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Totenmond

Totenmond

Titel: Totenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Koch
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Unterlippe begann zu beben.
    Alex fuhr unbeirrt fort. Petra stand auf die harte Tour – so viel war mal klar. »Es wundert mich sehr, dass Sie als Freundin offenbar nicht an einer Aufklärung interessiert sind und es Ihnen wichtiger erscheint, sich mir gegenüber cool zu geben. Da kann es entweder mit der Freundschaft nicht so weit her gewesen sein, oder …«
    Alex zögerte. Petras Augen waren bereits mit einem feuchten Schleier benetzt. Zeit für den Elfmeter.
    »Wo waren Sie an dem Abend, an dem Antje starb, und gibt es dafür Zeugen?«
    »Hören Sie auf damit!« Tränen überschwemmten Petras Augen. Sie schniefte.
    Alex faltete die Hände im Schoß. »Das war keine Antwort.«
    »Ich habe ihr versprochen, nichts zu sagen. Keinem.«
    »Antje würde das Gleiche für Sie tun.«
    Wieder schniefte Petra und wischte sich die Tränen von der Wange. Ihre Wimperntusche war verschmiert. »Ich weiß nicht, wer er war«, sagte sie mit brechender Stimme. »Sie hat nur ein- oder zweimal etwas angedeutet. Ihre Augen haben geglänzt, wenn sie darüber sprach.«
    »Ein Mann? Ein Freund? Eine lose Bekanntschaft?«
    Petra nickte und schluchzte. Sie griff nach einer neuen Zigarette. »Es war so’n Sexding«, erklärte sie und blies den Rauch durch die Nase aus. »Irgendwas muss Antjes Abenteuerlust geweckt haben.«
    »Hat sie erzählt, wie er aussah oder woher sie ihn kannte?«
    Petra schüttelte zögernd den Kopf.
    »Internet?«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Kann sein. Es war so ein Spiel, alles musste geheim bleiben, das hat für den Kick gesorgt. Sie wollte auf keinen Fall, dass irgendjemand davon erfährt, vor allem nicht ihre Mutter. Sie hat Antje immer für das liebe, nette Mädchen gehalten – das Mädchen, das sie in Antje sehen wollte, und Antje wollte ihre Mutter auch nicht enttäuschen, aber …« Petra stieß den Zigarettenrauch aus. »Aber vielleicht konnte sie nicht gegen ihre Gene ankämpfen.«
    »Ihre Gene?«
    Petra sagte: »Antjes Eltern waren ja nicht ihre leiblichen.«

36.
    E s tut mir leid, Sie noch einmal behelligen zu müssen«, sagte Schneider neben Alex und klappte seinen Dienstausweis mit der Kripomarke wieder zu.
    Hilde an Huef trat an der Haustür einen Schritt zur Seite, um den beiden Beamten Platz zu machen. Im Wohnzimmer deutete sie mit einem Nicken auf das Sofa und nahm selbst auf einem Stuhl Platz, wo sie die Hände im Schoß zusammenlegte.
    Alex löste ihren Schal und leckte sich über die spröden Lippen. »Wie geht es Ihnen, Frau an Huef?«
    »Es muss«, antwortete sie gefasst, aber die dunklen Schatten unter den rotgeränderten Augen sprachen eine deutliche Sprache. Leise tickte die Standuhr. An dem Bild von Antje auf der Kommode war eine schwarze Schleife angebracht.
    Schneider knetete seine massigen Finger. »Es gibt noch einige Fragen, bei denen Sie uns weiterhelfen könnten.«
    »Die da wären?«
    »War Antje ihre leibliche Tochter?«
    Hilde an Huef nahm die Frage hin, als habe man ihr mit der flachen Hand ins Gesicht geschlagen. »Ändert das etwas an ihrem Tod?«
    Alex ergriff das Wort: »Frau an Huef, Ihre Tochter ist ermordet worden, und wir ermitteln in alle Richtungen. Jede Information über Antje und ihr Leben ist wichtig. Mein Kollege wollte Sie nicht brüskieren. Wir …«
    »Antje war meine Tochter. Reicht das nicht?«
    »Natürlich war sie das, und natürlich haben Sie sie geliebt wie ihr eigenes Kind. Niemand bestreitet das. Die Frage ist für uns lediglich relevant, weil …«
    »Antje war vier Jahre alt, als sie zu uns kam«, sagte Hilde an Huef. Ihre Hand zitterte, während sie in der Tasche ihrer Strickjacke nach einem Tempo suchte und sich damit die Lippen abtupfte. »Wir hatten zwei Kinder. Ich wollte noch ein drittes, erlitt aber eine Fehlgeburt, und eine erneute Schwangerschaft war nicht möglich. Also haben wir uns entschlossen, ein Kind zu adoptieren. Antje.«
    »Sie wusste davon?«, fragte Schneider.
    »Seit sie vierzehn war. Ich habe alle Unterlagen …« Hilde an Huef pausierte und räusperte sich wieder. »Es … es ist unangenehm, so intime Dinge vor Fremden …«
    »Natürlich«, sagte Alex sanft. »Ich verstehe das. Bitte seien Sie sich sicher, dass wir jede Information diskret behandeln. Wir respektieren selbstverständlich Ihre Privatsphäre und verstehen, wie schwer das alles für Sie ist. Das Einzige, was wir für Antje noch tun können, ist, ihren Mörder zu finden, Frau an Huef, und dabei helfen Sie uns gerade.«
    Hilde an Huef hob abwehrend

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