Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Totenmond

Totenmond

Titel: Totenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Koch
Vom Netzwerk:
dabei?«, fragte Ruppel.
    »Möglich«, antwortete Alex. Sie klickte mit dem Kuli, legte ihn beiseite und dachte einen Moment lang nach. Dann fragte sie: »In der Firmengeschichte der Schliemannschen Werke spielt nicht zufällig ein Unglück eine Rolle? Ein Unwetter, eine Katastrophe – so etwas in der Art?«
    Ruppel sagte: »Ja, aber natürlich tut es das. Hast du dir das Gelände angesehen?«
    »Sicher.«
    »Schliemann war früher eines der größten Möbelwerke der Region, bis es in den neunziger Jahren dem Strukturwandel zum Opfer fiel. Es war billiger geworden, in Tschechien, Polen, Ungarn oder China fertigen zu lassen. Schliemann stand vor der Pleite, und die Firma wechselte im Laufe weniger Jahre mehrfach den Besitzer – internationale Holdings grasten seinerzeit den Markt ab. Zeitgleich wurde das Personal reduziert, um Kosten zu sparen. Schließlich kam Lore.«
    »Lore?«, fragte Alex und wickelte sich eine Haarsträhne um den Zeigefinger.
    »Der Orkan hat in den neunziger Jahren in Deutschland mehrere Menschenleben gefordert und Hunderte Millionen Euro an Schaden angerichtet. Lemfeld war damals schwer betroffen – die halbe Stadt stand unter Wasser, unzählige Bäume wurden entwurzelt, Dächer abgedeckt. An den Schliemannschen Werken waren wohl einige Stromleitungen nicht nach Vorschrift abgesichert. Der Sturm riss dort Masten um, die Fabrik ging in Flammen auf.«
    Die verkohlten Dachträger, Alex erinnerte sich. Und der Songtext sprach von Erdbeben und Blitzen. Der brüllende Orkan, die über die Ufer tretenden Flüsse, das schlimme Wetter. Auch das passte.
    »Tja.« Schneider trank seinen Kaffee aus. »Das war ja ein sehr interessanter Exkurs in die Vergangenheit, vielen Dank. Ich habe so das Gefühl«, er musterte Alex aus den Augenwinkeln, »dass wir durchaus etwas klüger sind.«
    »Eine abschließende Frage hätte ich noch«, sagte Alex und klappte das Notizbuch zu. Sie verschränkte die Hände ineinander und musterte ihre blutleeren Knöchel. »Was sagt dir der Begriff Bourbon Street? «

32.
    S o ein Blödsinn«, sagte Alex, schüttelte genervt den Kopf und starrte den Stadtplan an. Er hing an einer Pinnwand im Lage- und Besprechungsraum. An der Stelle des Planes, wo sich die Schliemannschen Werke und die alte Ziegelei befanden, waren zwei Heftzwecken mit leuchtend roten Köpfen in das Papier gestochen worden. Bestätigte Tatorte. Mario Kowarsch war gerade dabei, mit grünen Nadeln weitere Industriebrachen zu markieren – mögliche Tatorte. Und davon gab es reichlich.
    »Ich habe ja auch nicht gesagt, dass Dr. Ruppel als Tatverdächtiger in Frage kommt«, sagte Mario. »Aber irgendwoher muss unser Täter dieses historische Wissen haben. Ein Wissen, über das Ruppel offenbar verfügt.«
    »Man ist«, sagte Alex und verschränkte die Arme, »nicht sofort ein Krimineller, wenn man über eine gute Bildung verfügt, Mario.«
    Schneider sagte: »Dann lad ihn halt vor. Tupf ihm mit ’nem Q-Tip den Mund aus – und alle sind zufrieden, wenn die DNA nicht passt, meine Güte.«
    »Im Ernst«, sagte Mario und warf einen Blick in das Portfolio von Lemfelder Industriebrachen. Ein Fußballkollege aus dem Fachbereich für Stadtentwicklung hatte es Mario besorgt. »Wieso darf man hier nicht laut Dr. Ruppel sagen?«
    Alex antwortete: »Weil es völlig absurd ist. Er hat uns schon beim letzten Fall geholfen, und bei diesem erneut. Du willst mich bloß damit provozieren, darum geht es doch.«
    Mario machte eine abwehrende Geste. »Komm wieder runter. Ich habe eben nur vorsichtig gefragt, ob Ruppel ein Alibi hat, mehr nicht.«
    »Ja, und dabei hast du mich angeguckt, als sei ich sein Alibi – also sag doch gleich, was du denkst!«
    Kowarsch drehte sich langsam um und grinste. »Weiß doch jeder, dass du mit dem mal in der Kiste warst.«
    »Pff.« Alex verschränkte die Arme. »Also, ich verbitte mir wirklich, dass …«
    »Schluss jetzt«, fuhr Reineking dazwischen. Er wartete einen Augenblick ab. Dann erklärte er: »Die Laborergebnisse haben unseren Verdacht bestätigt: Alle Spuren weisen auf denselben Täter hin. Wir haben wieder die Fasern von einer Wolldecke – damit könnte er das Opfer im Kofferraum versteckt haben. Damit korrespondieren die Fasern von einem Teppich, der in VW-Golf-Modellen genutzt wird, und dazu passend die Reifenspuren, wobei es sich um neue Dunlop-Winterreifen handelt.«
    »Ich rufe mal bei den Reifenhändlern an«, sagte Kowarsch, und Reineking nickte.
    Er fuhr fort: »Weiter

Weitere Kostenlose Bücher