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Totenmond

Totenmond

Titel: Totenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Koch
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Ergebnisse bin ich immer zu gewinnen.«
    Alex antwortete nicht.
    »Dann einen erfolgreichen Tag noch«, sagte Veronika, drehte sich um und verließ den Raum.
    »Wisst ihr, was mir an der am meisten auf den Sack geht?«, fragte Reineking und starrte die verschlossene Tür an. »Am meisten nervt mich, dass sie ein Klon meiner Ex-Frau sein könnte.«

33.
    D er Mann las die Meldung in der Zeitung. Die Leiche einer etwa 22-jährigen Frau ist am Wochenende vor Weihnachten in Lemfeld aufgefunden worden. Wie die Polizei erst jetzt berichtet, war die Tote auf einem leerstehenden Areal im Gewerbegebiet West zufällig entdeckt worden.
    Sein Herz klopfte und brannte. Er überflog die weiteren Zeilen in Bezug auf die Identität der Frau. Dass um Mithilfe gebeten wurde und die näheren Umstände des Todes noch unklar seien. Und er las: »Die Ermittlungen bewegen sich derzeit in alle Richtungen«, heißt es abschließend. »Sachdienliche Informationen werden in jeder Polizeidienststelle entgegengenommen.«
    Der Mann faltete den Lokalteil zusammen und legte die Zeitung zurück ins Regal. Sein Blick verlor sich im tiefblauen Himmel hinter der gläsernen Schiebetür des Supermarkts. Mit der Zunge tastete er den trockenen Gaumen ab.
    Ja, es war aufregend. Seine Hände waren feucht, und er hätte in die Hände klatschen und laut loslachen mögen. Todesumstände noch unklar – dass er nicht lachte! Wenngleich das nicht von der Hand zu weisen war: Hatte er sie nun ausbluten lassen? War sie erfroren oder letztendlich an Schmerz und Schock oder einer Mischung aus allem gestorben? Und spielte das irgendeine Rolle? Nein. Am Ende war die Zeitungsmeldung ohnehin ein persönlicher Brief an ihn. Eine codierte Antwort. Sie besagte: »Wir haben zwar noch keine Ahnung, wer du bist, aber wir sind jetzt im Spiel.«
    Zufrieden summte der Mann ein Lied und starrte durch die Menschen hindurch, die mit Einkaufswagen das Zeitschriftenregal passierten. Niemand von ihnen hatte seine Aufmerksamkeit verdient. Sie waren Bestandteile einer gesichtslosen Masse, die einem genetisch festgelegten Programm namens Leben folgte. Manchmal wurden sie zur Beute, wenn er dem Zwang des Mondes folgen musste. Ansonsten waren sie zu nichts nutze.
    »Was summst du da?«
    Die Stimme gehörte einem kleinen Jungen. Er stand neben ihm und hielt ein Spiderman-Heft in der Hand. Hinter der dicken Brille sahen die kleinen Augen aus wie braune Murmeln, was ihm einen dümmlichen Gesichtsausdruck verlieh. Er war etwa acht Jahre alt, und trotz seines schrägen Blicks schien er aufgeweckt zu sein. Vielleicht hatte er Potenzial, schoss es dem Mann durch den Kopf. Möglichkeiten, was nicht jeder Achtjährige von sich behaupten konnte. Beileibe nicht. Und wahrscheinlich war es diese geringe Chance, eventuell zu etwas heranzuwachsen, das ebenfalls einmal über der Masse stehen würde, die den Kleinen würdig machte, eine Antwort zu erhalten.
    Er beugte sich zu dem Jungen. »Was ich da gesummt habe, ist der Alabama-Song. Er wird eigentlich von einer Frau namens Jenny gesungen. Vielleicht kennst du die Seeräuber-Jenny?«
    Der Junge zuckte mit den Schultern und schob die Brille auf der Nase hoch. »Nein, nie gehört.«
    »Macht nichts. Kann ja noch werden.«
    Damit ließ der Mann den Jungen stehen, griff nach dem Einkaufswagen und schob ihn durch die Regale. Am Gemüsestand entschied er sich für Paprika, Frühlingszwiebeln und einen Beutel Kartoffeln und bestellte an der Wursttheke Schweinefilet. Der Blick in die Auslage mit dem rohen Fleisch weckte einige Assoziationen. In der Getränkeabteilung entschied er sich für zwei Flaschen Champagner anlässlich des kurz bevorstehenden Silvesters und stoppte an den Wühltischen, die randvoll mit Feuerwerksartikeln bepackt waren.
    Zwei dunkelhaarige Teenager-Mädchen klemmten sich mehrere Raketensets unter den Arm und tippten nebenbei auf ihren Handys herum. Der Mann betrachtete die beiden einen Augenblick lang und überlegte, ob sie ihn immer noch so offensichtlich ignorieren würden, wenn er ihnen eine ihrer beschissenen Raketen unten reinrammen und zünden würde. Wow, gäbe das ein Feuerwerk beim ersten Orgasmus.
    Aber wahrscheinlich hatten sie schon Hunderte gehabt, die kleinen Schlampen. Er wischte den Gedanken beiseite – schließlich musste er sich etwas beeilen – und holte in der Haushaltswarenabteilung einige Rollen Klebeband. Für Jenny. Die Alabama-Jenny.

34.
    D ie Kufen glitten übers Eis. Es klang beim Schwungholen jedes Mal so,

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