Totenmond
solche Dinge kümmern, und ich bin ziemlich froh, dass ich das nicht bin. Was soll ich sagen: Dumm gelaufen, oder?«
Alex lächelte. »Ja, scheint so.« Sie war erleichtert, glimpflich davongekommen zu sein.
Er setzte sich auf einen Hocker, stellt Alex’ Fuß auf seinen Oberschenkel und tastete den Knöchel ab. »Ich muss Ihnen nicht sagen, dass die Lauferei nicht gerade heilend wirkt?«
»Ich weiß.«
»Schmerzen?«
»Nein.«
»Gut.« Pfeiffer tätschelte Alex’ Fuß, stieß sich am Boden ab und rollte auf dem Hocker zum Schreibtisch. »Die Schwellung ist zurückgegangen. Alles in Ordnung.« Er lächelte und griff nach der Computertastatur, um seinen Befund in ihre Akte einzutragen. »Haben Sie den Einbrecher denn noch gefasst?«
Sie schüttelte den Kopf. »Die Kollegen aus dem Streifenwagen haben sich noch einmal umgesehen, aber leider keine Spuren entdeckt.«
»Na, jedenfalls bin ich einigermaßen beruhigt, dass die Polizei in meiner Straße relativ fix bei der Sache ist.«
»Sagen Sie«, fragte Alex, während sie sich den Socken wieder überzog, »ich habe im Wartezimmer diese Werbung für Ärzte ohne Grenzen gesehen. Wissen Sie, ob ich für eine Reise nach Afrika Malaria-Tabletten benötige oder etwas Ähnliches? Irgendwelche Impfungen?«
»Afrika?« Pfeiffer blickte von der Tastatur auf.
Alex nickte. »Eine spontane Dienstreise, hat mich etwas überrumpelt, und …«
»Wohin genau?«
»An die Elfenbeinküste«, sagte Alex, schlüpfte in den Stiefel und begann, den Schnürsenkel in den Ösen einzuhaken.
Pfeiffer schien einen Moment nachzudenken. Dann tippte er weiter und fragte: »Die Behörden dort haben Sie informiert?«
»Ja.«
»Schon mal gut.«
Alex zupfte die Jeansaufschläge über den Stiefelschaft und stand auf. »Wie ich sagte, es war sehr plötzlich. Ich werde voraussichtlich auch nur einen Tag da sein und …«
»… und am besten gehen Sie einfach davon aus, dass sich das alles wie von selbst regelt.«
»Klingt für mich nicht so nach einer Patentlösung.«
»Wenn man eines in Afrika und bei einer Organisation wie Ärzte ohne Grenzen lernt, dann ist es einerseits Improvisieren sowie andererseits Gottvertrauen.«
»Sie waren mal dort?«
»Ja, zwei Jahre in Tansania. Ein Freund von Ärzte ohne Grenzen und Studienkollege von mir arbeitet in einer reisemedizinischen Praxis in einem Ärztezentrum und hat die staatliche Zulassung von der WHO als Gelbfieberimpfstelle für das Land NRW. Deswegen kann ich Ihnen auch ziemlich verlässlich sagen, dass Sie eigentlich Impfungen brauchen, es dafür aber längst zu spät ist, wenn Sie morgen fliegen.«
»So ein Mist.« Alex warf Pfeiffer einen Blick zu und versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, was sie gerade dachte. Afrika, dachte sie. Pfeiffer und Afrika. Aber Tansania lag ganz woanders. Tausende Kilometer weit entfernt von der Elfenbeinküste. Ihr fielen die Bilder im Büro des Heimpädagogen vom Luisenstift ein. Aber wahrscheinlich war es hier wie mit einem neuen Auto: Wenn man sich für ein bestimmtes Modell einer bestimmten Marke interessierte, sah man es mit einem Mal überall. Vielleicht waren einfach nur ihre Sinne sensibilisiert und das Wort Afrika ein Trigger, das sie aufmerken ließ.
Pfeiffer sagte: »Welche Behörden haben Sie denn kontaktiert? Staatliche?«
Alex nickte.
»Polizeiliche Ermittlungen?«
»Ich darf darüber nicht sprechen, aber …«
Pfeiffer machte eine wegwerfende Handbewegung. »Wer darf das schon. Na ja, dann gehen Sie mal davon aus, dass Ihre afrikanischen Kollegen das mit den Einreiseformalitäten sicherlich unbürokratisch irgendwie für Sie regeln.«
»Okay.« Alex seufzte. Es schien, als würde ihr nichts anderes übrigbleiben.
Pfeiffer stand auf und zwinkerte Alex zu. Er reichte ihr die Hand. »Ich wünsche Ihnen eine gute Reise.«
57.
N a großartig, dachte Alex. Vertrauen darauf, dass sich alles schon von selbst regelte. Das entsprach ihrer Lebenseinstellung so ganz und gar nicht. Der von Jan schon eher. Jan – sie würde ihn anrufen müssen, um ihm zu sagen, dass sie kurzfristig wegmusste. In dem Zusammenhang dachte sie an Hannibal. Zwar war Alex des Öfteren mal über Nacht fort, und ihr Kater kam ein oder zwei Tage auch gut alleine klar, ohne dass er gefüttert werden musste. Allerdings könnte es Mia vielleicht Spaß machen, sich um ihn zu kümmern. Eine vertrauensbildende Maßnahme, dachte Alex. Zwar auf Hannibals Kosten, aber er würde das sicher aushalten.
Sie ging von der
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