Totenmesse
während Kommissar Paul Hjelm der Stockholmsektion vorstand.
Und Hjelm musste einräumen, dass sie sehr gut zusammenarbeiteten, mit wenigen Worten und ohne unnötige Diskussionen. Das Gegenteil von seiner früheren Zusammenarbeit mit Kerstin Holm und Jorge Chavez. Dort hatte es viele unnötige Diskussionen gegeben.
»In erster Linie ist es die NE«, sagte Grundström.
Niklas Grundström. Verheiratet mit Elsa, einer tiefschwarzen Frau aus Orsa, die am Moderna Museet für Pressearbeit zuständig war und ein singendes Dalarna-Schwedisch sprach. Und Vater eines ganzen Schwarms kleiner brauner Kinder. Hjelm hätte nicht sagen können, wie viele es eigentlich waren. Das lieà Rückschlüsse auf ihre Beziehung zu. Dachte er. Heiter.
»Was hat die A-Gruppe mit der Nationalen Einsatztruppe zu tun?«, fragte er.
Am schlimmsten war, dass Grundström sich mit Hjelms altem Boss Jan-Olov Hultin angefreundet hatte, dem Gründer der A-Gruppe. Hjelm traf ihn sehr selten drauÃen inNorrviken in Sollentuna, nördlich von Stockholm. Doch Grundström war oft da. Und das Ehepaar Hultin war oft zu Besuch bei der Familie Grundström in der viel zu kleinen Wohnung in Fredhäll.
»Nicht das Geringste«, sagte Grundström. »Panik in der Einsatzleitung, würde ich tippen.«
Die beiden teilten das Misstrauen in die Polizeiführung. In der fast kein Polizist zu finden war.
»Waldemar Mörner«, sagte Paul Hjelm.
Er brachte Grundström inzwischen ziemlich oft zum Lachen. Vielleicht war das ein Schritt in die richtige Richtung. Und die erwähnte Wortkonstellation war ein bombensicherer Schlüssel zu Grundströms hellem Jungenlachen.
So auch diesmal.
»Ich glaube, sie haben die A-Gruppe einfach hinzugezogen, damit sie für sie denkt«, sagte Grundström.
»Zum Sprengstoff«, sagte Hjelm.
»Sie haben eine Einsatzzentrale auf der anderen Seite des Karlavägen eingerichtet.«
»Mörner und Kerstin?«
»Nur damit du es weiÃt«, wiederholte Grundström und verschwand.
Wie er immer verschwand. Mit einem Augenzwinkern.
Hjelm stand auf und ging zu seiner Stereoanlage. Es fiel ihm schwer, sich daran zu gewöhnen, dass Stereoanlagen kaum noch sichtbar waren. Und sogar die Lautsprecher waren klein. Aber Klang hatten sie. Mozarts Requiem , wie immer in voller Lautstärke, woraufhin die ersten Male seine Sekretärin â er vergaà immer, dass er eine Sekretärin hatte â in Panik hereingestürzt war. Sogar die Fernbedienung hatte Miniformat. Er hielt sie jetzt so in der Hand, dass sie vollkommen unsichtbar war, und legte den Zeigefinger auf die Stopptaste. Er würde die Musik im Bruchteil einer Sekunde ausschalten können, falls jemand ins Zimmer stürmte. Es war keine gute Situation für eine Totenmesse.
Da halb Ãstermalm drauf und dran war, in die Luft gejagt zu werden.
Und der Irak in Flammen stand.
Das war das Zweischneidige an seiner neuen Lebenssituation. Von auÃen betrachtet war er ein einsamer Mensch. Seit der Scheidung hatte er ein paar kurze Liebschaften hinter sich, und im Grunde fehlte ihm der Wille, sich aufs Neue zu binden. Er fragte sich, warum. Allerdings fragte er sich das heiter. Er fühlte sich in letzter Zeit bemerkenswert obenauf â solange er nicht an seine frühere Frau dachte und an alles, was sich zwischen ihnen abgespielt hatte. Er wollte es einfach vergessen, aus seinem Bewusstsein streichen. Die Gewaltspirale in der Gesellschaft drehte sich weiter, die globale Gleichmacherei walzte weiter alles platt, die polizeiliche Arbeit wurde immer härter und die soziale Ausgrenzung immer rücksichtsloser. Aber nichts konnte ihn, der so leicht deprimiert war, in schlechte Stimmung versetzen. AuÃerdem wurde sein jüngstes Kind morgen volljährig. Klein-Tova.
Fühlte er sich also wohl als Geschiedener?
Eigentlich nicht. Natürlich fehlte ihm jemand an seiner Seite, jetzt, wo die Freiheit praktisch in Reichweite lag. Er vermisste die tägliche Berührung, aber er konnte es sich erlauben, zufrieden zu sein.
Das beste Verhältnis, eigentlich das einzig dauerhafte seit seiner Scheidung, hatte er mit Christina gehabt. Sie hatten sich um Mittsommer im vorigen Jahr getroffen und einen wunderbaren Sommer verlebt. Und ganz plötzlich hatte sie die Beziehung beendet. Sie sei nicht in der Lage, erklärte sie, sich nach ihrer Scheidung wieder
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