Totenmesse
jedenfalls keine Staffagefigur mehr«, sagte sie.
»Das bist du nie gewesen«, sagte Sara. »Dies ist übrigens Lena Lindberg, meine Kollegin. Ich glaube, ihr kennt euch noch nicht.«
Cilla und Lena tauschten abgemessenes Kopfnicken aus. Lena verstand genau, was eine Staffagefigur war. Ohne das Wort je zuvor gehört zu haben.
»Tatsächlich weià ich nicht richtig, wie ich mich fühle«, sagte Cilla zu Sara. »Ich habe noch gar nicht richtig begriffen, dass dies alles wirklich mir selbst und keiner anderen passiert ist. Und dazu noch im Schatten des Mannes, der mich verlassen hat. Und mir dann das Leben gerettet hat. Ich weià nicht. Das Gefühl hat sich noch nicht gelegt. Es ist, als kreiste es über mir und wartete darauf, sich auf einem wunden Punkt niederzulassen. Wenn ich es erlebe, werde ich es ja sehen.«
»Lebendig genug bist du jedenfalls«, sagte Sara.
»Was willst du von mir wissen, Sara?«
»Du bist ja hier, um bei Kerstin eine Zeugenaussage zu machen. Ich wollte dich nur gern vorher um Antwort aufeine einzige Frage bitten. Die Bankräuber saÃen einfach da, nicht wahr? Manchmal machte der GroÃe seine Runden. Es war trotz allem relativ ereignislos. Aber ist irgendetwas Ungewöhnliches zwischen, sagen wir, dem Telefongespräch und dem Eintreffen der Polizei passiert?«
»Etwas Ungewöhnliches?«
»Irgendetwas.«
Cilla saà schweigend da. Die Erinnerungen wurden widerstrebend deutlicher. »Ein Gefühlsausbruch«, sagte sie schlieÃlich. Sara Svenhagen lieà ihr Zeit, ohne von Lena Lindbergs leise stampfendem Fuà Notiz zu nehmen.
»Plötzliche Freude«, fuhr Cilla Hjelm nach einer Minute fort. Danach wieder Schweigen.
»Ich erinnere mich daran, dass ich auf einmal dachte: Das Geld ist euch scheiÃegal.«
»Warum hast du das gedacht?«, sagte Lena Lindberg. Sara Svenhagen zwinkerte ihr zu, aber auch nicht mehr.
»Darauf versuche ich gerade zu kommen«, sagte Cilla. »Ich versteckte das Handy, indem ich so tat, als säÃe ich ins Gebet versunken. Da tauchte er plötzlich auf, der GroÃe. Ich glaubte, er würde mich töten, aber stattdessen war sein Blick ganz warm. Als ob er mit meinen Gebeten sympathisierte. Es war ein positiver Zustand. Ich spürte, dieser christliche Mann würde mich nicht umbringen. Aber dieser Zustand hielt nicht lange an, und das lag daran, dass ich dachte, â¦Â das Geld ist euch scheiÃegal. Und das dachte ich wegen dieses Gefühlsausbruchs â¦Â Verdammt, ich kriege es nicht mehr hin.«
»Lass dir Zeit«, sagte Sara ruhig.
»Sie machten so eine Geste«, sagte Cilla und blickte Sara an. »High-five. Es war so komisch. Alles andere lief so mechanisch ab. Emotionslos.«
»High-five. Die Bankräuber haben die Hände zusammengeschlagen?«
»So eine amerikanische Geste. Yeah man. Gimme five.«
Sara Svenhagen versuchte, nicht verblüfft auszusehen. Sie nickte und hielt den Mund.
»Ich sollte meinen dritten Auftrag ausführen«, fuhr Cilla fort. »Ja, genau. Das Ventil über ihren Köpfen fotografieren. Es war leicht. Sie waren auf etwas ganz anderes konzentriert â¦Â Worauf? Weià nicht. Das, was dem High-five vorausging.«
Lena Lindberg stampfte immer hörbarer mit dem FuÃ. Aber diverse Blicke von Sara lieÃen auch sie den Mund halten.
»Ein Nicken«, fuhr Cilla schlieÃlich fort. »Der Kleine nickte. Einmal. Kräftig. Es hatte mit einem Werkzeug zu tun. Einer Art Schraubenzieher. Der GroÃe holte ihn aus der Tasche und verschwand damit aus meinem Sichtfeld. Der Kleine blickte in seine Richtung und nickte deutlich. Kurz danach kam das High-five. Sie lächelten und schlugen die Hände zusammen.«
»Lächelten?«, fragte Lena Lindberg.
»Man konnte es bei dem Kleinen durch die Maske sehen. Der Stoff spannte sich.«
»Und wie hat der Kleine genickt?«, fragte Sara.
»Es war wie â¦Â Timing. Als müsste etwas exakt getimt werden.«
»Also etwas, was gelang und was mit einem schrauben-zieherartigen Werkzeug zu tun hatte?«
»Ja«, sagte Cilla. »Genau so.«
»Hast du gesehen, wieviel Uhr es war?«
»Ich guckte geradeauf das Handy, um das Bildzu machen. Ich glaube, ich habe die Uhrzeit auf dem Display gesehen. Ja. So war es. Die Zeit sprang gerade um â¦Â Es war â¦Â ich glaube, es
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