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Totenmesse

Titel: Totenmesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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und auf dem Schreibtisch neben dem Kleineren lag eine Pistole. Seine behandschuhten Hände ruhten auf der Tischplatte wie die Hände eines Konzertpianisten in den spannungsgeladenen Sekunden vor den ersten Tönen. Ein Zündmechanismus war nicht zu sehen.
    Â»Ist wohl klar, dass er ihn hat«, sagte Hultin.
    Es kamen keine Proteste.
    Â»Geh mal dichter ran«, sagte Hultin, und das Kameraauge glitt langsam über den Schreibtisch.
    Jorge Chavez und Sara Svenhagen erschienen in der Tür und gingen zu ihren Plätzen. Chavez erntete einiges Kopfnicken;seine Kleidung war durchnässt, als wäre er durch die Gänge geschwommen und nicht ›Gleitboy‹ gefahren.
    Â»Gute Arbeit«, sagte Hultin.
    Â»Ich werde mir das Rauchen angewöhnen«, sagte Jorge, setzte sich und zeigte auf die Filmwand. »Habt ihr was gefunden?«
    Â»Wir suchen noch«, gab Hultin knapp zurück.
    Â»Jetzt sagt bloß nicht, dass der ganze Scheiß umsonst war«, stieß Chavez aus und wurde durch Zischen zum Schweigen gebracht.
    Das Kameraauge bewegte sich weiter über die Schreibtischplatte, über die Räubernacken und Räubertaschen.
    Â»Nein«, sagte der Sprengstoffexperte. »Da ist nichts.«
    Â»Es muss etwas da sein«, sagte der NE-Chef, dessen schwer erkämpfte Geduld wieder zu bröckeln begann.
    Â»Es kann überall sein«, sagte Jon Anderson. »Er kann das verfluchte Ding im Enddarm haben.«
    Â»Und der Schließmuskel ist sozusagen der Finger am Abzug«, sagte Lena Lindberg.
    Waldemar Mörner lachte laut.
    Â»Ist dies wirklich der geeignete Augenblick für dumme Witze?«, stieß die Polizeipräsidentin empört aus.
    Â»Das ist kein Witz«, entgegnete Lena Lindberg ebenso empört. »Wir finden dieses Scheißding nie. Wir sind ihnen ausgeliefert, und das wissen sie. Die sitzen da und wissen es.«
    Â»Vielleicht doch nicht«, sagten Kerstin Holm und Arto Söderstedt. Synchron.
    Hultin starrte die beiden an. Das klang ja vielversprechend.
    Â»Ladies first«, sagte Söderstedt schließlich.
    Â»Wo hängen die Sprengstoffpakete, wo sitzen die Geiseln?«, fragte Kerstin Holm. »Fünf Geiseln in der Schalterhalle, vielleicht zwei von ihnen in den Schalterkabuffs. Da kleben drei Dynamexpakete. Vier Geiseln zwischenden Schließfächern mit zwei Dynamexpaketen. Warum? Sie scheinen nicht wegen der Sprengwirkung so verteilt zu sein, sondern um des Anblicks willen. Um die Geiseln in Angst zu versetzen.«
    Â»Um des Anblicks willen?«, sagte Hultin.
    Â»Deshalb sind keine Dynamexpakete in dem großen Büroraum, in dem die Bankräuber allein sind. Denn da hätten sie keine Funktion.«
    Â»Was ja nicht heißen muss, dass sie nicht außerdem die Funktion haben zu explodieren. Wenn nicht Arto noch etwas anderes hat?«
    Söderstedt räusperte sich und sagte: »Wenn ich Kerstin höre, fühle ich mich in meiner Überzeugung bestärkt. Ich wiederhole meine alte Frage: Wie kann man hundert Kilo Dynamex in die Bank tragen und gleichzeitig wild um sich schießen und Geiseln nehmen? Unsere erste Antwort war, dass der Sprengstoff vielleicht schon vor Ort war, dass es sich um einen Insiderjob handelte. Aber das ist ja nicht die einzige denkbare Antwort.«
    Söderstedts Denkanstoß wurde mit verwirrtem Schweigen belohnt.
    Â»Die andere denkbare Antwort ist, dass es gar keine hundert Kilo Dynamex gibt. Was da ist, ist das, was die Geiseln sehen sollen. Um sie in Schach zu halten. Deshalb sind die Pakete so nah bei den Geiseln angebracht, deshalb sind im Büroraum keine nötig. Es sind fakes .«
    Das Schweigen dauerte an. Er versuchte es erneut: »Dummies, verflixt noch mal.«
    Das Schweigen blieb ungebrochen. Ein letzter Versuch: »Menschenskinder, Attrappen !«
    Hultin strich sich rasch mit dem Zeigefinger über die Augenbrauen und sagte zum Techniker: »Hol mal das beste Bild eines Dynamexpakets so dicht heran, wie es geht.«
    Eines der Bilder aus dem Schließfachraum erschien wieder an der Wand. Mit jeder neuen Zoomeinstellung wurdedas Bild gleichsam zerknüllt und dann wieder geglättet. Am Ende sah man die einzelnen Dynamexstangen.
    Â»Nun?«, sagte Hultin.
    Der Sprengstoffexperte beugte sich vor, als könnte er dann besser sehen, kniff die Augen zusammen und sagte: »Nein.«
    Â»Was nein?«
    Â»Da ist eine Verbindungsfuge. Sie sind nicht

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