Totenmesse
Einsatzleitung neu zu organisieren? Oder weniger förmlich formuliert: Sollten sie wirklich hier sein?
Sollte er selbst hier sein?
Zeit, nach Hause zu fahren und in die Sauna zu gehen, dachte er eine Sekunde lang, um in der nächsten zu denken: Es ist die persönliche Betroffenheit, die die echte Einsatzbereitschaft hervorruft.
Polizeiarbeit funktioniert am besten, wenn die menschlichen Grundwerte auf dem Spiel stehen.
»Ja?«, sagte Kerstin Holm. »Jan-Olov? Hallo?«
»Kerstin«, sagte er. »Du und Paul, ihr setzt euch in ein leeres Zimmer und fomuliert eine Nachricht an Cilla in der Bank. Bevor ihr sie abschickt, zeigt ihr sie uns. Folgendes muss drinstehen: Wie viele Bankräuber sind es? Können wir eine Nahaufnahme des Deckenventils aus dem Raum haben, in dem die Räuber sich aufhalten? Können wir überhaupt mehr Bilder bekommen? Soll noch mehr hinein? Noch Vorschläge?«
»Bleiben die Bankräuber an einer Stelle?«, sagte der Chef der Nationalen Einsatztruppe. »Wo sitzen die Geiseln? Wo ist der Sprengstoff angebracht. Und vor allem: Wie wird er gezündet? Der Räuber sagt, âºim Bruchteil einer Sekundeâ¹. Aber wie?«
»Hast du das mitbekommen?«, fragte Hultin Kerstin Holm, die nickte und sagte: »Die Frage ist nur, wie viel wir in die erste Nachricht hineinpacken können, ohne Cilla zu überfordern.«
»Das entscheidet ihr«, sagte Hultin. »Aber alles, was hier genannt wurde, ist wichtig. Noch was?«
Sara Svenhagen sagte: »Kann man sich eine offene Telefonverbindung denken, über die wir die Gespräche der Räuber untereinander hören können?«
»Nicht einmal unsere Richtmikrofone fangen irgendwelche Gespräche ein«, sagte der NE-Chef knorrig. »Ein Handy über sechs, sieben Meter Entfernung kann nichts auffangen.«
»Vielleicht reden sie nicht«, sagte Viggo Norlander.
»Sie brauchen vielleicht gar nicht zu reden«, sagte Arto Söderstedt. »Vielleicht ist alles bis ins kleinste Detail vorausgeplant.«
»War nur so eine Idee«, sagte Sara Svenhagen.
»Eine gute Idee«, sagte Hultin. »Geht jetzt.«
Und Paul Hjelm und Kerstin Holm gingen.
»Kommen wir zurück auf mein Gespräch mit dem Bankräuber«, sagte Hultin. »Noch weitere Gedanken? Was sind das für Leute? Was haben sie vor? Irgendwelche sprachlichen Anmerkungen? Ehnberg?«
Kurt Ehnberg mit seiner Fernglasbrille und seiner Qualifikation in Phonologie an der Uni Stockholm nickte. »Der Akzent ist russisch und bekräftigt, was ich vorher gesagt habe. Moskau und Umgebung. Der Sprachgebrauch lässt klar erkennen, dass der Mann es gewohnt ist, Englisch zu sprechen. Der Soziolekt ist intellektuell:âºWie angenehm, mit einem Polizeibeamten zu sprechen, der über Allgemeinbildung verfügt.â¹ Der Hinweis auf Strindberg und das Esplanadensystem sowie die Aussprache des Namens Hultin verraten gewisse Kenntnisse über Schweden und die schwedische Sprache.«
»Soziolekt?«, sagte Viggo Norlander.
»Würstchenbudenfritze«, sagte Arto Söderstedt.
»Unprofessionell, haben wir festgestellt«, sagte Hultin. »Aber ist das mit dieser mangelnden Professionalität nicht eine zweischneidige Sache?«
»Ich habe auch schon daran gedacht«, sagte Sara Svenhagen. »Auf der einen Seite die Unfähigkeit, jemanden ordentlich zu filzen, und die verrückte Idee, dass die Polizei den Fluchtplan zur Verfügung stellen soll. Auf der anderen Seite eine elaborierte und coole Sprache, ein gelungener und schieÃfreudiger Banküberfall, eine Geiselnahme ohne Verletzte, Zutritt zum Tresorraum, schwarz gesprayte Fenster, professionelle Waffen und ungeheure Mengen Sprengstoff.«
Hultin nickte und sagte: »Gehen wir noch einmal zur russischen Mafia und dem ehemaligen KGB zurück?«
»Sind die Typen hergeschickt worden, um eine neue Methode von Banküberfällen zu testen?«, sagte Jon Anderson. »Die Mafia sondiert neues Terrain?«
»Tragen sie kugelsichere Westen?«, sagte der Reichskrimchef plötzlich und zeigt auf das Bild. »Sie sehen pummelig aus.«
Alle Augen richteten sich wieder auf das Bild an der Wand. Es stimmte.
»Ich glaube, wir müssen jeden Gedanken an mangelnde Professionalität aufgeben«, erklärte Hultin. »Das hier sind Profis.«
»Vermissen wir nicht etwas in eurem Gespräch?«, fragte Arto
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