigkeit ausgedehnt, und hier kann man sehen, wann ihm Artos Suchanzeige wegen des Schreibtischs vor Augen gekommen ist. Höchst faszinierend.«
»Den Benutzernamen!«, schrie Jon Anderson den völlig unschuldigen Telefonhörer an.
»Er hat meine privaten Mails an Sara gelesen«, sagte Chavez. »Und deine an zwei Ehrenmänner namens Horny Heinrich und Buttrocky.«
»Was?«, rief Anderson. »Was redest du da?«
»Und an eine etwas weniger subtile Figur namens Storballen.«
»Das war weniger toll, als es klingt«, sagte Anderson relativ ruhig. »Er ist tatsächlich drin gewesen und hat unsere Post gelesen? Warum? Was will er mit uns?«
»Arto ist SchlieÃfach der Bank geworden«, sagte Chavez. »Vielleicht ist das schon alles.«
»Das klingt aber gar nicht so. Hört sich verdammt unangenehm an.«
»Lässt sich nicht leugnen«, nickte Chavez und blätterte die Liste weiter durch.
»Ja, den Benutzernamen«, brüllte Jon Anderson.
»Der hat tatsächlich irgendwas mit uns vor«, murmelte Chavez.
»Danke«, sagte Anderson und knallte den Hörer auf.
»Na?«, sagte Chavez und hob den Blick.
»Nein, kein Lidström«, sagte Anderson. »Allvin. Andreas Allvin.«
»Ein Pseudonym. Allerdings mit der Adresse Tantogatan 41.«
»Andreas?«, sagte Chavez.
»Johan Lidström?«, sagte Geir in verständlichem Schwedisch.
Sara Svenhagen warf einen Blick auf Lena Lindberg, die gegenüber dem Norweger mit den Vatergefühlen eine zielbewusst arrogante Miene aufgesetzt hatte. Oder was für Gefühle es sein mochten.
Sie waren wieder in dem
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