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Totenmond

Totenmond

Titel: Totenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Koch
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die Hand. »Schon gut«, sagte sie mit brechender Stimme. »Ich werde Ihnen alle Unterlagen aushändigen.«
    »Wo hat Antje damals gelebt?«, hakte Schneider nach.
    »Im Luisenhof. Eine evangelisch geführte Einrichtung. Das geht aus den Dokumenten hervor.«
    Der Luisenhof, dachte Alex. Dort hatte auch Nele Bender gewohnt. Sie fragte: »Die Eltern waren verstorben?«
    Hilde an Huef schneuzte sich. »Die Lebensumstände hatten es der leiblichen Mutter nicht möglich gemacht, das Kind aufzuziehen. Das Jugendamt hat es ihr weggenommen. Sie war, soweit ich weiß, drogensüchtig und prostituierte sich für ihre Sucht. Der Vater ist unbekannt.«
    Schneider streckte sich etwas. »Diese Informationen geben solche Einrichtungen heraus?«
    »Nein. Aber mein Mann war ein hoher Nato-Offizier mit engen Freunden beim MAD und dem Verfassungsschutz. Er hatte seine Möglichkeiten.«
    »Warum wollte Ihr Mann das näher wissen?«
    »Er wollte immer alles wissen.«
    »Mhmh«, machte Schneider. »Und Antje? Wusste sie auch davon, dass …«
    Hilde an Huef nickte. »Sie ist in seinem Arbeitszimmer auf die Unterlagen mit allen Adoptionspapieren und den Notizen ihres Vaters gestoßen. Antje hat entsprechend entsetzt darauf reagiert.«
    »Sie haben uns Antje als eine junge Frau beschrieben, die ihr Leben unauffällig, ordentlich und zielstrebig führte. Gab es niemals Abweichungen davon?«
    »Nein.«
    »Sie ist niemals betrunken nach Hause gekommen, über Nacht weggeblieben, hatte Liebschaften?«
    »Nein.«
    Antje an Huef mochte ein Mauerblümchen gewesen sein, dachte Alex. Aber jedes Mauerblümchen blühte irgendwann einmal auf und verströmte seinen Duft. Und wenn es stimmte, was Alex bei Petra Becker erfahren hatte, dann hatte Antje an Huef an Früchten genascht, die sie bislang offenbar gemieden hatte und die deswegen doppelt so verlockend gewesen waren. Und am Ende tödlich.
    »Gut.« Schneider erhob sich aus dem Sofa und bedankte sich für das Gespräch. Beim Rausgehen klemmte er sich die von Antjes Mutter ausgehändigten Adoptionsunterlagen unter den Arm, stopfte die Hände in die Blousontaschen und sagte zu Alex: »Ich knöpfe mir diese Brüder beim Luisenhof noch mal vor. Zudem waren beide Opfer Waisen beziehungsweise adoptierte Kinder, wie es aussieht.«
    Alex nickte und sog die eiskalte Luft ein. Sie stach in ihren Nasenschleimhäuten. »Falls nicht schon jemand vor uns da gewesen ist, um sich danach zu erkundigen.«
    Schneider blieb vor seinem Vectra stehen. »Wie meinst du das?«
    Alex erklärte es ihm. Schneider zog eine Zigarettenschachtel aus der Jacke und steckte sich eine an.
    »Was soll denn der Scheiß?«, fragte er und sog wie ein Ertrinkender am Filter. »Bist du sicher, dass das einer von uns war und nicht irgendjemand, der sich bei Petra Becker als Polizist ausgegeben hat? Ein Reporter?«
    »Kann ich mir nicht vorstellen.« Alex zog gegen die Kälte die Schultern hoch und trat auf der Stelle. »Ich vermute eher, dass unsere Frau Superduper an der Abteilung vorbei ermitteln lässt, die faktisch ja noch Reineking untersteht.«
    Schneider kommentierte Alex’ Annahme nicht weiter. Er musterte sie. »Musst du aufs Klo oder warum hibbelst du so rum?«
    »Das ist ein Freudentanz«, bibberte sie, »weil es so warm ist. Wir haben bloß acht Grad minus.«
    »Ah ja, mei, sag halt was.« Schneider schnippte die Kippe weg und öffnete den Wagen mit der Fernbedienung.
    »Danke.«
    Alex setzte sich auf den Beifahrersitz. Drinnen war es nicht bedeutend wärmer. Schneider ließ den Motor an und stellte die Heizung auf Anschlag. »Ich will noch etwas zur KTU schicken«, sagte Alex beim Anschnallen. »Leopardenfell. Ich habe eine Probe von einem Sessel bei Petra Becker genommen.«
    Schneider wackelte wie ein Buddha mit dem Kopf, legte den Gang ein und sagte gedehnt: »Na ja, ein Sessel, ich weiß ja nicht.«
    Alex zuckte mit den Schultern. »An beiden Tatorten ist Leopardenfell gefunden worden.«
    Schneider fuhr aus der Parklücke heraus. Es rumpelte unter dem Wagen, als die Räder in den Schneemassen durchdrehten, die vom Räumdienst am Straßenrand aufgeschoben worden waren. Es gab einen Ruck, als sie wieder Grip hatten. Er sagte: »Das war laut KTU jeweils Echthaar von Raubkatzen, also Leoparden. Der aktuelle Befund hat das bestätigt.«
    »Vielleicht ist das auf Petra Beckers Sessel ja auch echt.« Alex schwieg einen Moment. Dann fragte sie: »Konnte man feststellen, ob die Fasern aus ein und demselben Fell oder von verschiedenen

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